1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Einigung beim Zuwanderungsrecht

Friedel Taube
2. Oktober 2018

Der Fachkräftemangel macht's möglich: Beim Thema Zuwanderung hat sich die Koalition auf Eckpunkte geeinigt. Künftig gilt: Wer aus einem Nicht-EU-Land kommt und in Deutschland arbeiten will, hat es leichter.

Flüchtlinge als Fachkräfte
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Die gute Nachricht zuerst: Die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD ist noch regierungsfähig. Bis tief in die Nacht hatte man am Montag zusammengesessen, um dann in zwei zentralen Streitpunkten einen Kompromiss zu finden: Im Diesel-Streit, aber auch bei der Zuwanderung. Die zentralen Fragen beim Thema Zuwanderung lauteten im Vorfeld: Wie kann der Fachkräftemangel in Deutschland durch gezielte Einwanderung aus Nicht-EU-Ländern verringert werden und - welche Bleibeperspektive bietet man denjenigen, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, inzwischen aber Arbeit gefunden haben und gut integriert sind?

Auf folgende Eckpunkte hat sich die Koalition geeinigt:

Perspektiven für geduldete Flüchtlinge

Deutschland will mit dem geplanten Gesetz qualifizierte, internationale Fachkräfte anwerben. Ihnen soll es leichter gemacht werden, nach Deutschland zu kommen. Dabei spielt die Ausbildung natürlich eine große Rolle. Für Hochschulabsolventen gibt es bereits seit längerem die Möglichkeit einer "blauen Karte". Jetzt soll es aber auch für andere eine Bleibeperspektive geben, so etwa für Geduldete, also für Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber aus anderen Gründen nicht in ihr Heimatland zurückkehren können.

Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge lebten Ende Juni 2018 mehr als 230.000 Ausreisepflichtige in Deutschland, von denen knapp 174.000 eine Duldung hatten, also nicht ohne weiteres abgeschoben werden können. Für sie soll das Fachkräftezuwanderungsgesetz nun die Chance bieten, über einen festen Arbeitsplatz einen besseren Aufenthaltsstatus zu erlangen.

Kein "Spurwechsel"

Dennoch heißt es in dem nächtlichen Koalitionsbeschluss: "Am Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration halten wir fest." Das bedeutet, dass sich die SPD mit dem von ihr angestrebten "Spurwechsel" nicht zu 100 Prozent durchsetzen konnte. Der Kompromiss der Koalition sieht nun vor, geduldeten Flüchtlingen - die zwar keinen Anspruch auf Asyl haben, aber auch nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können - bei guter Integration entgegen zu kommen.

Für solche Fälle, so Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD), sollen im Aufenthaltsrecht "klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter" festgelegt werden. Welche das sein werden, steht allerdings noch nicht fest. Heil (SPD) bezeichnete die Regelung als "pragmatisch und lebensnah". Es dürften "nicht die falschen" Asylbewerber zurückgeschickt werden.

Einig nach langem Ringen: Sozialminister Heil (SPD), Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) und Innenminister Seehofer (CSU, v.l.) Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Weniger Einschränkungen

Bislang konnten Fachkräfte und Akademiker mit einer qualifizierten Berufsausbildung nur in solchen Berufen in Deutschland auch wirklich anfangen, für die die Bundesagentur für Arbeit Engpässe festgestellt hatte. Das ändert sich jetzt, die Einschränkung entfällt. Wer eine qualifizierte Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen sowie einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, soll auch in seinem Job arbeiten dürfen. Auf die bisher übliche Prüfung, ob nicht ein einheimischer Bewerber Vorrang hätte, wird im Grundsatz verzichtet. Es soll aber möglich sein, diese Prüfung zum Schutz einheimischer Arbeitnehmer rasch wieder einzuführen.

Erleichterte Einreise zur Arbeitssuche

Wer daran interessiert ist, in Deutschland zu arbeiten, wird in Zukunft die Möglichkeit bekommen, im Vorfeld für bis zu sechs Monate ins Land zu kommen, um nach einem Job zu suchen. Voraussetzung ist ein qualifizierter Berufsabschluss. Sozialleistungen können in der Zeit nicht bezogen werden.

"Wir halten an der Erfordernis fest, dass vor der Einreise die Sicherung des Lebensunterhalts nachgewiesen wird", heißt es nun in den Eckpunkten. In einem früheren Entwurf hatte es noch geheißen, zur Sicherung ihres Lebensunterhalts dürften die Fachkräfte in der Zeit der Arbeitssuche auch eine Tätigkeit unterhalb ihrer Qualifikation annehmen. Dies wurde gestrichen.

"Wir brauchen kluge Köpfe"

Lauer Kompromiss oder Zukunftsmodell? Die Reaktionen waren am Dienstag unterschiedlich. Wirtschaftsvertreter haben sich am Dienstag positiv über die Verständigung geäußert. Sie sei wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft aufrecht zu erhalten. "Dazu sind wir auf qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen", so der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter.

Der Digitalverband Bitcom machte klar: "Wir brauchen die klügsten Köpfe aus aller Welt". Weitergehende und langfristiger ausgerichtete Einreisebestimmungen forderte dagegen DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Der Opposition im Bundestag geht das Eckpunktepapier nicht weit genug. Der Koalitionskompromiss schaffe "statt Vereinfachungen und Erleichterungen für Migranten" nur "ein Mehr an Bürokratie und undurchsichtigen Regelungen", so die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat. FDP-Vize Katja Suding nannte es "nicht nachvollziehbar", warum "ein 23-Jähriger mit Ausbildungsvertrag in einem Altenheim nach Afghanistan abgeschoben werden" sollte.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen