Neuer offener Brief: "Ja" zu Waffen für die Ukraine
Kevin Tschierse
4. Mai 2022
Nobelpreisträgerin Herta Müller, Pianist Igor Levit, Journalist Deniz Yücel und 54 weitere Intellektuelle appellieren an Bundeskanzler Olaf Scholz: Deutschland soll schwere Waffen an die Ukraine liefern.
Anzeige
In einem weiteren Offenen Brief fordern 57 Intellektuelle um den Publizisten und ehemaligen Grünen-Politiker Ralf Fücks den Bundeskanzler dazu auf, die Ukraine mit schweren Waffen zu unterstützen. Erst am Freitag hatten 26 Prominente in dem Magazin "Emma" in einem ersten offenen Brief vor diesem Schritt gewarnt.
Reaktion auf offenen Brief gegen Waffenlieferung
Das zweite Schreiben, das in vielen Medien veröffentlicht wurde, heizt die Debatte über deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine an. Erstunterzeichnende sind Prominente aus Medien, Wissenschaft und Politik. Zu ihnen zählen die Schriftstellerinnen Eva Menasse und Herta Müller, der Pianist Igor Levit, die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, Deniz Yücel, und Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner.
Der Brief solle Scholz ermutigen, "die Entschließung des Bundestags für Waffenlieferungen an die Ukraine rasch in die Tat umzusetzen", denn, "wer einen Verhandlungsfrieden will, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine unter die russischen Forderungen hinausläuft, muss ihre Verteidigungsfähigkeit stärken und die Kriegsfähigkeit Russlands maximal schwächen", heißt es darin.
Anzeige
Waffenlieferungen "im Interesse Deutschlands"
Die Verfasser argumentieren gegen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des vorausgegangenen "Emma"-Briefs, die der Meinung sind, dass die "unter Druck stattfindende eskalierende Aufrüstung" der Beginn einer "weltweiten Rüstungsspirale mit katastrophalen Konsequenzen" sein könnte.
Es liege im Interesse Deutschlands, "einen Erfolg des russischen Angriffskriegs zu verhindern". Die Verfasser des Briefs schreiben, dass jeder Krieg das "Risiko einer Eskalation" in sich trage. Der Einsatz von Nuklearwaffen durch Putin sei nicht durch "Konzessionen an den Kreml" zu stoppen. Diese ermutigten Russland nur zu "weiteren militärischen Abenteuern". Der Gefahr einer nuklearen Eskalation könne nur durch eine glaubwürdige Abschreckung begegnet werden.
Die Schriftstellerin Katja Lange-Müller bezeichnet es inzwischen als "Fehler", den ersten Brief unterzeichnet zu haben. In einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" schreibt sie: "Zu meiner Angst davor, dass die Lawine der russischen Angriffswut auch uns überrollen könnte, stehe ich. Doch dass ich den Brief der Zeitschrift "Emma" an Bundeskanzler Scholz unterschrieben habe, quält mein Gewissen." Sie wolle sich nicht "anmaßen zu wissen, was uns schützt und hilft und verhindert, dass wir immer tiefer in diesen Krieg hineingeraten".
Auch in anderen europäischen Ländern wird über Waffenlieferungen an die Ukraine debattiert. In dem jetzigen offenen Brief heißt es, dass nun die "Entschlossenheit und Geschlossenheit Europas und des Westens" notwendig sei und Deutschland keinen "Sonderweg" gehen dürfe.
kt/so (epd/kna/dpa)
Vom Krieg bedroht: Die UNESCO-Welterbestätten in der Ukraine
Während Russland seinen zerstörerischen Krieg in der Ukraine fortsetzt, hat die UNESCO dazu aufgerufen, das ukrainische Kulturerbe zu schützen - einschließlich der sieben Welterbestätten.
Bild: Brendan Hoffman/Getty Images
Lwiw: Historisches Zentrum
Die in der West-Ukraine gelegene Stadt Lwiw wurde im späten Mittelalter gegründet und war jahrhundertelang ein wichtiges Zentrum für Verwaltung, Religion und Handel. Das zeigen die Gotteshäuser verschiedener Religionsgemeinschaften. Charakteristisch sind auch die barocken Gebäude - sie zeigen, wie sich damals die osteuropäische Bauart mit deutschen und italienischen Einflüssen vermischte.
Bild: CSP_OleksandrLysenk/imago images
Kiew: Sophienkathedrale und Höhlenkloster Lawra Petschersk
Die Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert wurde gebaut, um der Hagia Sophia (im heutigen Istanbul) Konkurrenz zu machen. Ihre Mosaike und Fresken befinden sich in einem beeindruckenden Zustand. Die Sophienkathedrale in Kiew hatte großen Einfluss auf andere Tempelbauten. Gemeinsam mit dem nahe gelegenen Klosterkomplex trug sie bei, dass die Gegend zu einem Zentrum des orthodoxen Glaubens wurde.
Bild: Brendan Hoffman/Getty Images
Czernowitz: Residenz der orthodoxen Metropoliten der Bukowina und Dalmatiens
Die ehemalige Residenz des Metropoliten - also dem geistlichen Vorsteher der orthodoxen Kirche in Bukovina und Dalmatien - zeugt von byzantinischen, gotischen und barocken Einflüssen. Der Bau spiegelt die vielfältige religiöse und kulturelle Identität der österreichisch-ungarischen Monarchie wider. Der Komplex wurde von 1864 bis 1882 vom tschechischen Architekten Josef Hlávka erbaut.
Bild: maxpro/imago images
Staro-Nekrassowka: Struve-Bogen
Der Struve-Bogen erstreckt sich über 2821 Kilometer von der Ukraine bis nach Hammerfest, Norwegen. Entlang dieser Strecke vermaß der Astronom Wilhelm Struve die Erdkugel und leitete daran die genaue Form des Erdkörpers ab - eine grandiose wissenschaftliche Leistung, die als Weltkulturerbe geadelt wurde. Das Foto aus dem Jahr 1985 zeigt das Denkmal des Struve-Bogens in Norwegen.
Bild: The Print Collector/Heritage-Images/picture alliance
Sewastopol: Antike Stadt Chersones und ihre Chora
Die Stadt Chersones wurde im 5. Jahrhundert v. Chr. von dorischen Griechen gegründet. Ihre Ruinen befinden sich bei Sewastopol im Südwesten der Krim, die 2014 illegal von Russland annektiert wurde. Die Stätte umfasst öffentliche Gebäudekomplexe und Wohnviertel, frühchristliche Denkmäler und Überreste von Siedlungen aus der Stein- und Bronzezeit. Besonders gut erhalten sind die Weinbergsparzellen.
Bild: OLGA MALTSEVA/AFP/Getty Images
Oblast Transkarpatien: Holzkirchen der Karpatenregion
Dieses Welterbe besteht aus insgesamt 16 "Tserkvas" oder Kirchen. Sie sind in der Gebirgskette der Karpaten verteilt, die sich über die Ukraine und Polen erstrecken. Die Holzblockbauten wurden zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert von orthodoxen und griechisch-katholischen Gemeinden erbaut. Sie sind ein Beispiel für die Holzbautradition der slawischen Länder. Auch ihre Innenausstattung ist berühmt.
Bild: Serhii Hudak/Ukrinform/imago images
Oblast Transkarpatien: Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten
Ebenfalls im Westen der Ukraine befindet sich das Weltnaturerbe der Buchenwälder und Buchenurwälder. Das gesamte UNESCO-Naturerbe umfasst 94 Gebiete in 18 Ländern. Dieses Foto zeigt den Wald von Uholka-Schyrokyj Luh in der Ukraine. Die Buche breitete sich hier nach der letzten Eiszeit vor 11.000 Jahren aus und ist heute ein wichtiger Bestandteil dieses naturbelassenen und komplexen Ökosystems.