Neue Regeln für das digitale Europa
25. Mai 2016Wo eigentlich kommen Filme oder Musikvideos her, die auf Plattformen wie Netflix oder Amazon Prime gezeigt werden? Die wenigsten stammen aus europäischer Produktion. Die EU-Kommission will künftig für die Streaming-Plattformen einen Anteil europäischer Produktionen von 20 Prozent festschreiben. "Wir halten 20 Prozent für sehr maßvoll", sagte der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Brüssel. Eine Gefahr, dass die Anbieter den Anteil nicht-europäischer Produktionen senken könnten, um die Vorgaben einzuhalten oder verstärkt unattraktive europäische Produktionen anbieten könnten, sehe er nicht, so Oettinger weiter. Große Anbieter wie Netflix hielten die Vorgabe im EU-Schnitt bereits ein.
Netflix zeigte sich in einer ersten Reaktion skeptisch: "Wir begrüßen das Ziel der Kommission, die Produktion in Europa aufblühen zu lassen, die vorgeschlagenen Maßnahmen werden das allerdings nicht erreichen." Auch habe Netflix bereits hunderte Millionen Euro in europäische Produktionen investiert.
Mehr Werbung?
Für das Fernsehen will die Kommission zudem die stündliche Begrenzung der Werbezeit und die Vorgaben für Produktplatzierung lockern. Auf Videokanälen im Internet wie Youtube sollen strengere Maßstäbe durch Alterskontrollen und Mechanismen zur Meldung von Gewalt oder Pornografie Standard werden.
Beim sogenannten Geoblocking geht das Interesse der Kommissare in eine andere Richtung. Hier will die Kommission Grenzen einreißen. Die gibt es nämlich im europäischen Netz oft genug, wenn etwa ein Nutzer aus Italien nicht einfach Videos oder Musik von Anbietern aus England laden kann. Begründet wird das Geoblocking häufig mit Lizenzregeln. Das Geoblocking soll bald eingeschränkt werden, so die Kommissare.
Billigere Pakete?
Auch Grenzen beim innereuropäischen Paketversand passen der Kommission nicht – auch die behinderten die freie Nutzung von Internetangeboten. Die Kommission will das Verschicken von Paketen ins europäische Ausland günstiger machen. Dafür sollten eine größere Transparenz bei der Preisgestaltung und mehr Kontrolle durch die Aufsichtsstellen sorgen. Die Kommissare reagieren damit nach eigenen Angaben auf Beschwerden von Verbrauchern und kleinen Firmen. Die hätten sich über hohe Versandpreise bei Bestellungen im Internet ins EU-Ausland beklagt.
Die EU-Kommission hatte vor gut einem Jahr ihre "Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa" präsentiert. Jetzt ist sie dabei, die Strategie nach und nach mit einzelnen Gesetzesvorschlägen zu konkretisieren. Den Maßnahmen, die die Kommission am Mittwoch vorstellte, müssen noch das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten zustimmen.
ar/wen (dpa, rtr, afp)