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PolitikBolivien

Neuer Kurs nach Wahl in Bolivien: Paz wird Präsident

20. Oktober 2025

Mit dem Sieg von Rodrigo Paz Pereira bei der Präsidentschaftsstichwahl endet in Bolivien die lange Herrschaft der Linken. Der Christdemokrat verspricht Reformen, Konsens - und eine vorsichtige Annäherung an die USA.

Rodrigo Paz Pereira mit einem Blumenkranz um den Hals, winkt seinen Anhängern zu
Wahlsieger Rodrigo Paz Pereira löst einen Richtungswechsel in der Politik Boliviens ausBild: Jorge Mateo Romay Salinas/Anadolu/picture alliance

Mit dem Sieg des Senators Rodrigo Paz Pereira bei der Stichwahl um das Präsidentenamt steht Bolivien vor einem tiefgreifenden politischen Wandel. Nach Auszählung fast aller Stimmen erreicht der Kandidat der christdemokratischen Partei Partido Demócrata Cristiano, die der politischen Mitte zugerechnet wird, rund 55 Prozent - laut Wahlbehörde ein "unwiderruflicher Vorsprung". Sein rechter Herausforderer Jorge Quiroga kommt auf 45 Prozent. Knapp acht Millionen Bürgerinnen und Bürger waren in dem Andenstaat wahlpflichtig zur Stimmabgabe aufgerufen.

Der unterlegene Jorge Quiroga nach seiner StimmabgabeBild: Jorge Mateo Romay Salinas/Anadolu/picture alliance

Damit geht eine fast zwei Jahrzehnte währende Ära linker Regierungen zu Ende, geprägt vom Machtkampf zwischen Ex-Präsident Evo Morales und dem scheidenden Staatschef Luis Arce - beide von der Partei Movimiento al Socialismo (MAS). In der Metropole La Paz feierten Anhänger des Wahlsiegers den Machtwechsel mit Feuerwerk, Musik und Jubelrufen.

Paz steht vor vielen Herausforderungen

"Heute kann Bolivien sicher sein, dass dies eine Regierung sein wird, die Lösungen bringen wird", sagte Paz in seiner Siegesrede. "Bolivien wird Schritt für Schritt seine internationale Rolle zurückgewinnen." Sein unterlegener Rivale Quiroga gratulierte noch am Sonntagabend. Obwohl seine Parteienallianz Libre gewisse Beschwerden über Unstimmigkeiten bei der Wahl habe, wolle er das Ergebnis nicht anfechten. "Bolivien geht es schon schlecht genug, da wollen wir nicht weitere Schwierigkeiten erzeugen", sagte Quiroga laut der Zeitung "El Deber". Der scheidende Präsident Arce, der sich nicht erneut zur Wahl stellte, gratulierte ebenfalls und erklärte auf der Plattform X, man wolle Paz bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte unterstützen.

Der 58-jährige Paz, Sohn des früheren Präsidenten Jaime Paz Zamora (1989-1993), tritt das Amt am 8. November für fünf Jahre an. Der in Spanien geborene, in Washington ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler steht vor enormen Herausforderungen: Bolivien steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise mit Benzin- und Devisenmangel, hoher Inflation und akuter Medikamentenknappheit. Kostspielige Subventionen, vor allem für Treibstoffe, belasten den Staatshaushalt, vor Tankstellen bilden sich teils tagelange Schlangen. Auch Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein gravierendes Problem.

Der Binnenstaat, rund dreimal so groß wie Deutschland, zählt mit etwa zwölf Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern Südamerikas. Besonders in ländlichen und indigenen Regionen ist die Not groß.

Der linke Ex-Präsident Evo Morales bei der Stimmabgabe zur StichwahlBild: Ernesto Benavides/AFP

Paz kündigte einen moderaten Regierungskurs an: institutionelle Reformen, eine schrittweise Öffnung der Wirtschaft und gezieltere Subventionen. Unter dem Motto "Kapitalismus für alle" will er eine Steuerreform anstoßen, die Industrie stärken und ein bedingungsloses Grundeinkommen für Frauen einführen. Vor seiner Stimmabgabe in Tarija betonte Paz, dass er eine auf "Konsens" basierende Regierung bilden wolle, um das Land voranzubringen. In den Parlamentskammern kann Paz auf eine gemeinsame Mehrheit mit der Partei Unidad des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Samuel Doria Medina bauen, sodass Reformvorhaben möglich sind.

Bevorstehende Annäherung Boliviens an die USA?

Außenpolitisch strebt der Wahlsieger pragmatische Beziehungen zu allen Partnern an - darunter eine vorsichtige Wiederannäherung an die USA nach Jahren diplomatischer Eiszeit. 2008 hatte die Regierung Morales den US-Botschafter ausgewiesen, woraufhin die Beziehungen abbrachen. Arce setzte stattdessen auf enge Bande mit Venezuela, China, Russland und dem Iran.

Sehen Möglichkeit der Annäherung an Bolivien: US-Präsident Donald Trump und Außenminister Marco RubioBild: Aaron Schwartz/Pool/ABACA/picture alliance

Der Wahlsieg des konservativen Paz wurde in Washington mit Erleichterung aufgenommen. Nach "zwei Jahrzehnten der Misswirtschaft" biete seine Wahl "beiden Nationen die Chance auf einen Wandel", erklärte US-Außenminister Marco Rubio. Die USA signalisierten Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei regionaler Sicherheit, Migration und Investitionen.

Paz selbst sagte in La Paz, er habe einen Anruf von US-Präsident Donald Trump erhalten. "Bolivien kehrt Schritt für Schritt auf die internationale Bühne zurück (...). Wir müssen Bolivien für die Welt öffnen und wieder eine Rolle übernehmen."

pgr/se (dpa, afp, epd, kna)

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