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Politik

Proteste im Iran: Geheimdienst nimmt neun Europäer fest

30. September 2022

Der iranische Geheimdienst hat im Zusammenhang mit den anhaltenden Unruhen im Land neun Europäer festgenommen, darunter ein deutscher Bürger. Zudem werden mehrere westliche Botschaften beobachtet.

Proteste in Iran
Auch in Teheran halten die Kundgebungen gegen das Regime anBild: iran-emrooz

Die anderen festgenommenen Ausländer kommen demnach aus Frankreich, den Niederlanden, Italien, Polen und Schweden. Sie werden beschuldigt, entweder direkt an den systemkritischen Protesten im Iran teilgenommen oder im Hintergrund agiert haben, wie das Geheimdienstministerium mitteilte. Weitere Details zu den festgenommenen Ausländern wurden nicht genannt. Laut Geheimdienst stehen mehrere Botschaften, unter anderem die Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, unter Beobachtung.

Außerdem seien 256 Mitglieder von verbotenen Oppositionsgruppen festgenommen worden, teilte das Ministerium mit. Auch Menschenrechtsgruppen meldeten die Festsetzung von Dutzenden von Aktivisten, Studenten und Künstlern sowie von kurdischen Separatistengruppen. Auch seien einige Iraner, die für ausländische Medien arbeiteten, entweder in Gewahrsam genommen oder einbestellt und verhört worden. Das Komitee zum Schutz von Journalisten schrieb auf Twitter, die Sicherheitskräfte hätten bis zum 29. September mindestens 28 Journalisten verhaftet. Am Freitag wurde nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Irna auch der iranischeEx-Fußballspieler Hossein Manahi in Gewahrsam genommen, nachdem er die Proteste in den Onlinenetzwerken unterstützt hatte.

Das seit der Revolution von 1979 islamistisch regierte Land erlebt eine selten dagewesene Protestwelle, die sich seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Polizeigewahrsam entwickelt hat. Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie gegen die Kopftuch-Regeln verstoßen hatte. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was genau mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Kurdin war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Viele Todesopfer bei Protesten

Seit dem Tod der jungen Frau demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung und der Sicherheitskräfte sowie das islamische System. Dabei sind nach offiziellen Angaben 41 Menschen ums Leben gekommen. Die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Fars meldete rund 60 Tote. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, dass die iranische Regierung bei der Niederschlagung der Demonstrationen bisher mindestens 52 Menschen getötet und Hunderte verletzt habe. In Deutschland haben führende Politiker der FDP und der Grünen personenbezogene Strafmaßnahmen gegen Vertreter des Regimes in Teheran gefordert.

Bei Zusammenstößen im Südosten des Irans wurden derweil nach Meldungen iranischer Staatsmedien 19 Menschen getötet. Unter den Toten in der Provinz Sistan-Belutschistan sei auch Ali Mussawi, ein Oberst der Revolutionsgarden, sagte Regionalgouverneur Hossein Chiabani. Mussawi sei in der Provinz für die Geheimdienste zuständig. 20 Menschen seien bei den Unruhen verletzt worden. Nach Angaben des regionalen Polizeichefs Achmed Taheri wurden drei Polizeistationen angegriffen.

Proteste in der Stadt Sahedan im Südosten des IranBild: UGC

Der Fernsehsender Iran International mit Sitz in London strahlte Filmaufnahmen vom Freitag aus der südostiranischen Stadt Sahedan aus, die offensichtlich Polizisten dabei zeigen, wie sie mit ihren Schusswaffen auf Männer feuern, die eine Polizeiwache angreifen. Zu sehen waren auch Männer mit blutenden Wunden, die auf Tragen lagen. Sahedan ist die Hauptstadt der Provinz Sistan-Belutschistan.

Schießbefehl in Provinz Masandaran?

Amnesty International warf den iranischen Behörden vor, mit Absicht tödliche Gewalt zur Unterdrückung der Proteste einzusetzen. Laut einem der Menschenrechtsorganisation zugespielten offiziellen Dokument wies der Befehlshaber der Streitkräfte in der Provinz Masandaran seine Untergebenen an, "gnadenlos, bis hin zur Verursachung von Todesfällen, gegen jede Art von Unruhen durch Randalierer und Anti-Revolutionäre vorzugehen".

 kle/wa (afp, rtr, dpa)

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