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Der Terror, die Waffen und Amerika

5. Dezember 2015

In den USA geht die Polizei nun davon aus, dass die Schüsse von San Bernardino ein Terror-Akt waren. Der IS bekennt sich nachträglich. Die New York Times greift in der Debatte um Waffengebrauch zu ungewöhnlichen Mitteln.

USA Kalifornien Schießerei in San Bernardino
Beweismittel: Waffen und andere Stücke aus dem Besitz der Attentäter von San BernardinoBild: Reuters/M. Anzuoni

Zum ersten Mal seit 95 Jahren hat die ehrwürdige New York Times nach der Gewalt von San Bernardino ein Editorial auf der Titelseite veröffentlicht. Der Beitrag mit dem Titel "The Gun Epidemic", der nicht namentlich gekennzeichnet ist, spricht sich mit Nachdruck für schärfere Waffenkontrollen in den Vereinigten Staaten aus. Mit den Politiker-Plattitüden müsse es hingegen ein Ende haben. Zuletzt hatte die "NYT" im Jahr 1920 in einem Editorial auf der "Front page" die Präsidentschaftskandidatur des Republikaners Warren G. Harding kritisiert.

Das Blatt unterstrich die Forderung, dass bestimmte Waffen nicht in die Hände von Privatpersonen gehören. Und es kennzeichnete die Vorgänge von San Bernardino - unabhängig vom aktuellen Stand der Ermittlungen - als "terroristische Akte".

Neuer Ermittlungsstand

Ob die Zeitung damit der republikanischen Opposition, die sich in den vergangenen Jahren stets auf die Seite der mächtigen Waffen-Lobby geschlagen hat, zu denken geben kann? Vielleicht hilft auch der tatsächliche Ermittlungsstand der Behörden in Kalifornien nach.

Die US-Bundespolizei FBI bewertet die tödliche Attacke der beiden Täter auf ein Sozialzentrum inzwischen als Terrorismus, wie der für Kalifornien zuständige stellvertretende FBI-Direktor, David Bowdich, erklärte. Eine Verbindung der Tat zur Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) oder anderen Terrornetzwerken sei bislang nicht gefunden worden. Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen gehe das FBI von Einzeltätern aus. Es gebe keine Hinweise darauf, dass das Ehepaar, das die Tat verübt hat, Teil einer Terrorzelle gewesen sei. Es könne hingegen sein, dass sich die beiden Täter von der dschihadistischen Ideologie und dem internationalen Terrorismus hätten radikalisieren lassen.

Die Tat sei eindeutig geplant worden, sagte Bowdich. Die beiden hätten eine "Mission" gehabt. Die Angreifer besaßen ein großes Waffenarsenal. Allein in ihrer Wohnung fanden Ermittler zwölf Rohrbomben und mehr als 4500 Schuss Munition für Sturmgewehre, Pistolen und langläufige Waffen. Außerdem wurde Material zum Bombenbau sichergestellt. Das Paar sei zu weiteren Angriffen fähig und ausgerüstet gewesen. Möglicherweise seien sie auch geplant gewesen.

Trauer und Erinnerungen an die 14 GetötetenBild: picture-alliance/dpa

Die Attentäter Tashfeen Maelik und Seyd Farook waren dem FBI nach Darstellung der Behörde bislang nicht bekannt. Unterdessen übernahm die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) quasi nachträglich die Verantwortung für den Anschlag in Kalifornien. Über eine von ihr betriebene Radiostation verkündete die Dschihadistengruppe, zwei Getreue des "Islamischen Staates" hätten vor einigen Tagen ein Zentrum in San Bernardino in Kalifornien angegriffen.

Zunächst hatten sich die Ermittlungen der amerikanischen Behörden wesentlich auf den männlichen Täter konzentriert. Dabei hat die Ehefrau offensichtlich eine entscheidende Rolle gespielt. Laut Medienberichten soll die 27-Jährige dem IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi in einem Facebook-Beitrag ihre Treue geschworen haben. Ihr Ehemann, ein 28-jähriger pakistanisch-stämmiger US-Amerikaner, soll sich laut CNN nach seiner Heirat mit der aus Pakistan stammenden Frau radikalisiert haben. Die Behörden untersuchen eine Pilgerreise der beiden nach Mekka im Sommer 2014, wo sie heirateten. Kennengelernt hatten sie sich im Internet.

Die Täter hatten auf einer Feier in einer Sozialeinrichtung für Menschen mit Behinderungen in San Bernardino das Feuer eröffnet. Die 14 Todesopfer waren zwischen 26 und 60 Jahre alt. 21 Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Übergriffe von Journalisten

Am Freitag spielten sich im Haus der Attentäter chaotische Szenen ab: Nachdem der Hausbesitzer die Wohnung aufgebrochen und Journalisten hineingelassen hatte, durchwühlten dutzende Fotografen, Kameraleute und Neugierige das Haus. Die Kuscheltiere des Kindes wurden ebenso im Fernsehen gezeigt wie ein Gebetsteppich, Rechnungen der Familie, ein Führerschein, Konservenbüchsen und sogar der Inhalt des Papierkorbs. Auch ein Foto der 29-jährigen Frau wurde veröffentlicht.

Journalisten in der Wohnung des mutmaßlichen TätersBild: Getty Images/J. Sullivan

Nach einem Bericht des Senders MSNBC hatte ein Journalist dem Eigentümer der Wohnung 1000 Dollar für den Zutritt bezahlt - die anderen Medienvertreter waren dann hineingedrängt. MSNBC äußerte anschließend sein Bedauern darüber, live aus dem Haus berichtet zu haben. Einige Sender, darunter CNN entschieden sich, keine Objekte aus dem Haus in Nahaufnahme zu zeigen, die für die Ermittlungen von Bedeutung sein könnten.

ml/fab (rtr, ap, afp, dpa)

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