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Neuer Höhepunkt in Albaniens Dauerkrise

Adelheid Feilcke-Tiemann30. Januar 2002

- Zum Rücktritt von Ministerpräsident Meta

Köln, 30.1.2002, DW-radio

Am Dienstag (29.1.) ist in Tirana der albanische Ministerpräsident Ilir Meta zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus einem tiefen Zerwürfnis mit dem Vorsitzenden seiner eigenen Partei, Fatos Nano. Der Machtkampf zwischen den beiden Führungspolitikern der albanischen Sozialisten ist somit vorläufig zugunsten Nanos entschieden. Doch die innenpolitische Krise in Albanien ist damit noch nicht beigelegt.

Die innenpolitische Dauerkrise in Albanien hat mit dem Rücktritt von Ilir Meta einen neuen Höhepunkt erreicht. Doch es wird kaum der letzte gewesen sein, solange die Gründe der Krise nicht beseitigt sind. Meta kapitulierte vor seinem Widersacher, dem Vorsitzenden seiner eigenen Partei, Fatos Nano. Der Sturz des Regierungschefs bedeutet für Nano zunächst einen Punktsieg. Doch ob dieser seine Ambitionen auf das Präsidentenamt auf den Trümmern einer gescheiterten Regierung und einer in sich gespaltenen Partei durchsetzen kann, ist zu bezweifeln. Und die Chancen, dass Albanien angesichts seiner politischen Instabilität seine Energiekrise meistern und die tiefgreifenden wirtschaftlichen Probleme in den Griff bekommen kann, stehen weiterhin nicht gut.

Der Machtkampf zwischen den beiden Lagern hatte seit Monaten die albanische Politik gelähmt und - nur knapp ein halbes Jahr nach den Parlamentswahlen und der Regierungsbildung - zum Rücktritt von bereits vier Ministern geführt, denen Korruption vorgeworfen wurde. Als Nano seine Zustimmung zur Neubesetzung der Ministerposten an Bedingungen knüpfen wollte, die für Meta unannehmbar waren, kam es zum Eklat: Nano forderte unter anderem Metas Zustimmung zu seiner Präsidentschaftskandidatur und zu einem Referendum.

Meta ist nicht das erste Opfer in den Flügelkämpfen innerhalb der Sozialistischen Partei. Und er kam durch solche Ränkespiele auch selbst ins Amt, als er sich 1999 als Kompromisskandidat durchsetzte, nachdem der Reformer Pandeli Majko an eben diesen Querelen gescheitert war. Wie Majko emanzipierte sich auch Meta zunehmend von Parteichef Nano und erwarb sich international Anerkennung für seine Regierungsarbeit. Doch die innerparteilichen Widersprüche wurden nicht überwunden.

Seit dem haushohen Sieg der Sozialisten bei den Parlamentswahlen im Sommer 2001, die durch allerlei Tricks die erhoffte 5/8-Mehrheit erbrachte, ist Nano wieder in der Offensive: Mit aller Macht will er sich zunächst partei-intern durchsetzen, um dann zum Staatspräsidenten gewählt zu werden. Um sich gegen Metas Gefolgsleute an der Parteispitze durchsetzen zu können, setzt er auf die Parteibasis, die er zu einer Urabstimmung rufen will.

Doch dieses Ziel scheint auch nach Metas Rücktritt in weiter Ferne. Nicht nur wegen der Widerstände in der eigenen Partei. Denn offen wird jetzt auch von internationaler Seite am Wahlergebnis des letzten Jahres gezweifelt. So sagte kürzlich die EU-Vertreterin Doris Pack, Albanien sollte keinen Präsidenten haben, der sein Amt der Wahlmanipulation verdanke.

Der Machtkampf bei den albanischen Sozialisten und die unerwartete Unterstützung aus Brüssel gibt auch der Opposition unter Sali Berisha Aufwind, die zur Zeit erstaunlich moderat auftritt. Die Demokratische Partei kündigte sogar an, ihren Parlamentsboykott zu beenden und ins Parlament zurückzukehren. Nun könnte eine neue Runde in dem seit zehn Jahren andauernden innenpolitischen Kampf zwischen Berisha und Nano anstehen. Kein gutes Omen für Albanien.

Metas Rücktritt war ein unvermeidlicher Schritt, nachdem er partei-intern offen boykottiert worden war. Doch solange die Sozialistische Partei nicht ihre inneren Streitigkeiten beilegt, wird jede von ihr gestellte Regierung zum Scheitern verurteilt sein. Weder Korruption noch Kriminalität lassen sich unter diesen Umständen wirkungsvoll bekämpfen, ganz zu schweigen davon, dass Investoren ins Land gelockt werden sollen. Albanien hatte bereits in der vergangenen Woche für die fortgesetzte politische Krise in Brüssel eine unliebsame Quittung erhalten, als die Verhandlungen für ein Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen mit der EU erneut aufgeschoben wurden. Die albanischen Politiker müssen zuerst ihre Hausaufgaben machen - und endlich mit Sachpolitik beginnen. Das nach wie vor labile Land braucht aber gerade in diesem schwierigen Prozess auch verstärkte internationale Unterstützung nach dem Muster: Hilfe anbieten - und Konditionen dafür setzen. (fp)