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PolitikLibanon

Neuer Anlauf für Präsidentschaftswahl im Libanon im Januar

28. November 2024

Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz bringt Bewegung in die politische Blockade im Libanon. Er ist seit zwei Jahren ohne Staatsspitze. Im Januar gibt es einen neuen Anlauf zur Wahl eines Präsidenten.

Libanons Parlamentspräsident Nabih Berri führt den Vorsitz in der Volksvertretung
Libanons Parlamentspräsident Nabih Berri Bild: Anwar Amro/AFP

Im Libanon hat Parlamentspräsident Nabih Berri als nächsten Termin für die Wahl eines neuen Staatspräsidenten oder einer neuen Staatspräsidentin den 9. Januar festgelegt. Er sagte, er habe geschworen, unmittelbar nach der Waffenruhe einen Termin für eine Sitzung zur Wahl eines Präsidenten für die Republik festzusetzen. Das meldete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA. Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit. Berri gilt als Verbündeter der radikalislamischen Miliz Hisbollah, die von den USA, Deutschland und mehreren sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird.

Die Ankündigung erfolgte einen Tag nach Beginn einer international vermittelten Waffenruhe zwischen Israel und der vom Iran unterstützten schiitischen Hisbollah-Miliz und fast zwei Monate nachdem Israel seine Invasion in den Südlibanon begonnen hat. Nach dem Inkrafttreten der Feuerpause hatte der libanesische Ministerpräsident Najib Mikati gesagt, er hoffe, dass "die kommenden Tage zur Wahl eines Präsidenten führen werden".

Der libanesische Ministerpräsident Najib MikatiBild: Mohamed Azakir/REUTERS

Neue militärische Zwischenfälle

Die aktuelle Waffenruhe wurde Medienberichten zufolge  zunächst weitgehend eingehalten. Zuletzt wurden jedoch mehrere Zwischenfälle gemeldet. So griff die israelische Luftwaffe nach Militärangaben im Süden des Libanons ein Waffenlager der Hisbollah-Miliz an. Übereinstimmenden israelischen Medienberichten zufolge handelte es sich um den ersten Luftangriff des Militärs im Libanon seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe in der Nacht zum Mittwoch. Das Militär teilte mit, an dem angegriffenen Ort sei "terroristische Aktivität identifiziert worden". Die Hisbollah habe dort Raketen mittlerer Reichweite gelagert. Die Bedrohung sei durch einen israelischen Kampfjet abgewehrt worden. Die Armee bleibe im Einsatz, "um gegen Verstöße gegen die Waffenruhe-Vereinbarung vorzugehen".

Wie die libanesische Nachrichtenagentur NNA meldet, wurden zudem zwei Menschen durch israelischen Beschuss in der Ortschaft Markaba verwundet. Panzer hätten zudem die Dörfer Wasani und Kfar Schuba beschossen. Alle drei Ortschaften befinden sich nahe der israelischen Grenze im Südosten des Libanon. 

Zwölf vergebliche Versuche

Am 31. Oktober 2022 war Michel Aoun aus dem Präsidentenamt geschieden. Seither ist der Posten vakant. Der zwölfte und bisher letzte Versuch der Wiederbesetzung scheiterte im Juni 2023, als keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die benötigte Mehrheit von 86 der 128 Stimmen erzielte. Zu einem zweiten Wahlgang kam es wie schon bei den früheren Runden nicht, da mehrere Abgeordnete die Sitzung verließen und das Parlament somit nicht mehr beschlussfähig war. Der Libanon wird seit den Wahlen im Mai 2022 von einer Interimsregierung geführt, da bisher keine reguläre Regierungsbildung gelang.

Zu den scharfen Kritikern des Vakuums an der Staatsspitze gehört das Oberhaupt der größten christlichen Gemeinschaft im Libanon, der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai. Er forderte wiederholt eine rasche Einigung. Dabei warf er den politischen Kräften im Land vor, durch eine persönlich, konfessionell und durch ausländische Interessen motivierte Verhinderung einer Präsidentschaftswahl den Staat zu zerstören.

Politische Dauerkrise

Politische Abstimmungsprozesse im Libanon sind angesichts der politischen Krise und einer fragmentierten Opposition seit Jahren schwierig. Bereits vor der Wahl Michel Aouns zum Präsidenten im Jahr 2016 war das Präsidentenamt mehr als zwei Jahre vakant. Als ein möglicher Präsidentschaftskandidat wird nun Armeechef Joseph Aoun gehandelt.

Ein Libanese kehrt mit seinen Habseligkeiten auf dem Autodach in seine Heimatstadt zurückBild: Hussein Malla/AP Photo/picture alliance

Die Parteienlandschaft ist zum einen entlang der religiösen Linien zerstritten. Andererseits verlaufen die politischen Fronten entlang einer antiwestlich-schiitischen und prowestlich-sunnitischen Demarkationslinie der beiden großen Parteienbündnisse "8. März" und "14. März", die aus den jüngsten Parlamentswahlen noch stärker polarisiert hervorgegangen sind. Die Stellung für oder gegen die schiitische Hisbollah-Miliz ist damit ein wichtiger Faktor der libanesischen Politik. Ein Kompromisskandidat für die Nachfolge Aouns ist nicht in Sicht.

kle/sti/ie (kna, rtre, dpae)

Redaktionsschluss: 17.30 Uhr MEZ. Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.

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