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Kunst

Briefe von Nazi-Kunsthändler Gurlitt entdeckt

17. Oktober 2016

Bei Abrissarbeiten eines alten Holzhauses in Güstrow sind Postsäcke mit Fotos und Briefen des NS-Kunsthändlers Hildebrandt Gurlitt gefunden worden. Die Forschungsstelle "Entartete Kunst" wird den Fund jetzt begutachten.

Dr. Hildebrand Gurlitt Direktor des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen
Karriere im Nachkriegsdeutschland: Hildebrand Gurlitt (Bildmitte) hier 1952 als Direktor des Kunstvereins in DüsseldorfBild: picture-alliance/dpa

Die Reichspostsäcke aus der Nazizeit seien bei Abrissarbeiten durch Zufall entdeckt worden, berichtet die "Schweriner Volkszeitung" in ihrer Montagsausgabe (17.10.2016). Ein Hotelbesitzer aus der mecklenburgischen Stadt Güstrow, der das Grundstück mit dem Holzhaus erworben hatte, entdeckte die Säcke unter der Veranda des alten Hauses.

Sie sind allerdings in einem schlechten Zustand. Viele der Fotos und Briefe seien unleserlich, aber einiges könne noch entziffert werden, erklärte der Geschäftsführer der benachbarten Barlach-Stiftung, Volker Probst, der "Schleswiger Volkszeitung. "Dieser Fund kommt völlig unerwartet. Plötzlich tauchen unmittelbar neben der Wirkungsstätte von Ernst Barlach Dokumente auf, die mit den Kernfragen unserer Einrichtung zu tun haben." Güstrow war der Heimatort des bekannten deutschen Bildhauers.

Neuer Fund im "Fall Gurlitt wirft Fragen auf

In den 1930 Jahren wohnte der Kunsthändler Bernhard A. Böhmer mit seiner Familie neben dem "Hexenhaus", wie das jetzt abgerissene Holzhaus von den Einheimischen genannt wurde. Böhmer hatte dem Bildhauer Ernst Barlach, dessen Kunst von den Nazis als "entartete" diffamiert wurde, ein Atelierhaus eingerichtet, wo heute die Barlach-Gedenkstätte untergebracht ist. Barlach starb 1938 und hinterließ ein umfangreiches Werk an Zeichnungen und Skulpturen. Böhmer hatte viele Arbeiten des Künstlers versteckt und so der Nachwelt erhalten, sein Rolle dabei ist aber bis heute umstritten.

Die jetzt entdeckten Briefe stammen von Hildebrand Gurlitt und sind an Bernhard A. Böhmer persönlich adressiert. Beide gehörten zu den vier von Hitler autorisierten Kunsthändlern, die im Auftrag des Naziregimes beschlagnahmte jüdische Kunstwerke und Sammlungen auf Auktionen aufkauften und in Depots lagerten. Gurlitt war oftl im von den Nazis besetzten Ausland, vor allem in Frankreich, Holland und Belgien unterwegs, um dort Kunst für das geplante Führermuseum in Linz zu akquirieren.

Das Grab von Hildebrand Gurlitt (1895 -1956) wurde zum Symbolbild für die NS-Raubkunst-Debatte im In- und AuslandBild: picture-alliance/dpa/Martin Gerten

Als Name geriet Gurlitt wieder in die Schlagzeilen, als 2013 in der Schwabinger Wohnung seines Sohnes Cornelius Gurlitt Hunderte von Kunstwerken entdeckt und beschlagnahmt wurden. Viele Arbeiten aus der "Sammlung Gurlitt" standen unter Raubkunst-Verdacht, die Herkunft einiger Bilder ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Der Kunsthändler Böhmer beging 1945 beim Einmarsch der roten Armee Selbstmord, vieles konnte daher auch in Bezug auf seinen Nachlass nicht ausreichend erforscht werden.

Den Fund von Güstrow werden jetzt Provenienzexperten der Forschungsstelle "Entartet Kunst" der Freien Universität (FU) Berlin untersuchen und dann auswerten, so Volker Probst.

hm/suc (epd/dpa)

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