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NFTs: Hype oder Zukunft?

Andreas Becker | Nicolas Martin
17. November 2021

Mit ihrer NFT-Auktion begibt sich die DW in eine Sphäre, in der Elemente einer zukünftigen Finanzwelt zu erkennen sind. Warum interessiert uns diese Technologie so?

DW Made in Germany | NFT
Bild: DW

Kann man bei digitalen Dateien zwischen Original und Kopie unterscheiden? Ja, verspricht eine Technologie namens NFT. Um mehr darüber zu erfahren, hat die DW-Wirtschaftsredaktion eine Experiment gewagt und selbst ein digitales Werk zur Auktion im Internet angeboten.

Dabei gab es allerhand zu lernen - angefangen bei Geldbörsen für Kryptowährungen: Die sind nicht aus Leder oder Stoff, sondern aus Zahlen. In unserem Fall: 0x277C535dF402837F89074D51761BBd8594475995

Im Wallet sind derzeit ein paar Bruchteile der Kryptowährung ETH. Das steht für Ether bzw. Ethereum, nach Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung (es gibt tausende).

Bitcoin, Ethereum und viele andere basieren jeweils auf einer sogenannten Blockchain. Das ist eine Art endlose Kassenrolle, in der sämtliche Aktivitäten einer Kryptowährung festgeschrieben sind: jede Bezahlung, jede Überweisung, alles.

All das geschieht dezentral, also ohne übergeordnete Instanzen wie Zentralbanken oder Regierungen. Stattdessen werden sämtliche Einträge in die große Kassenrolle von weltweit verstreuten Computern erledigt, die dazu kryptografische Rechenaufgaben lösen müssen (daher das Krypto in Kryptowährung). Das Prinzip dabei: man soll nicht schummeln können. Einzelne Einträge sind nicht veränderbar, ohne das komplette System zu kompromittieren.

Energiehungrig

Wegen der dafür nötigen Rechenleistung verbraucht diese Arbeitsweise, die auch proof-of-work genannt wird, sehr viel Energie und wird deshalb aus ökologischen Gründen stark kritisiert. Es gibt bereits alternative Methoden, die weniger energiehungrig sind, etwa proof of stake. Ethereum hat angekündigt, im kommenden Jahr auf dieses Verfahren zu wechseln.

Trotz einiger Gemeinsamkeiten haben Kryptowährungen unterschiedliche Fähigkeiten. Insbesondere Ethereum und einige neuere Währungen werben mit einem größeren Funktionsumfang als Bitcoin, der weit über das einfache Bezahlen hinausgeht.

DW-Profil auf der Auktionsseite FoundationBild: DW

Zwei dieser Features sind für die NFT-Auktion der DW von Bedeutung: das NFT selbst und Smart Contracts.

Mit einem NFT (non fungible token) wird aus einer digitale Datei ein potentiell wertvolles Original, weil die Datei damit von ihren theoretisch endlosen Kopien unterschieden werden kann. Im Prinzip ist ein NFT nur ein Eintrag in der Blockchain, der auf eine digitale Datei zeigt und diese so als Original ausweist. Wechselt das NFT den Besitzer, wird das in der Blockchain ebenso vermerkt wie jede andere Transaktion.

Sich selbst ausführende Verträge

Ein intelligenter Vertrag (Smart Contract) ist ein Programmcode, der Vereinbarungen enthält und sie bei Inkrafttreten auch selbstständig ausführt.

Am Beispiel der NFT-Auktion: Nach Auktionsende geht das NFT automatisch in den Besitz des Höchstbietenden. Vorher wird aus dessen Wallet der entsprechende Betrag an den Anbieter überwiesen und dabei gleich eine eventuell anfallende Provision für den Plattformbetreiber - in unserem Fall 15 Prozent - abgezogen. Dass die Einnahmen direkt an Reporter ohne Grenzen gehen, ist bei unserer Auktion ebenfalls Teil des Vertrags. Man kann sogar festschreiben ob (und wenn ja, mit welchem Prozentsatz) der ursprüngliche Anbieter beteiligt wird, sollte der neue Eigentümer das NFT in Zukunft weiterverkaufen.

Der Fantasie von Kryptofans sind bei Smart Contracts kaum Grenzen gesetzt: Sie träumen von einer dezentralisierten Finanzbranche (DeFi), in der selbst für hochkomplexe Finanzprodukte wie Derivate nur noch ein Smartphone und ein Wallet benötigt werden - aber keine Banken.

Umbruch, ja - aber auch besser?

Diese neue Finanzwelt hat das Potenzial, bestehende Strukturen durcheinander zu wirbeln und aufzubrechen - ähnlich, wie das bereits in der Musik- und Filmindustrie geschehen ist, wo Spotify und Netflix heute mächtiger sind als Plattenfirmen und Filmstudios.

Makeni im Nordosten von Sierra Leone. Transferdienstleister wie Western Union wurden oft für hohe Gebühren kritisiert.Bild: picture-alliance/ZB

Besonders hoch sind die Erwartungen in Ländern, wo die alten Strukturen kaum vorhanden sind - Länder ohne gut funktionierende Finanzbranche, ohne Rechtssicherheit oder ohne stabile Währung.

Was allerdings nicht heißt, dass die Finanzwelt der Zukunft zwangsläufig besser oder auch nur günstiger sein wird. Beispiele aus der DW-Auktion: Jeder Eintrag in der Blockchain kostet Geld, eine sogenannte Gas-Fee, die in ETH bezahlt werden muss. Nimmt man die Kreditkarte, können schnell mal elf Prozent Gebühren anfallen, bevor frische Kryptowährung im Wallet ist. Das ist deutlich mehr, als selbst Klassiker wie Western Union oder Moneygram für Geldtransfers rund um den Globus nehmen.

Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.
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