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Politik

Neues Wahlrecht für Auslandsdeutsche

Carla Bleiker 8. Mai 2013

Im September wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Nicht alle Auslandsdeutschen dürfen dabei mitstimmen. Die Regeln für ihre Stimmabgabe ändern sich ab Mai aber in mehreren entscheidenden Punkten.

Die Unterlagen für eine Briefwahl, verschiedene Papiere und Umschläge. (Foto: VRD - Fotolia.com)
Wahlbrief SymbolbildBild: Fotolia/VRD

Für die Deutsche Angela Fabel ist die Frage Merkel oder Steinbrück nicht von großer Bedeutung. Die zweifache Mutter verließ Deutschland vor drei Jahren, als ihr Mann von seiner Unternehmensberatung die Option bekam, in Dubai zu arbeiten. Seitdem wohnt die ganze Familie in dem Emirat am Persischen Golf. Der Gegensatz zu ihrer alten Heimat Potsdam ist gewaltig.

"Deutschland ist ziemlich weit weg für uns ", sagt Fabel der DW. "Alles was uns hier umgibt ist viel wichtiger und konkreter für uns." Deswegen lege sie auch keinen großen Wert darauf, bei Wahlen in Deutschland ihre Stimme abzugeben. Sie habe zwar noch Interesse an den politischen Entwicklungen in Deutschland, aber weniger als vor drei Jahren. "Ich habe nicht so einen Bezug dazu, und daher auch nicht das Bedürfnis, mich dazu zu äußern", so Fabel.

In Dubai erscheinen Ereignisse in Deutschland ganz weit wegBild: picture-alliance/dpa

Zwei deutsche Frauen in Belgien dagegen wollten unbedingt bei der Bundestagswahl 2009 wählen. Sie wurden jedoch nicht zugelassen, weil sie ihr ganzes Leben hinter der belgischen Grenze verbracht, und noch nie längere Zeit in Deutschland gelebt haben. Die Frauen klagten - und bekamen Recht. Im August 2012 erklärte das Verfassungsgericht das Wahlrecht für Auslandsdeutsche für verfassungswidrig. Am 3. Mai, rechtzeitig vor der Bundestagswahl im September, trat das neue Wahlrecht in Kraft, dass der Bundestag im Januar einstimmig beschlossen hatte.

Stetige Veränderung

Auslandsdeutsche sind Menschen, die zwar einen deutschen Pass haben, aber nicht in Deutschland gemeldet sind, also dort keinen festen Wohnsitz haben. Bei der letzten Bundestagswahl 2009 durften alle Auslandsdeutschen wählen, die irgendwann einmal mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben. Das war nicht immer so. "Das Wahlrecht der Auslandsdeutschen hat sich von 1949 an kontinuierlich weiterentwickelt", sagt Brigitte Gisart, Mitarbeiterin im Büro des Bundeswahlleiters. Zunächst musste ein Auslandsdeutscher diese drei Monate im Zeitraum der letzten zehn Jahre in Deutschland gelebt haben, um hier wählen zu dürfen. 1998 wurde die Frist auf 25 Jahre aufgestockt und zur Bundestagswahl 2009 ganz abgeschafft.

Die Neuerungen

Das neue Gesetz, das diesen Monat in Kraft getreten ist, unterscheidet sich vom alten in drei Punkten. Erstens wurde die 25-Jahre-Frist wieder eingeführt. Es darf also nicht länger als 25 Jahre her sein, dass der Auslandsdeutsche in der Bundesrepublik verbracht hat.

Außerdem muss er während seines Deutschlandaufenthaltes mindestens 14 Jahre alt gewesen sein. "Das ist ein Zeitpunkt, der auch mit anderen Fristen korrespondiert, mit dem Beginn der Strafmündigkeit zum Beispiel und mit der Religionsmündigkeit", erklärt Gisart.

Verfassungswidrig - So urteilten Richter am Bundesverfassungsgericht über das alte Wahlrecht für AuslandsdeutscheBild: picture-alliance/dpa

Die dritte Neuerung betrifft Menschen, die noch nie länger in Deutschland gelebt haben - wie die beiden Klägerinnen in Belgien. Für diese Menschen gilt: Wer eine persönliche Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in Deutschland nachweisen kann und von ihnen betroffen ist, darf trotzdem seine Stimme bei Wahlen auf deutschem Boden abgeben.

Die Änderungen haben gleichzeitig zu einer Einschränkung und zu einer Ausweitung des Wahlrechts für Auslandsdeutsche geführt. Ausgeschlossen sind jetzt beispielsweise Rentner, die die Bundesrepublik vor 30 Jahren verlassen haben. "Es muss noch eine gewisse Bindung zu diesem Land da sein", sagt Brigitte Gisart vom Büro des Bundeswahlleiters. Andererseits dürfen nun auch Menschen wählen, die beispielsweise direkt hinter der belgischen Grenze leben und in Deutschland arbeiten oder bei einer deutschen Schule in Kenia angestellt sind - wenn sie denn Vertrautheit und Betroffenheit nachweisen können.

Auslandsdeutsche müssen sich bei der Gemeinde zur Wahl registrieren, in der sie zuletzt gelebt haben. Wenn sie noch nie einen Wohnsitz in Deutschland hatten, müssen sie sich bei der Gemeinde registrieren, aus der ihre "persönliche Vertrautheit" kommt, also beispielsweise in der deutschen Stadt, in der sie arbeiten.

Verwirrung vor der Wahl

Gisart sagt, dass durch bessere Informationspolitik und das Internet immer mehr Deutsche im Ausland an deutschen Wahlen teilnehmen wollen. Seit 1987 steigen die Zahlen stetig. Damals haben sich laut Gisart 31.000 Auslandsdeutsche für die Wahl registrieren lassen, 2009 waren es 65.731.

Merkel oder Steinbrück? Auch Auslandsdeutsche möchten diese Frage bei der Bundestagswahl mitentscheidenBild: Getty Images

Vielen Auslandsdeutschen scheint noch unklar, was das neue Gesetz für ihr Wahlrecht bedeutet. Je näher die Bundestagswahl rückt, desto stressiger wird es darum im Büro des Bundeswahlleiters. "Es erreichen uns täglich zahlreiche mündliche und schriftliche Anfragen", sagt Brigitte Gisart. "Und es werden von Tag zu Tag mehr." Sie weißt darauf hin, dass auf der Website des Bundeswahlleiterbüros vieles erläutert wird. Außerdem stehe dort der Registrierungsantrag zum Download bereit.

"Bürger ohne Rechte"

Henrike Klavert lebt seit 2006 im Ausland und seit Juli 2011 in Jakarta, Indonesien. Dort arbeitet sie bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Im Gegensatz zu Angela Fabel in Dubai ist ihr sehr wichtig, an deutschen Wahlen teilzunehmen. "Für mich ist das Recht zu wählen sehr eng mit der Staatsbürgerschaft verbunden", sagt Klavert auf Anfrage der DW. Deswegen ist sie auch erschüttert über die wieder eingeführte zeitliche Frist. " Ich finde es nicht richtig, Menschen nach 25 Jahren im Ausland das Recht zu wählen zu entziehen", sagt Klavert. "Es ist ja nicht so, dass sie dadurch in ihrer neuen Heimat wählen dürften. Damit macht man sie meiner Auffassung nach zu Bürgern ohne Rechte."

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