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Politik

Neue Spannungen im Dauerkonflikt um Westsahara

9. Juni 2022

Zwischen Spanien und Algerien knirscht es ganz gewaltig. Algerien ist düpiert über einen Kurswechsel in der spanischen Westsahara-Politik. Als Reaktion darauf wurde der Handel mit spanischen Banken gestoppt.

Karte Marokko Algerien Westsahara Deutsch
Im Norden, jenseits der Straße von Gibraltar, liegt Spanien

Erst am Mittwoch hatte die Regierung in Algier angekündigt, ein 20 Jahre altes Freundschaftsabkommen mit Madrid auszusetzen, um ihren Unmut über Spaniens veränderte Position gegenüber Marokko im Streit um die Westsahara deutlich zu machen. Es geht um die Anerkennung marokkanischer Ansprüche auf die ehemals spanische Kolonie Westsahara durch die Regierung in Madrid. Spanien befürwortet den Plan Marokkos, der Westsahara eine Autonomie unter marokkanischer Souveränität anzubieten. Algerien unterstützt dagegen die "Frente Polisario"-Bewegung, die für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpft.

Jetzt ordnete Algeriens Bankenverband an, Handelsgeschäfte mit dem südeuropäischen Land zu unterlassen. Banküberweisungen für Importe aus und Exporte nach Spanien sind demnach von sofort an verboten. Die Gaslieferungen nach Spanien seien nicht betroffen, sagte Präsident Abdelmadjid Tebboune laut einer Erklärung. Spaniens Entscheidung trage zur Verschlechterung der Lage in der Westsahara und der gesamten Region bei, teilte Algeriens Präsidentenbüro mit.

Spanien reagiert demonstrativ entspannt

Der spanische Außenminister José Manuel Albares bestätigte, die Gaslieferungen seien von dieser Entscheidung nicht betroffen. Er erklärte in Madrid vor Journalisten, man wolle die Auswirkungen der algerischen Maßnahme in Ruhe analysieren und anschließend eine "ruhige, konstruktive und entschlossene" Antwort geben. Zuvor hatte sich Regierungssprecher Félix Bolaños zuversichtlich geäußert, dass man die Beziehungen zu Algerien "mit allen diplomatischen Mitteln" bald werde wiederherstellen können.

Für eine unabhängige Republik Westsahara: Mitglieder der Frente Polisario (Archivbild)Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Djarboub

Die spanische Regierung hatte im März eingeräumt, dass die Westsahara - wie von Marokko vorgeschlagen - eine autonome Provinz unter marokkanischer Souveränität sein könne. Madrid gab wenig später zudem den Beginn einer "neuen Phase" in den Beziehungen zu Marokko bekannt, die auf gegenseitigem Respekt beruhen und die Stabilität und territoriale Integrität beider Länder gewährleisten werde.

Die von Marokko beanspruchte Westsahara war bis 1975 spanische Kolonie. Nach dem Abzug Spaniens annektierte Marokko Teile des Territoriums an der Atlantikküste Nordwestafrikas. Rabat kontrolliert seitdem weite Teile des dünn besiedelten, aber rohstoffreichen Wüstengebiets.

Die Bewegung "Frente Polisario" strebt nach wie vor in der Westsahara nach einem unabhängigen Staat und wird dabei von Algerien unterstützt. Immer wieder kommt es zu Gefechten zwischen Polisario und der marokkanischen Armee.

Das von Algerien ausgesetzte Freundschaftsabkommen mit Madrid sollte zur Intensivierung der politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und verteidigungspolitischen Zusammenarbeit dienen. Der 2002 geschlossene Vertrag sah auch vor, dass sich beide Seiten verpflichten, die Kontrolle der Migration und den Kampf gegen Schleuser zu verstärken.

EU drängt auf Beilegung des Konflikts

Die Europäische Union forderte Algerien auf, seine Entscheidung, den Kooperationsvertrag mit dem EU-Mitglied Spanien auszusetzen, rückgängig zu machen und drängte auf einen Dialog zur Beilegung des Konflikts. Der Gebietsanspruch Marokkos auf die Westsahara wird international nicht anerkannt.

Madrid in der Zwickmühle

Die spanische Position ist kompliziert. Einerseits unterhält das Land enge Wirtschaftsbeziehungen mit Marokko und ist zudem auf die Zusammenarbeit mit den Behörden des Nachbarlandes beim Grenzschutz angewiesen. Spanien unterhält an der afrikanischen Küste die Exklaven Ceuta und Melilla, die von Marokko umgeben sind. Die Hafenstädte sind auf die Hilfe der marokkanischen Sicherheitsbehörden angewiesen, um Migranten davon abzuhalten, in das Stadtgebiet und damit in die EU zu gelangen. Andererseits ist Spanien von algerischen Gaslieferungen abhängig. Das Land ist Spaniens wichtigster Gaslieferant. 

Im vergangenen Jahr brach Algerien im Streit um die Westsahara die diplomatischen Beziehungen zu Marokko ab.

qu/se (dpa, rtr, afp)

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