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Politik

Neun Jahre Haft für Brittney Griner in Russland

15. August 2022

Die US-Basketballerin wurde des illegalen Drogenbesitzes schuldig gesprochen. Das Gericht im Norden Moskaus sprach von Vorsatz. Brittney Griner hatte zuvor einen "Fehler" zugegeben. Nun geht sie in Berufung.

Russland | Fall Brittney Griner | Russische Staatsanwaltschaft fordert lange Haftstrafe
Im Käfig für Angeklagte - die US-Basketballerin Brittney Griner vor Gericht in der Stadt Chimki nördlich von MoskauBild: Anton Novoderezhkin/TASS/dpa/picture alliance

Ein russisches Gericht hat die US-Basketballerin Brittney Griner wegen illegalen Drogenbesitzes zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie Cannabis nach Russland gebracht hatte. Zudem wurde eine Geldstrafe von einer Million Rubel (umgerechnet 16.000 Euro) verhängt. Sie habe die Tat bewusst begangen, erklärte das Gericht.

Die Staatsanwaltschaft hatte neuneinhalb Jahre Haft gefordert, die Verteidigung verlangte einen Freispruch. Griners Anwälte gehen davon aus, dass ein Gefangenentausch zwischen Russland und den USA auf das Gerichtsurteil folgen könnte.

Griner hat inzwischen Berufung gegen das Urteil eingelegt. Wie die russischen Behörden damit umgehen werden, ist noch nicht bekannt.

Es geht um 0,5 Gramm Haschisch-Öl

Griner sitzt seit fünfeinhalb Monaten in Untersuchungshaft. Die Athletin soll bei einer Kontrolle ihres Gepäcks am Moskauer Flughafen Scheremetjewo im Februar sogenannte Vape-Kartuschen und Haschisch-Öl bei sich gehabt haben. Es soll sich um 0,5 Gramm gehandelt haben. Griner hat sich schuldig bekannt.

Die 31-Jährige hatte in den USA medizinisches Marihuana verschrieben bekommen, um Schmerzen bei chronischen Verletzungen zu lindern - eine Behandlungsmethode, die bei Spitzensportlern weit verbreitet ist, weil sie weniger Nebenwirkungen hat als manche Schmerzmittel. In Russland ist Cannabis sowohl für medizinische als auch für Freizeitzwecke illegal.

Der Fall hat eine politische Komponente

Sie habe einen "Fehler" gemacht, sagte Griner. Zugleich wies sie den Vorwurf des Drogenschmuggels zurück und fügte hinzu: "Ich hoffe, dass Ihr Urteil nicht mein Leben beendet." Dann brach sie in Tränen aus.

US-Außenminister Blinken (links) hat zu dem Fall mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow telefoniert (Archivbilder)

US-Präsident Joe Biden nannte die Entscheidung in einer ersten Reaktion "inakzeptabel". Er forderte Russland auf, die Sportlerin "unverzüglich freizulassen, damit sie wieder mit ihrer Frau, ihren Verwandten und Teamkollegen vereint werden kann".

Der Prozess hat längst auch eine politische Komponente: Washington wirft Moskau ein politisch motiviertes Verfahren vor. Biden hatte Brittney Griners Ehefrau Cherelle in einem Telefonat Anfang Juli Hilfe zugesagt. Bei einem Telefonat zwischen US-Außenminister Antony Blinken und dessen russischem Kollegen Sergej Lawrow ging es auch um die Möglichkeit eines Gefangenenaustausches.

Lawrow offen für Gefangenenaustausch

Die Regierung in Washington versucht, Griner und den ebenfalls in Russland inhaftierten früheren US-Soldaten Paul Whelan freizubekommen. Moskau fordert im Gegenzug nach US-Angaben unter anderem die Freilassung des wegen des Berliner Tiergarten-Mordes in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilten Russen Vadim K.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich unterdessen offen für einen möglichen Gefangenaustausch mit den USA. "Wir sind bereit, dieses Thema im Rahmen des von den Präsidenten Putin und Biden vereinbarten Kanals zu diskutieren", sagt Lawrow.

Die Basketballerin ist sehr erfolgreich

Seit 2015 spielte Griner beim Team UMMC Jekaterinburg im Ural. Mit dem Spitzenclub gewann sie viermal die Euroleague. Griner gilt als eine der besten Basketballerinnen in der amerikanischen Frauen-Profiliga WNBA. Mit den Phoenix Mercury gewann sie 2014 die Meisterschaft, mit der US-Nationalmannschaft holte sie außer zwei Olympiasiegen auch zweimal Gold bei Weltmeisterschaften. Viele Profispielerinnen wie Griner sind außer in ihren Heimatligen zudem im Ausland aktiv, unter anderem in Russland.

Mitspielerinnen bekunden Solidarität

Arm in Arm standen die Basketballerinnen der Phoenix Mercury und Connecticut Sun bei gedimmten Hallenlicht am Mittelkreis. Für "42 Sekunden Stille für unsere Schwester" schwiegen beiden Teams am Donnerstag (Ortszeit) vor Spielbeginn ihrer Partie in der nordamerikanischen Profiliga WNBA und gedachten Griner. Die Stille wurde nur durch einzelne "Bringt sie nach Hause"-Rufe aus dem Publikum unterbrochen. 

"Niemand von uns wollte heute eigentlich spielen", erklärte Griners Mitspielerin Skylar Diggins-Smith. "Wie kann man das Spiel auch mit einem klaren Kopf angehen? Alle von uns haben vor dem Spiel geweint." Diamond DeShields beschrieb die Situation wie folgt: "Es ist, als ob man darauf warten würde, dass eine Bombe hochgeht. So fühlt es sich an, sie hinter Gittern zu sehen." Die Mercury verloren die Partie gegen die Sun mit 64:77. Doch Diggins-Smith und ihr Team wollen "weiterhin versuchen, ihren Geist am Leben zu halten."  Das versucht auch die Liga: So sind in den Spielhallen dieser WNBA-Saison die Initialen Griners "BG" und ihre Trikotnummer 42 auf dem Parkett verewigt.

nob/jj (dpa, afp, rtr, sid)

Dieser Artikel wurde am 15.8.2022 aktualisiert

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