Neuer Deal zwischen Iran und USA?
26. Mai 2025
Der US-Präsident Donald Trump sieht "echte und ernsthafte Fortschritte" nach den Atomgesprächen am letzten Freitag (23.5.25.) mit dem Iran. Am Sonntag sagte er im Bundesstaat New Jersey vor dem Rückflug nach Washington den anwesenden Journalisten, die Gespräche mit dem Iran seien "sehr, sehr gut" gewesen. "Ich denke, wir könnten bald einige gute Nachrichten von der Iran-Front verkünden."
"Die USA und der Iran nehmen die aktuellen Verhandlungen sehr ernst und wollen eine Einigung erzielen", glaubt Sina Azodi im Gespräch mit der Deutschen Welle. Azodi ist Assistant Professor für Nahostpolitik an der Elliott School of International Affairs der George Washington University und Experte für internationale Beziehungen mit Schwerpunkt auf der Außenpolitik des Iran und der nuklearen Nichtverbreitung.
Für die US-Regierung sei ein Abkommen aus mehreren Gründen von großer Bedeutung, betont Azodi. "Es gibt drei zentrale außenpolitische Themen für das Weiße Haus: den Krieg in der Ukraine, den Krieg im Gazastreifen und das iranische Atomprogramm. Eine Einigung mit dem Iran wäre ein bedeutender außenpolitischer Erfolg."
Auch die Regierung im Iran werde einer möglichen Einigung große Bedeutung beimessen, erklärt Azodi. Der Iran habe für die Verhandlung nicht mehr viel Zeit. Der sogenannte Snapback-Mechanismus, eine Klausel im aktuellen Abkommen, rücke stündlich näher. Demnach könnten alle UN-Sanktionen gegen den Iran wieder in vollem Umfang in Kraft treten, falls keine Einigung erzielt werde.
Zweitens werde Israel den Iran ohne die Zustimmung der USA nicht angreifen. Solange Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran andaueren, sei ein solcher Angriff unwahrscheinlich, denken die Politiker in Teheran.
Drittens verschärfe sich die wirtschaftliche Krise im Iran weiter, sagt Experte Azodi. Die Sanktionen hätten massive Auswirkungen, und der iranische Präsident Peseschkian habe zugesagt, sich für deren Aufhebung einzusetzen. Noch habe er allerdings nichts erreicht.
Neues Interimsabkommens?
Mitte April hatten die USA und der Iran unter Vermittlung des Oman Gespräche über ein mögliches neues Atomabkommen aufgenommen. Die Vereinigten Staaten und der Iran unterhalten seit 1979 keine diplomatischen Beziehungen und führen deswegen Gespräche nur über Drittstaaten.
Die ersten vier Gesprächsrunden blieben ergebnislos, weil sich Washington und Teheran über die Urananreicherung nicht einigen konnten. Teheran beharrt darauf, Uran weiterhin für zivile Zwecke anreichern zu dürfen, während die USA auf einem vollständigen Stopp der Anreicherung bestehen.
Nach Berichten der italienischen Tageszeitung La Republica soll der omanische Außenminister Badr al-Busaidi ein Interimsabkommen vorgeschlagen haben, an dem nun gearbeitet werde.
Ein hochrangiger US-Beamter bestätigte gegenüber der Zeitung Israel Hayom, dass die Möglichkeit einer vorläufigen Vereinbarung thematisiert worden sei. Diese sehe vor, die Urananreicherung zunächst für drei Jahre einzufrieren. Im Gegenzug sollen die Sanktionen teilweise aufgehoben werden.
Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die USA und der Iran auf eine vorläufige Vereinbarung eingehen. Bereits im November 2013 hatten beide Seiten in Genf ein Interimsabkommen unterzeichnet. Später wurden dann die Verhandlungen fortgesetzt, die dann 2015 zum Atomabkommen (JCPOA) führten.
Genau dieses JCPOA-Abkommen hatte der US-Präsident Trump 2018 während seiner ersten Amtszeit gekündigt, um "einen besseren Deal" mit dem Iran als sein Vorgänger Barack Obama erreichen zu wollen. Als Reaktion darauf begann der Iran, sich schrittweise vom Abkommen zu distanzieren. Heute ist das Land näher am Bau einer Atombombe als je zuvor, glauben Experten.
So betrachtet Israel das iranische Atomprogramm gegenwärtig als Bedrohung für seine Existenz. Die iranische Führung erkennt Israel nicht an und droht regelmäßig mit dessen Vernichtung.
Teheran betont jedoch offiziell, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) zeigt sich aber besorgt. Laut IAEA-Chef Rafael Grossi reichert der Iran Uran in einem Ausmaß an, das höher liegt als in allen anderen Nicht-Atomwaffenstaaten.
Gesichtswahrende Lösung
Der Iran brauche eine gesichtswahrende Lösung, um sich in der Frage der Urananreicherung bewegen zu können, sagt der Physiker Behrooz Bayat. Bayat war als externer Berater für die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) tätig und gilt als Kenner des iranischen Atomprogramms.
Eine denkbare Option für den Iran sei beispielsweise die Bildung eines Konsortiums aus Ländern im Nahen Osten, darunter dem Iran, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese Länder würden dann zusammen an der Urananreicherung arbeiten.
Laut der britischen Zeitung 'The Guardian' hatte der Iran Anfang Mai vorgeschlagen, die Golfstaaten in sein Anreicherungsprogramm einzubeziehen, um damit die Einwände der USA zu entkräften, der Iran gewähre keine Transparenz.
Wie ein solches Modell praktisch umgesetzt werden könnte, sei jedoch unklar, betont Bayat. Für den Iran wäre es eine gesichtswahrende Lösung, um das Uran weiter formal anreichern zu dürfen, auch wenn eine tatsächliche Umsetzung höchst unwahrscheinlich erscheine.
Unterstützung von der Region
Die Golfstaaten unterstützen die aktuellen Verhandlungen zwischen dem Iran und den USA. "Für die Länder der Region ist es sehr wichtig, dass im Nahen Osten kein neuer Krieg ausbricht", sagt Analyst Sina Azodi. "Wer in Wachstum und Fortschritte investiert, braucht Sicherheit und Stabilität."
Als die Spannung zwischen den USA und dem Iran während der ersten Präsidentschaft von Donald Trump zugenommen habe, hätten die jemenitischen Huthi-Rebellen, die mit dem Iran verbündet seien, das staatliche Erdöl- und Erdgasunternehmen von Saudi-Arabien, Aramco, angegriffen.
"Riad erwartete nach dem Anschlag eine deutliche Reaktion der USA als sein wichtigster Verbündeter. Doch die blieb aus", erklärt der Experte für internationale Beziehungen Azodi. "In Saudi-Arabien reifte deswegen die Erkenntnis, dass ein besseres Verhältnis zum Iran strategisch vorteilhafter sein könnte."
Die Beziehungen zwischen dem Iran und den arabischen Ländern am Persischen Golf haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert, vor allem die zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Im Oktober 2024 reiste Irans Außenminister Abbas Araghchi in die saudische Hauptstadt Riad und traf den saudischen Kronprinzen und De-facto Machthaber Mohammed bin Salman.
Im April 2025 folgte ein hochrangiger Gegenbesuch aus Riad. Der saudische Verteidigungsminister Khalid bin Salman Al Saud führte eine Regierungsdelegation nach Teheran und traf sich mit dem obersten religiösen und politischen Führer der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Chamenei, zusammen. Die beiden rivalisierenden Regionalmächte setzen nach Jahren der Spannungen die Normalisierung ihres Verhältnisses fort und vereinbarten sogar militärische Kooperationen.