Back to the Roots kann man da nur sagen: Sting, der im Oktober 65 geworden ist, kehrt mit der neuen Platte zurück zum einfachen, geraden Rock'n'Roll - und erinnert trotz "gereifter" Stimme an die alten Police-Zeiten.
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Sting - im Herzen immer Rockmusiker
Angefangen hat er als Punkrocker mit Niveau. Mit "The Police" machte er seine erste Karriere. Die zweite machte er alleine. Und die bekommt gerade neuen Auftrieb. Denn das neue Album "57th & 9th" ist eine Überraschung.
Bild: Eric Ryan Anderson
Neues vom "alten" Sting
Wenn man 65 geworden ist und musikalisch schon vieles auprobiert hat, dann darf man auch mal wieder an alte Zeiten anknüpfen. Es ist gut, dass Sting das mit seiner neuen Platte macht. "57th & 9th" erscheint am 11. November und wird seinen alten Fans viel Freude bereiten. Denn es erinnert stark an die Musik der Combo, mit der er angefangen hat...
Bild: Eric Ryan Anderson
Mit Police fing alles an
Gordon Sumner hieß der Frontmann von "Police", einer dreiköpfigen Band, die eigentlich Punk machte. Eigentlich auch nicht, denn dafür waren alle drei viel zu gute Musiker. Sumner, genannt Sting, spielte Bass und sang, Andy Summer brillierte an der Gitarre und Stewart Copeland saß am Schlagzeug. Aus Punk wurde "White Reggae", der Stil, mit dem Police eine der erfolgreichsten Bands der 80er wurden.
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Ein Hit nach dem anderen
1978 kam mit "Outlandos d'Amour" das erste Erfolgsalbum von Police. Die Singles sind unvergessen: "Can't Stand Losing You", "So Lonely", "Roxanne". Ein Jahr später: die LP "Regatta de Blanc", mit Titeln wie "Message In A Bottle" und "Walking On The Moon". Die Liste der Hits ist lang. Höhepunkt 1983: "Every Breath You Take" vom letzten Police-Album "Synchronity". Danach gingen die drei eigene Wege.
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Erfolgreicher Solostart
Sting hatte fast alle Songs für Police geschrieben. Nach der Trennung machte er weiter. 1985 brachte er das Album "The Dream of the Blue Turtles" raus und überraschte Fans und Kritiker mit einem völlig neuen Sound: Der Rockbassist hatte sich nämlich einen Haufen namhafter Jazz- und Funkmusiker ins Boot geholt.
Jazz-Pop-Orgie
Stilprägend für "Dream Of The Blue Turtles" und die nächsten Platten war Branford Marsalis' Sopransaxophon, mit dem er Stings Melodien sanft umspielte. Obwohl der Solo-Erstling nicht die großen Hits hervorbrachte, bekam er Dreifachplatin. Ein Jahr später kam die gefeierte Live-Platte "Bring On The Night" - eine Jazz-Pop-Orgie, bei der sich alle Musiker austoben konnten.
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Bring on the Night
Dazu gab es auch eine Film-Doku. Legendär sind die Aufnahmen der Proben im Schloss und der anschließende Konzertmitschnitt in Paris. Nach dem Gig musste Stings hochschwangere Frau ins Krankenhaus. Sohn Jake kam auf die Welt. Sting schickte das Kamerateam gleich mit zu ihr ins Krankenhaus. Die Geburt wurde aufgezeichnet und ist intimer Bestandteil des Films. Die Reaktionen waren gemischt.
Sting im Pop-Himmel
Unermüdlich arbeitete Sting weiter. Superstar war er längst. Und so konnte er für sein nächstes Album "Nothing Like The Sun" (1987) auch Gastmusiker wie Eric Clapton oder Mark Knopfler ins Studio einladen. Als Arrangeur holte er kurzerhand den Miles-Davis-Weggefährten Gil Evans. Perlen dieser Platte: "Englishman in New York", "Fragile" und "They dance alone".
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Weltmusiker und -verbesserer
Sting engagierte sich. Für Menschenrechte oder den Erhalt der Regenwälder. Er machte auf das Leid brasilianischer Indianer aufmerksam. Hier ist er mit dem Kayapo-Häuptling Raoni auf der Bühne - 1988 bei einem Konzert für Menschenrechte in Sao Paolo. Sting ist bei vielen Benefiz-Konzerten anzutreffen. Eingeprägt hat sich sein Vortrag von "Fragile" am Abend des 11. September 2001 - nach dem Terror.
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Sting als Schauspieler
Im Laufe seiner Karriere spielte Sting in mehr als einem Dutzend Spielfilmen und TV-Serien mit. Hier ist eine Szene aus "Stormy Monday" (1988). Der Jazzclub-Besitzer Finney (Sting) wehrt sich gegen mächtige und skrupellose Immobilienspekulanten. Stings erster Film war "Quadrophenia" (1979), sein berühmtester "Dune, der Wüstenplanet" (1984).
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Musikalischer Winzer
Und noch ein Hobby: Sting kaufte 1997 das Weingut "Il Palagio" in der Toskana und widmet sich seitdem in seiner Freizeit der Winzerei. Seine Rotweine haben klingende Namen "Sister Moon" oder "When We Dance". Die Toskana hatte immer schon eine große Anziehungskraft auf den Musiker. 1990 hatte er hier schon das Album "The Soul Cages" aufgenommen.
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Offen für alles
Wenn Sting etwas interessant findet, ist er mit Feuer und Flamme dabei. Egal, ob es sich um Ausflüge in die mittelalterliche Musik handelt, um Seeräuberballaden oder orchestrale Versionen alter Sting/Police-Songs. Es gibt sogar ein Weihnachtsalbum ("If On a Winter's Night"). Den Vogel hat er 1994 mit Bryan Adams und Rod Stewart abgeschossen: Die triefende Ballade "All For Love". Sein größter Hit.
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"Diese Platte ist sehr direkt, einfach und die Songs sind eher kurz gehalten", sagt der Mann mit der markanten Stimme. "Meine alte DNA aus Zeiten mit The Police kann man darin erkennen - versehen mit einem neuen Gefühl." Sting will überraschen. Das ist für ihn das wichtigste Element in der Musik. Die Überraschung ist ihm gelungen.
Rockiger als alles, was er seit langer Zeit gemacht hat - so klingt die neue Sting-Platte "57th & 9th" - das erste neue "echte" Werk seit 13 Jahren. Benannt ist das Album nach einer Straßenkreuzung in Manhattan, die er täglich auf dem Weg zum Studio überquerte. Mitgeholfen haben ihm Urgesteine wie der Schlagzeuger Vinnie Colaiuta (Drummer bei u.a. Frank Zappa, Joni Mitchell, Chaka Khan) und Gitarrist Dominic Miller, mit dem Sting schon lange zusammen arbeitet. Kraftvoll, laut und "unpoliert" sind die Songs, nachdenklich und tiefgründig die Texte. Mal ein wenig Folk-Songwriting, mal treibender, tanzbarer Rock wie die Vorab-Single "I Can't Stop Thinking About You". Mal kratziger Garagenrock in "Petrol Head". In "One Fine Day" geht es um den Klimawandel, in "Inshallah" singt er aus der Perspektive von Flüchtlingen in Europa.
Verbeugung vor den toten Weggefährten
In der düsteren Ballade "50.000" erinnert Sting an die Musiker, die in diesem Jahr schon gestorben sind. In der Woche, als Prince starb, schrieb Sting den Song, in dem er beschreibt, wie es ist, wenn man vom Tod seines Vorbilds liest. "Ich bin ja jetzt auch schon 64", sagte er dem "Rolling Stone" im Sommer. "Letztendlich thematisiert der Song das Gefühl, das uns alle überkommt, wenn wir vom Tod einer kulturellen Ikone erfahren - ob das nun Prince, David Bowie, Glenn Frey oder Lemmy ist. Wenn sie sterben, hinterfragen wir automatisch auch unsere eigene Unsterblichkeit."
Musikalische Exkurse
In den letzten Jahren hat sich die Begeisterung für Stings Musik in Grenzen gehalten. Vielen Fans waren die musikalischen Ausflüge in andere Genres eher suspekt. Das Experiment mit Weisen aus dem 16. Jahrhundert auf dem Lauten-Album "Songs From The Labyrinth" war nur was für Hartgesottene. Auch sein von Kritikern gelobtes Broadway-Musical "The Last Ship" fiel durch. Mit seinem zwölften Studioalbum ist Sting nun wieder in der Spur. Seine Stimme: Gereift, "wie bei einem älteren Wein", sagt Sting. "Ich singe immer noch das hohe C, aber ich kann auch tiefer singen. Meine Stimme ist jetzt eindeutig besser als früher."
Konzert im Bataclan
Sting wird "57th & 9th" unter anderem am 12. November live in Paris vorstellen. An einem besonderen Ort: dem Musikclub Bataclan. Vor einem Jahr sind dort während eines Konzertes 90 Menschen von Terroristen umgebracht worden. Am Vorabend des Jahrestags der Terroranschläge von Paris eröffnet das Bataclan wieder. Als bekannt wurde, dass Sting das Wiedereröffnungskonzert geben wird, waren 1000 Karten innerhalb von 30 Minuten ausverkauft. Sting will alle Einnahmen an die Opfer des Anschlags spenden. Sicher wird er auch "Fragile" singen. Denn das konnte er immer schon gut: an der richtigen Stelle den richtigen Ton treffen.