Tunesien hat eine neue Regierung
11. Oktober 2021Zweieinhalb Monate nach seiner Machtübernahme hat Präsident Kais Saied eine neue, von ihm zusammengestellte Regierung vereidigt. Dem 25-köpfigen Kabinett gehören neun Frauen an, wie die Nachrichtenagentur TAP mitteilte. Mit Nejla Bouden ist erstmals in der Geschichte des nordafrikanischen Landes eine Frau Regierungschefin.
Saied, der per Dekret regiert, sagte bei der Zeremonie in Tunis er sei "zuversichtlich, dass wir uns nun aus der Frustration lösen hin zur Hoffnung".
Ende Juli hatte der Präsident mit Hilfe eines Notstandsartikels der Verfassung die bisherige Regierung und den Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt, die Arbeit des Parlaments ausgesetzt und die Immunität der Abgeordneten aufgehoben. Die bis dahin regierende islamistische Ennahdha-Partei warf ihm daraufhin einen "Putsch" vor.
Die Fronten verhärten sich
Obwohl die Entmachtung der Regierung zunächst auf breite Zustimmung in großen Teilen der Bevölkerung stieg, hat sich mittlerweile die Opposition gegen Saied verhärtet. Die Gefahr von Konfrontationen zwischen Gegnern und Anhängern des Präsidenten auf den Straßen ist gewachsen.
Im vergangenen Monat kündigte er zudem an, per Dekret regieren und Artikel der Verfassung ändern zu wollen, die die Zuständigkeiten von Legislative und Exekutive regeln. Damit ebnet er den Weg für die Ausweitung seiner eigenen Machtbefugnisse.
Die Amtsvollmachten Boudens sind nach der Ausweitung der präsidialen Vollmachten durch Saied begrenzt, faktisch leitet dieser die Regierungsgeschäfte und hat das letzte Wort bei Kabinettsentscheidungen.
Höchste Priorität für die neue Regierung sei, das Vertrauen der Menschen in den Staat wiederherzustellen, sagte die vor knapp zwei Wochen von Saied ernannte Regierungschefin Nejla Bouden. Sie ist die erste Frau in der Geschichte Tunesiens, die an der Spitze der Regierung steht.
Die neue Regierung, zu der nur wenige Minister des alten Kabinetts gehören, steht vor großen Herausforderungen: Die Wirtschaftslage im Land ist schlecht und Korruption weit verbreitet. Obwohl Tunesien das einzige Land der Region ist, dem während der arabischen Aufstände im Jahr 2011 der Übergang in eine Demokratie gelungen ist, haben viele Menschen das Vertrauen in die Politik verloren.
ies/ml (dpa, afp, edp)