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Neun Jahre Haft für Chodorkowski und Lebedjew

31. Mai 2005

Im Prozess gegen Michail Chodorkowski, den ehemaligen Gründer des russischen Ölkonzerns Yukos, ist nach tagelanger Verzögerung das Strafmaß festgelegt worden: neun Jahre Gefängnis ohne Bewährung.

Michail Chodorkowski wird aus dem Gerichtssaal geführtBild: AP

Auch Chodorkowskis Geschäftspartner Platon Lebedjew wurde von dem Gericht zu neun Jahren Haft verurteilt. Die beiden wurden des Betrugs, der Steuerhinterziehung und der Geldwäsche schuldig gesprochen.

In dem kritisierten Strafprozess blieb die Richterin damit knapp unter der von der Anklage geforderten Höchststrafe von zehn Jahren. Die beiden Geschäftsleute müssen zudem 17 Milliarden Rubel (483 Millionen Euro) Steuern und Strafen zahlen. Der dritte Angeklagte, Andrej Krainow, wurde zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt.

"Basmanny-Justiz"

Chodorkowski kommentierte das Urteil mit Zynismus: "Ich denke, dies ist ein Testament der Basmanny-Justiz." Basmanny ist der Name des Gerichts, in dem die ersten Anhörungen des Verfahren stattfanden. Für die Anhänger Chodorkowskis ist der Name mittlerweile zum Synonym für die Korruption der russischen Justiz geworden.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat sich zufrieden über die Verurteilung geäußert. "Wir halten das Urteil für objektiv und gerecht", sagte die Behördensprecherin Natalja Wischnjakowa.

Die Anwälte Chodorkowskis hatten bereits vor dem Urteilsspruch angekündigt, sie würden das Urteil anfechten - nicht nur in Russland, sondern eventuell auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Vorwurf: Racheakt

Der Prozess hatte im Juni vergangenen Jahres begonnen. Prozessbeobachter sahen das Verfahren als Racheakt des Kreml, weil Chodorkowski vor der Parlamentswahl 2003 Oppositionsparteien finanziell unterstützt und sich offen gegen die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt hatte.

Die Urteilsverkündung war einmal verschoben worden und dauerte insgesamt rund zwei Wochen, weil Richterin Kolesnikowa die 1000 Seiten lange Urteilsbegründung verlas. Kritiker sahen darin einen Versuch, das nationale und auch internationale Interesse an dem Urteil zu dämpfen.

"Keine negativen Auswirkungen"

Das Urteil wird nach Auffassung eines engen Vertrauten von Präsident Wladimir Putin keine negativen Auswirkungen für das Land haben. Der Vorsitzende des russischen Föderationsrates, Sergej Mironow, sagte, Chodorkowskis Verurteilung sei keine Überraschung.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat das Verfahren in Moskau als "unfair" kritisiert. Im Fall Chodorkowski lasse vieles auf eine politische Motivation der strafrechtlichen Verfolgung schließen, erklärte der Russland-Experte der deutschen AI-Sektion, Peter Franck. Amnesty International habe sich "wegen Verletzungen der Grundsätze über ein faires Verfahren" an die russischen Behörden gewandt.

Für Chodorkowski ist dies nur ein schwacher Trost. In Kürze muss er mit einer weiteren Anklage rechnen. Die Staatsanwaltschaft kündigte am Dienstag kurz nach der Verurteilung neue Anklagepunkte an. "Es gibt weitere Verbrechen, die in diesem Prozess nicht behandelt wurden", sagte ein Sprecher, ohne Details zu nennen. (iu)

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