Kaum jemand hatte noch Zweifel an dieser Personalie. Nun ist es offiziell: Hansi Flick übernimmt nach der EM von Joachim Löw das Amt des Fußball-Bundestrainers. Die letzten Konflikte hat sein Vorgänger noch ausgeräumt.
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Die "Bild"-Zeitung wußte es bereits am Morgen und veröffentlichte auch gleich ein Foto des neuen Cheftrainers in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt/Main. Hansi folgt auf Jogi: Hansi Flick setzte nun seine Unterschrift unter den neuen Arbeitsvertrag. Nach der Europameisterschaft in diesem Sommer wird der 56-Jährige, der bei Bayern München viel mehr als nur den aktuellen Meister-Titel errang, die sportliche Verantwortung für die Nationalmannschaft übernehmen.
Vertrag bis 2024
Der Vertrag von Flick soll bis nach der Heim-Europameisterschaft 2024 andauern, wie der DFB bestätigte. Über die zuletzt so intensiv diskutierten finanziellen Rahmenbedingungen des Wechsels wurde offiziell nichts bekannt. Hatte doch der bisherige Arbeitgeber des neuen Nationaltrainers, der FC Bayern München, nach unwidersprochenen Medienberichten eine Ablösesumme von 25 Millionen Euro für den Wunsch-Nachfolger Julian Nagelsmann investieren müssen. Und sich dafür auch eine Art Kompensation vom DFB gewünscht.
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"Meine Vorfreude ist riesig"
Dass Flicks Vertrag bei den Bayern vorzeitig aufgelöst wurde, zeugte schon vom Vertrauen, dass ein Deal zustande kommen würde. Agenturberichten zufolge dürfte Flick beim DFB weniger verdienen - was er aber mit Blick auf den gewünschten nächsten Karriereschritt sicher verschmerzen wird.
"Meine Vorfreude ist riesig", erklärte Flick der DFB-Mitteilung zufolge. "Es ging jetzt doch alles auch für mich überraschend schnell mit der Unterschrift", so Flick weiter. 2006 hatte ihn Löw nach dem sogenannten "Sommermärchen" und der eigenen Beförderung zum Bundestrainer zu seinem Assistenten gemacht. Bereits einmal stand Flick schon als verantwortlicher Coach bei einem wichtigen Länderspiel an der Seitenlinie. Als Löw im EM-Viertelfinale 2008 von der UEFA gesperrt war, gewann die Nationalmannschaft mit ihm als Aushilfscoach in Basel 3:2 gegen Portugal.
Die ersten Länderspiele als richtiger Chef stehen für Flick nun in der WM-Qualifikation im September gegen Liechtenstein, Armenien und Island an. Es folgen in diesem Jahr noch je zwei weitere Pflichtspiele im Oktober und November.
Flick begleitete Löw bis zum WM-Triumph 2014 in Brasilien als Assistent. Dann stieg er beim DFB zum Sportdirektor auf. 2017 verließ der ehemalige Bayern-Profi überraschend den Verband, um sich eine Auszeit zu nehmen. Ein halbes Jahr später wurde er Geschäftsführer bei der TSG Hoffenheim - das Projekt währte aber nur einige Monate. Beim FC Bayern stieg Flick 2019 als Co-Trainer von Niko Kovac wieder ein und wurde nach dem Aus des Kroaten zunächst Interimschef. In der Folgezeit schrieb Flick eine unerwartete Erfolgsgeschichte mit sieben Titeln in 18 Monaten - darunter der Champions-League-Triumph 2020 in Lissabon.
Die Sache mit Müller und Hummels
Als Joachim Löw im Februar nach zuletzt sportlichen Misserfolgen und unter öffentlichem Druck seinen Rückzug nach der bevorstehenden EM angekündigte, war Flick sofort ein logischer Kandidat für dessen Nachfolge. Nachdem Löw noch den Konflikt mit den früheren Weltmeistern Thomas Müller und Mats Hummels abgeräumt und diese wieder in den Kader der Nationalmannschaft berufen hat, könnte sich Flicks Amtsantritt leichter gestalten.
Von Nerz bis Nagelsmann - Deutschlands Fußball-Bundestrainer
Das wichtigste Traineramt im deutschen Fußball ist zur wichtigen Heim-EM neu besetzt. Mit Ex-Bayern-Coach Julian Nagelsmann hat die deutschen Nationalelf nun den zwölften Bundestrainer ihrer Historie.
Bild: Michael Weber/IMAGO
Otto Nerz (1926 - 1936)
Obwohl die deutsche Nationalmannschaft seit 1908 Länderspiele austrägt, gibt es erst 1927 die erste Partie mit hauptamtlichem Trainer: Otto Nerz (3.v.l.), Arzt, Pädagoge und früher selbst Fußballer, führt die Nationalmannschaft zu ersten Erfolgen: So holt das DFB-Team 1934 bei der WM in Italien einen überraschenden dritten Platz.
Bild: dpa/picture alliance
Sepp Herberger (1936 - 1942 /1950 - 1964)
Sepp Herberger ist schon in der Nazi-Zeit sechs Jahre lang Reichstrainer der Nationalmannschaft. Fünf Jahre nach Kriegsende wird er erster Bundestrainer. Seine Mannschaft um Kapitän Fritz Walter gewinnt 1954 überraschend die Weltmeisterschaft - das "Wunder von Bern". An diesen Erfolg kann Herberger, der "Chef", der der Welt viele Fußball-Weisheiten hinterlässt, später aber nicht mehr anknüpfen.
Bild: sportfotodienst/imago images
Helmut Schön (1964 - 1978)
Herberger übergibt das Amt an seinen langjährigen Assistenten. Schön (r.) führt anders als sein Vorgänger: Die Spieler werden einbezogen und dürfen mitbestimmen. Sie danken es ihm durch gute Ergebnisse. Deutschland wird 1966 Vize-Weltmeister, 1972 Europameister, 1974 Weltmeister (Foto) und 1976 Vize-Europameister. "Der Mann mit der Mütze" ist der einzige Bundestrainer, der WM und EM gewinnen kann.
Bild: sportfotodienst/imago images
Jupp Derwall (1978 - 1984)
Nach der Ära Schön, die nach der WM 1978 endet, wird erneut der vorherige Assistent als Chef installiert. Jupp Derwall startet mit 23 Spielen ohne Niederlage und gewinnt gleich sein erstes Turnier, die EM 1980. Bei der WM 1982 kommt er mit dem DFB-Team ins Finale. Doch als sich nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 1984 die Boulevardpresse auf ihn stürzt, tritt "Häuptling Silberlocke" entnervt zurück.
Bild: Magic/imago images
Franz Beckenbauer (1984 - 1990)
Es übernimmt Boulevard-Liebling Franz Beckenbauer - allerdings als Teamchef, weil er keine Trainerlizenz besitzt. Bundestrainer unter dem "Kaiser" sind zunächst Horst Köppel, später Holger Osieck. Beckenbauer erreicht 1986 in Mexiko das WM-Finale, enttäuscht 1988 bei der Heim-EM mit dem Halbfinal-K.o. gegen die Niederlande - und krönt seine Amtszeit schließlich mit dem Weltmeister-Titel 1990.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Hellmann
Berti Vogts (1990 - 1998)
Der Ex-Gladbacher bekommt ein schweres Erbe mit: "Deutschland wird auf Jahre unschlagbar sein", prophezeit Vorgänger Beckenbauer. Vogts muss einen Mix aus BRD- und DDR-Spielern finden. Nach dem EM-Finale 1992 (1:2 gegen Dänemark) enttäuscht das Team mit dem Viertelfinal-Aus gegen Bulgarien bei der WM 1994. Der EM-Titel 1996 versöhnt die Fans. Die WM 1998 endet wieder zu früh - und Vogts hört auf.
Bild: Oliver Multhaup/dpa/picture alliance
Erich Ribbeck (1998 - 2000)
Bin ich Bundestrainer oder du? Die Verpflichtung von Erich Ribbeck (l.) verläuft holprig. Der DFB kann sich nicht entscheiden. Erst wird Paul Breitner ausgewählt, die Idee aber schnell wieder verworfen. Der spätere Co-Trainer Uli Stielike (r.) sagt zu und ist dann überrascht, dass nicht er Bundestrainer ist, sondern Ribbeck. Erfolgreich ist die kurze Ära auch nicht: Vorrunden-Aus bei der EM 2000.
Bild: Sven Simon/imago images
Rudi Völler (2000 - 2004)
Nach Ribbeck geht das Chaos weiter: Christoph Daum soll Bundestrainer werden, stolpert aber über eine Kokain-Affäre. Rudi Völler springt als Teamchef ein - Bundestrainer ist Michael Skibbe - und führt das DFB-Team 2002 ins WM-Finale. "Es gibt nur ein'n Rudi Völler", singen die Fans. Fußballerisch ist das DFB-Team nicht brillant. Nach dem frühen EM-Aus 2004 stellt Völler sein Amt zur Verfügung.
Bild: Ulmer/imago images
Jürgen Klinsmann (2004 - 2006)
Danach weht ein frischer Wind. Jürgen Klinsmann sorgt für Aufbruchstimmung: junge Spieler, rote Trikots, mutiger Fußball. Die Mannschaft überzeugt beim Confed-Cup 2005 und schreibt ein Jahr später mit Platz drei bei der Heim-Weltmeisterschaft das "Sommermärchen". Deutschland feiert sein Team - das hat es lange nicht gegeben. Doch im Moment des Erfolgs tritt Klinsmann auch schon wieder ab.
Bild: Ulmer/imago images
Joachim Löw (2006 - 2021)
Klinsmann-Nachfolger Joachim Löw führt den gemeinsamen Stil fort und feiert Achtungserfolge: EM-Finale 2008, WM-Dritter 2010. Allerdings steht Löw nach dem Halbfinal-Aus bei der EM 2012 gegen Italien in der Kritik und auf der Kippe. Löw bleibt und wird 2014 in Brasilien Weltmeister. Nach dem WM-Vorrunden-Aus 2018 in Russland wird es erneut eng. Vor der EM 2021 kündigt Löw seinen Rücktritt an.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Suki
Hansi Flick (2021 - 2023)
Im Mai 2021 wird Hansi Flick Nachfolge Löws, dem er 2014 als Co-Trainer in Brasilien Weltmeister wird. Flicks Vertrag beginnt nach der EM 2020 und läuft bis zur Heim-EM 2024. Doch sein erstes großes Turnier, die WM in Katar, ist bereits nach der Vorrunde beendet. Nach schlechten Ergebnissen im Jahr 2023 zieht der DFB die Reißleine und entlässt den einstigen Erfolgstrainer des FC Bayern.
Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance
Julian Nagelsmann (seit 2023)
Nach Flicks Ausscheiden dauert es nicht lange, bis der DFB mit dem Ex-Bayern-Trainer seinen Wunschkandidaten verpflichtet. Die Mission des mit 36 Jahren jüngsten Bundestrainers der Verbandshistorie lautet: eine erfolgreiche EURO 2024 spielen. Nur bis zum Turnier soll auch zunächst sein Vertrag laufen. Im April 2024 wird der Kontrakt dann aber doch vorzeitig verlängert - bis zur WM 2026.