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PolitikAsien

Südkoreas Präsident Moon besucht USA

Martin Fritz aus Tokio
21. Mai 2021

Beim Treffen mit US-Präsident Biden will Südkoreas Präsident Moon eine schnelle Wiederaufnahme der Atomverhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang erreichen. Ihm selbst läuft die Zeit davon. Martin Fritz aus Tokio.

Südkorea Militär l KF-21 Kampfjet, Präsident Moon Jae-in
Der südkoreanische Präsident vor dem Prototyp eines KampfjetsBild: Yonhap/REUTERS

Auch der zweite Staatsgast im Weißen Haus reist aus Ostasien an. Nach Japans Premierminister Yoshihide Suga am 16. April trifft US-Präsident Joe Biden am Freitag (21.05.) seinen Amtskollegen Moon Jae-in aus Südkorea. Mit der Bevorzugung will Biden die Beziehungen der USA zu den beiden Verbündeten in Ostasien reparieren. Sein Vorgänger Donald Trump setzte Japan und Südkorea wegen ihrer hohen Exporte in die USA unter Druck und verlangte einen höheren Finanzbeitrag zu den Sicherheitsallianzen.

Dagegen schmiedet Biden ein starkes Bündnis der Demokratien gegen Chinas Hegemonieansprüche insbesondere in Asien und behandelt Japan und Südkorea als ebenbürtige Partner. "Die Amerikaner hören unter Biden viel mehr zu und stimmen sich mehr und enger mit Südkorea ab", analysiert Thomas Yoshimura, Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul.

Japans Premier Suga (l.) war der erste ausländische Gast im Weißen HausBild: Doug Mills/Getty Images/AFP

Ganz oben auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens in Washington steht der künftige Umgang mit dem Atomprogramm von Nordkorea. Unter Führer Kim Jong Un wurden Langstreckenraketen entwickelt, die Atomsprengköpfe in die USA tragen könnten. Nach einer Überprüfung der US-Diplomatie hat sich die Biden-Administration für einen Mittelweg zwischen Barack Obamas "strategischer Geduld" mit Pjöngjang und Donald Trumps Streben nach einem "großen Deal" mit einem umfassenden Abrüstungsvertrag entschieden. Wie seine ersten Schritte aussehen werden, hat Biden aber noch nicht angedeutet.

Nordkoreas Füher Kim beim Raketentest im März 2020Bild: Reuters/KCNA

"Praktischer" Politikansatz

Präsident Moon bringt eigene Vorstellungen nach Washington mit. "Wir werden den Dialog zwischen den Koreas sowie zwischen den USA und Nordkorea wiederherstellen", kündigte er vergangene Woche an. Die neue US-Strategie sei darauf ausgerichtet, die komplette Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel durch "Diplomatie mit einem flexiblen und praktischen Ansatz in kleinen Schritten" zu erreichen, sagte Moon. Das Treffen mit Biden solle helfen, die Nordkorea-Politik von USA und Südkorea "enger zu koordinieren". Unter Denuklearisierung verstehen die USA und Südkorea, dass Nordkorea auf Atomwaffen ganz verzichtet.

Allerdings läuft Moon die Zeit davon, da seine Präsidentschaft in Mai 2022 endet. Das letzte Amtsjahr biete ihm eine "letzte Chance", um von einem "unvollständigen zu einem unumkehrbaren Frieden zu gelangen", erklärte der Präsident. Er wolle sich dabei jedoch nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Aber falls die USA die Gespräche wieder aufnehmen und Nordkorea mitspielt, würde sich Moon wohl für eine Denuklearisierung in Phasen einsetzen.

Dabei müsste man die Sanktionen schrittweise lockern. "Moon wird versuchen, in seiner verbleibenden Zeit noch nachhaltige Impulse zu setzen", meint Yoshimura. "So könnte er seinen Vorschlag erneuern, eine formale Beendigung des Korea-Krieges zu erklären."

USA, Indien, Australien und Japan haben sich zum Quad-Format zusammengeschlossenBild: Jim LoScalzo/CNP/AdMedia/picture alliance

Engagement bei der Quad-Initiative

Allerdings dürfte Präsident Biden für den schnellen Neustart der Gespräche mit Nordkorea eine Gegenleistung verlangen. Die USA drängen nämlich darauf, dass Südkorea sich der Quad-Allianz anschließt. Dieser "Quadrilaterale Sicherheitsdialog" zwischen den demokratischen Ländern USA, Japan, Australien und Indien strebt nach einem "offenen und freien" Indopazifik und betrachtet sich als diplomatisches Bollwerk gegen Chinas Expansion.

Doch dieses Bekenntnis kommt für Südkorea nicht in Frage. Vielmehr will man einen Mittelweg zwischen Peking und Washington gehen, passend zum historischen Selbstbild von Korea, das sich selbst oft als "Garnele zwischen Walen" wahrnimmt, als kleines Land zwischen großen Mächten.

Moon mit Chinas Präsident Xi 2017Bild: picture-alliance/YONHAPNEWS AGENCY

Südkoreas Dilemma ist offensichtlich: Einerseits braucht man die Sicherheitsallianz mit den USA, um sich gegen Nordkorea zu verteidigen. Bei einem neuen Korea-Krieg unterstehen seine Truppen den USA. Andererseits ist Südkorea wirtschaftlich so eng wie kein anderes Land mit China verbunden. Diese Abhängigkeit beeinflusst längst die Außenpolitik. So verkündete die Moon-Regierung im Oktober 2017 ihre drei sicherheitspolitischen Neins, die auch chinesische Interessen berücksichtigen: Nein zur Stationierung eines zweiten US-Raketenabwehrsystems auf südkoreanischem Boden, Nein zur Beteiligung an einer US-geführten regionalen Raketenabwehr und Nein zur Umwandlung der trilateralen Sicherheitsallianz mit den USA und Japan in ein echtes Militärbündnis.

Wegen der anti-chinesischen Stoßrichtung der Quad sieht sich Südkorea nicht imstande, der Initiative direkt beizutreten. Ganz abschlagen kann man den Wunsch seines Beschützers USA nach einem Quad-Engagement aber nicht. "Der Druck auf Südkorea ist sehr hoch, sich an Quad plus zu beteiligen. Ein gangbarer Kompromiss könnte darin bestehen, dass diese Gruppe noch deutlicher als nicht anti-chinesisch deklariert wird", sagt Korea-Kenner Yoshimura. Eine Lösung könnte so aussehen, dass sich Südkorea nur den drei Quad-Arbeitsgruppen zu Impfstoffen, Hochtechnologien und Klimawandel anschließt.

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