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Neue Pläne für das Nigerdelta

Peter Hille20. April 2006

Trotz riesiger Ölvorkommen - das Nigerdelta ist die ärmste Region Nigerias. Doch das wird sich schon sehr bald ändern, sagt der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo.

Das Leben zwischen den Bohrtürmen soll besser werdenBild: AP

"Das ist eine wunderbare Möglichkeit für einen Neubeginn", rief Olusegun Obasanjo in die Mikrofone. Seine Vision für das Nigerdelta: reine Luft, sauberes Wasser, breite Straßen, moderne Krankenhäuser und zehntausende neue Jobs. Auf einem Treffen mit Provinzpolitikern kündigte der nigerianische Präsident am Dienstag (18.4.2006) ein Investitionsprogramm für das Nigerdelta an, versprach allein 1,4 Milliarden Euro für den Bau einer Straßenverbindung von Ost nach West.

Alles wird besser

Die Realität im Nigerdelta sieht anders aus. Die Stämme im Sumpfgebiet hätten nie etwas vom Ölreichtum gehabt, sagt Patrick Utomi, Wirtschaftswissenschaftler an der panafrikanischen Universität in Lagos. "Stattdessen hat ausgelaufenes Rohöl ihre Fische erstickt und saurer Regen ihre Trinkwasservorräte verschmutzt. Außerdem verpestet das Abfackeln von Gasvorräten weiterhin die Luft. Wenn man in diese Gegend kommt, wird einem das Herz eng", so Utomi.

Viel versprechend: Olusegun ObasanjoBild: dpa

Die Ölvorkommen unter den Sumpfgebieten der Ogoni, Ijaw und 38 weiterer ethnischer Gruppen wurden in den 1960er Jahren erschlossen, heute werden 2,5 Millionen Barrel pro Tag gefördert.

Gegen den Ölabbau und seine Folgen hat sich Widerstand formiert. Seit drei Jahren gibt es im Nigerdelta bewaffnete Rebellen, die Regierungstruppen angreifen, Pipelines in Brand stecken und Mitarbeiter von Ölfirmen entführen.

Reaktion der Rebellen

Der Aufstand wird heute von den Kämpfern der Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas (MEND) angeführt. Sie fordern den Abzug ausländischer Ölfirmen und 1,2 Milliarden Euro als Entschädigung für die Umweltverschmutzung. Zuletzt entführten sie am 18. Februar neun Mitarbeiter des Shell-Konzerns; erst nach Wochen kamen die Männer, unter ihnen zwei Amerikaner und ein Brite, wieder frei.

Auf die Ankündigungen des Präsidenten hat die MEND mit neuer Gewalt reagiert: Am Mittwochabend explodierte in der südnigerianischen Stadt Port Harcourt eine Autobombe. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben.

Aufgrund der Anschläge haben die Konzerne die Ölförderung in Nigeria inzwischen um 20 Prozent senken müssen, nur noch ein Teil der Felder wird ausgebeutet.

Für die nigerianische Regierung ist das eine Katastrophe, schließlich ist das Land der größte Ölexporteur Afrikas und völlig abhängig vom schwarzen Gold. "90 Prozent seiner Einnahmen kommen vom Ölverkauf. Deshalb versucht der Präsident jetzt, die Menschen im Nigerdelta zu besänftigen", erklärt Patrick Utomi. Obasanjo wolle außerdem Unterstützung gewinnen für eine dritte Amtszeit – die von der nigerianischen Verfassung nicht vorgesehen ist.

Plan fürs Regal

Warri liegt im Zentrum des ölreichen NigerdeltasBild: AP Graphics

Es ist nicht das erste Mal, dass Obasanjo die Probleme im Nigerdelta zu lösen verspricht. 2001 berief er ein Komitee, das einen Masterplan für die Entwicklung der Sumpfregion erarbeiten sollte.

Auch die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) wurde zu Rate gezogen und schickte fünf Mitarbeiter an den Niger. "Wir haben über 5000 Bewohner des Flussdeltas nach ihren Problemen und Wünschen gefragt und einen detaillierten Plan zum Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern vorgelegt", erzählt Isiah Abebe.

Umsetzen sollte den Plan die NDCC – die Kommission zur Entwicklung des Nigerdeltas. "Aber als ich vor einem halben Jahr wieder nach Nigeria gefahren bin, da habe ich gesehen, dass unser Plan im Ministerbüro unter einem großen Papierstapel im Regal liegt."

Wirklich getan habe sich nichts, so Abebe von der GTZ. "Die meisten Beamten denken zuerst an ihr eigenes Wohl. Wenn sie genug verdient haben, dann lässt man andere ran. Eine kontinuierliche Arbeit ist so überhaupt nicht möglich."

Beamte statt Unternehmer

Die Öl-Konzerne schützen sich vor den RebellenBild: dpa

Auch vom neuen Plan des Präsidenten erwarte er nichts, sagt Patrick Utomi von der Universität in Lagos.

Allein das Versprechen, tausende Jobs in der Armee, bei der Polizei und der staatlichen Ölgesellschaft an "fähige Leute" aus dem Nigerdelta zu vergeben, werde wohl umgesetzt. "Das ist dann nur eine andere Art von Korruption. Die wichtigen Leute werden mit gut bezahlten Jobs versorgt und so ruhig gestellt", so Utomi.

Für eine echte Entwicklung des Nigerdeltas müsse dieses Geld jedoch anders eingesetzt werden, sagt der Wirtschaftswissenschaftler: "Wie brauchen Kleinkredite, die den Menschen im Delta den Aufbau eigener Unternehmen ermöglichen. Nur so kann die Region langfristig wachsen und sich von der Übermacht des Öls befreien."

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