Neun EU-Länder fordern Prüfung der Menschenrechtskonvention
23. Mai 2025
In einem offenen Brief, der am Donnerstag vom Büro der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni veröffentlicht wurde, fordern mehrere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine grundsätzliche Debatte über die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Anlass sei die Sorge, dass diese nicht mehr ausreichend auf die aktuellen Herausforderungen - insbesondere im Bereich Migration - reagiere.
Unterzeichnet wurde das Schreiben von den Regierungen Italiens, Dänemarks, Polens, Österreichs, Belgiens, Estlands, Lettlands, Litauens und Tschechiens.
Kritik an Urteilen zu Migration
Veröffentlicht wurde die Erklärung im Anschluss an ein Treffen zwischen Meloni und der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in Rom. Beide Regierungschefinnen vertreten eine restriktive Einwanderungspolitik. In der gemeinsamen Erklärung heißt es: "Wir müssen das richtige Gleichgewicht wiederherstellen." Die Zeit sei reif für eine Diskussion darüber, "wie die internationalen Konventionen den Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden".
Die Unterzeichner forderten zudem, "einen Blick darauf zu werfen, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention entwickelt hat".
Der Gerichtshof in Straßburg hatte zuletzt Fälle gegen Lettland, Litauen und Polen verhandelt, bei denen es um die angeblich rechtswidrige Behandlung von Migranten ging. Dänemark wurde zudem aufgefordert, seine Regelungen zur Familienzusammenführung zu ändern. Der Gerichtshof hatte außerdem Italien mehrfach wegen seiner Behandlung von Migranten verurteilt.
Wörtlich heißt es in dem offenen Brief der neun Länder, man frage sich, "ob der Gerichtshof in einigen Fällen den Geltungsbereich der Konvention zu weit ausgedehnt und damit das Gleichgewicht zwischen den zu schützenden Interessen verschoben" habe. In bestimmten Fällen sei so die Fähigkeit der Länder eingeschränkt worden, "politische Entscheidungen in unseren eigenen Demokratien zu treffen".
EU-Staaten fordern neue Regeln für Abschiebungen
Laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex ist die Zahl der festgestellten irregulären Grenzübertritte in die Europäische Union im vergangenen Jahr um 38 Prozent auf 239.000 Fälle zurückgegangen. 2023 hatten die irregulären Einreisen den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht.
Dennoch forderten die EU-Staats- und Regierungschefs von der EU-Kommission bei ihrem Gipfel im Oktober 2024 "dringend" neue Abschieberegeln. Zuvor war der politische Druck in Deutschland, Österreich und anderen Ländern deutlich gestiegen.
pgr/AR (afp, ap)
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