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Politik

Neuer Elysée-Vertrag für vertiefte Freundschaft

Andreas Noll
22. Januar 2018

Symbolische Gesten der Freundschaft gibt es viele zwischen Deutschland und Frankreich. Nun soll eine weitere dazukommen: eine Neufassung des Elysée-Vertrags von 1963. Mehrere Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch.

Deutschland Frankreich Symbolbild Fahnen
Bild: picture-alliance/dpa/Hanschke

Als Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer am 22. Januar 1963 ihre Unterschrift unter den Elysée-Vertrag setzten, besiegelten die beiden Staatsmänner die Aussöhnung zwischen den beiden einstigen "Erbfeinden". 

Mit dem deutsch-französischen Freundschaftsvertrag vereinbarten die Regierungen in Bonn und Paris verbindliche Konsultationen, eine enge politische Kooperation und einen breit angelegten Jugendaustausch. Mehr als 8,4 Millionen junge Deutsche und Franzosen haben seitdem an Austauschprogrammen im Nachbarland teilgenommen.

Historischer Termin in Paris: Adenauer und de Gaulle unterzeichnen am 22. Januar 1963 den Elysée-VertragBild: picture-alliance/dpa

Warum ein neuer Vertrag?

Die Ankündigung kam zum Jubiläum des Elysée-Vertrags: Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen bis  Jahresende einen neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag aushandeln. Die Idee dazu ist nicht neu. Vor allem die französische Seite hatte immer wieder vorgeschlagen, den Vertrag zu erneuern, obwohl er im Laufe der Zeit schon durch Zusatzvereinbarungen ergänzt wurde. 

Da der Elysee-Vertrag lediglich einen Kooperationsprozess beschreibt, geht es nicht darum, den Kern des Vertrages zu ändern, sondern um ein politisches Signal: Berlin und Paris wollen eine weitere Etappe der deutsch-französischen Kooperation in Angriff nehmen und damit auch den Weg bereiten für eine Reform der Europäischen Union.

Wirbt für einen neuen Elysée-Vertrag: Parlamentspräsident François de Rugy im BundestagBild: Reuters/H. Hanschke

Was soll sich in einem neuen Elysée-Vertrag ändern?

In einer gemeinsamen Erklärung thematisierten Merkel und Macron Initiativen auf unterschiedlichen Politikfeldern. Dazu gehören der Ausbau von Austauschprogrammen für Bürger beider Länder, Klimaschutz, eine stärkere wirtschaftliche Integration und eine noch engere Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. Damit bleiben die Regierungen beider Länder in dem Rahmen, den der ursprüngliche Elysée-Vertrag vorgibt.

In einer gemeinsamen Resolution von deutschem Bundestag und französischer Nationalversammlung fordern auch die beiden Parlamente eine engere Zusammenarbeit der Völker und listen konkrete Beispiele auf, die von gemeinsamen Berufsschulzentren bis zu einem deutsch-französischen Zentrum für Künstliche Intelligenz reichen. Außerdem wollen die Abgeordneten in diesem Jahr ein Deutsch-Französisches Parlamentsabkommen auf den Weg bringen, das den Austausch der beiden Parlamente verstärkt. So ist unter anderem daran gedacht, EU-Richtlinien in beiden Ländern einheitlich umzusetzen.

Schwerpunkt Sprachen

Stehende Ovationen gab es für den Ehrengast zum Elysée-Jubiläum: Eine gute Viertelstunde hatte François de Rugy, der Präsident der französischen Nationalversammlung, gesprochen, dann erhoben sich die Abgeordneten von ihren Sitzen. Der 44 Jahre alte Franzose hatte seine gesamte Rede auf Deutsch gehalten. Derartige Signale gibt es immer häufiger.

Stehende Ovationen im Bundestag: Parlamentspräsident François de Rugy hatte seine Rede auf Deutsch gehaltenBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

55 Jahre nach dem Abschluss des Elysée-Vertrages ist die Zahl der Politiker in Führungspositionen gestiegen, die sich in der Sprache des Nachbarn verständigen können. Vor allem Staatspräsident Macron umgibt sich mit zahlreichen Deutschland-Kennern. 

Ganz anders dagegen die Entwicklung in den Gesellschaften:  Die Zahl der Deutschlernenden in Frankreich stagniert auf einem niedrigen Niveau. Während zu Zeiten de Gaulles gut die Hälfte der französischen Schüler Deutsch lernte, sind es heute nur noch knapp fünfzehn Prozent. Auch in Deutschland sinkt die Zahl der Französisch-Lernenden. Verantwortlich für den Rückgang ist neben der Dominanz des Englischen auch der Boom von Spanisch an deutschen und französischen Schulen. In einem neuen Elysée-Vertrag dürfte die Sprachförderung eine wichtige Rolle spielen.

Schwerpunkt Wirtschaft

Deutschland ist für Frankreich der wichtigste wirtschaftliche Handelspartner. In einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum könnten die Volkswirtschaften noch enger zusammenrücken. "Nicht nur mit einem gemeinsamen Binnenmarkt, sondern mit gemeinsamen Regelungen im Wirtschaftsrecht, im Insolvenz- und Gesellschaftsrecht, mit einer gleichen Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer und damit dem Bekenntnis: Wir sind gemeinsam besser als jeder für sich", so der Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Andreas Jung, im Interview mit der DW.

Emmanuel Macron drückt aufs Tempo: Bei der Reform des Elysée-Vertrages macht vor allem Paris DruckBild: picture alliance/dpa/POOL EPA/C. P. Tesson

Der Wunsch nach Angleichung ist nicht neu - schon Präsident Nicolas Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel vereinbarten 2011 eine einheitliche Körperschaftssteuer in beiden Ländern. Die Umsetzung lässt bislang aber auf sich warten, weil viele Tücken im Detail stecken.

Schwerpunkt Sicherheit

Ein neuer Elysée-Vertrag soll auch die deutsch-französische Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen und im Kampf gegen den Terror in den Blick nehmen. Beide Länder haben hier bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Seit 1989 gibt es mit der Deutsch-Französischen Brigade eine gemeinsame Militäreinheit. Doch seit einigen Jahren ist es ruhiger geworden um die Truppe - im militärischen Alltag spielt sie keine große Rolle. Weil mit den interventionsfreudigen Franzosen und den militärisch sehr zurückhaltenden Deutschen zwei Philosophien aufeinanderprallen, ist es in der Verteidigungspolitik seit jeher schwierig, von Visionen zu konkreten Projekten zu kommen. 

Schwerpunkt grenznahe Zusammenarbeit

Fachkräftemangel in Baden, hohe Arbeitslosigkeit im Elsass: In den grenznahen Gebieten könnten beide Länder zum jeweiligen Vorteil zusammenwachsen. Doch in der Praxis sind die Hürden immer noch hoch. Weil Frankreich aus Angst vor der "Billigkonkurrenz" aus den östlichen EU-Staaten eine abschreckende Bürokratie aufgebaut hat, klagen auch deutsche Handwerker über eine de-facto-Abschottung des französischen Marktes. Nach dem Wegfall der Schlagbäume könnten die unsichtbaren Barrieren zwischen beiden Ländern in einem neuen Elysée-Vertrag zur Sprache kommen.

Grenzenlose Freundschaft? Franzosen und Deutsche sollen noch enger zusammenrückenBild: picture-alliance/dpa/Daniel Hubert

Schwerpunkt Digitale Zukunft

Der Wohlstand im 21. Jahrhundert hängt eng mit der digitalen Revolution zusammen. Bislang dominieren US-amerikanische Giganten wie Apple, Google oder Amazon diesen Markt. Deutschland und Frankreich könnten, wie von den Abgeordneten gefordert, mit einem "deutsch-französischen Zentrum für Künstliche Intelligenz" versuchen, europäischen Unternehmen mit Steuergeldern direkt oder indirekt unter die Arme zu greifen. 

In der Vergangenheit ist das allerdings schon einmal schief gegangen. Als Google nach der Jahrtausendwende zu seinem globalen Siegeszug ansetzte, initiierten Bundeskanzler Gerhard Schröder und Staatspräsident Jacques Chirac den Bau einer deutsch-französische Suchmaschine. Bereits ein Jahr nach der Ankündigung zog sich Deutschland aus dem Projekt Quaero wieder zurück.

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