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Neue Militäraktion für die EU

Bernd Riegert 17. September 2004

Die Europäische Union löst Ende 2004 die NATO in Bosnien-Herzegowina ab. Die Verteidigungsminister der EU befassen sich am Freitag (17.9.) bei ihrer informellen Tagung in Noordwijk mit der Mission. Was ändert sich?

Eine EU-Schutztruppe übernimmt die Militärmission von der NATOBild: AP


Im Dezember 2004 wird die NATO ihren neun Jahre dauernden Einsatz zur Befriedung Bosnien-Herzegowinas beenden. Die Soldaten der Stabilisierungstruppe SFOR werden aber nicht komplett abziehen, sondern die meisten werden einfach ein neues Abzeichen bekommen, auf dem dann "ALTHEA" steht. Das ist der Name der Militär- und Polizeimission, die die Europäische Union führen wird. Es ist der bislang größte militärische Einsatz der EU.

Informationen zu Bosnien-Herzegowina


"Es wird sich alleine schon dadurch viel ändern, dass die Amerikaner, die zurzeit mit ihrer Task Force in Tuzla sitzen, zum großen Teil abziehen werden", sagt der deutsche Admiral Rainer Feist, der die Mission vorbereitet. "Dort wird eine Gruppe von Nationen unter Leitung von Finnland reingehen." Ansonsten hänge es vom Willen der einzelnen Nationen ab, was sich für ihre Kontingente ändere.

Was sich formal ändert

Die Zahl der Soldaten wird von derzeit 9000 auf rund 7000 reduziert. Die EU-Polizei-Truppe soll einige hundert Mann umfassen. Admiral Feist ist der stellvertretende Oberbefehlshaber der NATO in Europa und gleichzeitig auch der militärische Chef der EU-Mission. Die Europäische Union, die keine eigene Truppen hat, leiht sich sozusagen Personal und Geräte bei der NATO - nur die politische Verantwortung wechselt.

"Ich habe einen NATO-Hut, der mich heftig beschäftigt, und ich habe einen EU-Hut, der mich zurzeit auch heftig beschäftigt", kalauert Feist. "Aber es ist ganz einfach. Das NATO-Hauptquartier SHAPE, das für alle NATO-Operationen zuständig ist, übernimmt für die Europäische Union schlicht und einfach eine weitere Operation." Alles andere, so Feist, wäre auch teuer und unsinnig, denn die meisten EU-Staaten seien ja auch Mitglieder der NATO. Parallele Strukturen wären also überflüssig.

Die Aufgaben für ALTHEA

Nichtsdestotrotz verweist der EU-Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, gerne darauf, dass ALTHEA nach einer Polizeimission in Mazedonien und einem kurzen Einsatz im Kongo nun die dritte eigene Militäraktion der EU sei. Die Aufgabe für die Truppen in Bosnien-Herzegowina bleibt im Grunde auch gleich. "Für die Europäische Union geht es jetzt darum, dafür zu sorgen, dass sich die inneren Strukturen so ausprägen, wie sie sein müssen", fasst Admiral Feist zusammen. Geschaffen werden soll eine einheitliche Armee für alle drei Volksgruppen - bosnische Muslime, Kroaten und Serben. Die Politiker und Behördenvertreter in Sarajevo seien mit der Lösung ebenfalls einverstanden.

ALTHEA und NATO

Anfänglich waren die USA skeptisch, den Europäern das Feld alleine zu überlassen. Doch inzwischen sind sie - wegen der angespannten Lage im Irak - über jede Entlastung für ihre Armee froh. Außerdem ziehen nicht alle Amerikaner ab. Die NATO behalte einen Fuß in der Tür. "Es wird in Sarajevo ein kleines NATO-Hauptquartier geben, so wie wir in Skopje und Tirana auch Hauptquartiere haben", erläutert Feist. "Die Hauptaufgabe dieses Hauptquartieres wird sein, die bosnischen Behörden beim Aufbau von Streitkräften zu unterstützen."

Die Zuständigkeit für die Jagd nach Kriegsverbrechern soll ebenfalls bei der NATO bleiben. Den Operationsplan für ALTHEA, den Admiral Feist jetzt den Verteidigungsministern der EU zur Billigung vorgelegt hat, wird nicht mehr er selbst, sondern sein britischer Nachfolger in die Tat umsetzen: Feist geht demnächst in den Ruhestand.

Übrigens: Der Name ALTHEA stammt aus der griechischen Mythologie und bezeichnet eine "heilende" Göttin. "Wer den erfunden hat, das weiß ich nicht. Mir lag er jedenfalls nicht ganz vorn auf der Zunge", gibt Feist lachend zu. Aber er sei wohl ein typisch europäischer Kompromiss: in allen Sprachen verständlich, vom Klang her nicht zu martialisch. ALTHEA gibt es in Europa übrigens bereits als Internet-Apotheke und als Kleinwagen eines spanischen Auto-Herstellers.

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