1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Nicaragua 2.0: Wiederholt sich die Geschichte?

19. Juli 2018

Die Krise in Nicaragua spitzt sich zu. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die Europäische Union erhöhen den Druck auf die Ortega-Regierung. Verpufft er wieder - wie in Venezuela?

Einmarsch der Sandinisten in Managua Nicaragua 1979
Bild: picture-alliance/dpa

Bis in die frühen Morgenstunden hatte die Organisation Amerikanischer Staaten in Washington fieberhaft nach einer Lösung gesucht, dann konnten sich die Mitgliedsländer endlich auf eine Resolution für Nicaragua einigen. Demnach müssten der Friedensplan umgesetzt werden, die Menschenrechte für alle gelten und freie Wahlen durchgeführt werden. Die Regierung in Managua sei verantwortlich für die dramatische Situation im Land und müsse sich nun bewegen.

Die Rede ist nicht vom 19. Juli 2018, sondern vom 24. Juni 1979. Einen Monat nach der OAS-Resolution flüchtete der Präsident Nicaraguas, Anastasio Somoza, nach Miami - mitsamt der Staatskasse. Die Macht übernahm eine sandinistische fünfköpfige Regierungsjunta. Zu ihrer Führung gehörte ein gewisser Daniel Ortega.

Ähnliche Resolution nach fast vier Jahrzehnten

Fast 40 Jahre später hat sich die Organisation Amerikanischer Staaten erneut auf eine Resolution zu Nicaragua geeinigt, und ihr Inhalt ist dem Papier vor vier Jahrzehnten verblüffend ähnlich. So ähnlich, dass man fast glauben könnte, die Resolution von 1979 hätte als Vorlage gedient, nur hätte man in Washington einige Namen ausgetauscht. Mit 21 Ja-Stimmen (nur Nicaragua, die Insel St. Vincent und die Grenadinen sowie Venezuela stimmten dagegen) verurteilte die OAS die Repression und die Verletzung der Menschenrechte. Gleichzeitig forderte die Staatengemeinschaft von der Regierung um Präsident Daniel Ortega ein Ende der Gewalt und die Entwaffnung paramilitärischer Einheiten, die aktive Teilnahme am nationalen Friedensdialog sowie vorzeitige und freie Wahlen. In dieser Woche stellte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eine ähnliche Forderung. 

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega posiert siegessicher mit zwei Polizisten in MasayaBild: picture-alliance/AP Photo/C. Venegas

Bleiben Daniel Ortega am Ende auch nur noch einige Wochen oder verpufft der internationale Druck genauso wie in Venezuela?

OAS kommt als Vermittler noch eher in Frage als die EU 

"Ortega spielt auf Sieg, für ihn geht es um alles oder nichts. Bisher ist er noch keinen Zentimeter zurückgewichen. Macht er Zugeständnisse, bricht sein Herrschaftsprinzip zusammen." Günter Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik erwartet nicht, dass der internationale Druck Ortega zum Einlenken bewegt. Die Regierung in Managua akzeptiere auch nur die OAS als Vermittlungspartner. "Sie ist der einzige Akteur, auf den Ortega bisher eingegangen ist, obwohl er den vorgeschlagenen Plan de facto ins Leere hat laufen lassen", sagt Maihold. Wenn es eine Lösung mit internationaler Hilfe gibt, dann nur mit der Organisation Amerikanischer Staaten, mit der Ortega zumindest gesprochen habe.

Die Appelle der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini finden in Nicaragua anscheinend kaum BeachtungBild: Getty Images/AFP/J. Thys

Und die Europäische Union? "Die EU ist zu weit weg, die Beziehungen mit Nicaragua sind außerdem nicht so gut, dass Brüssel für Managua als Vermittler in Frage kommt", ist sich Lateinamerika-Experte Maihold sicher. Die EU habe in der Vergangenheit zunehmend einen Konfrontationskurs zu Nicaragua gefahren, vor allem aber die Entwicklungszusammenarbeit mit dem mittelamerikanischen Land entweder drastisch reduziert oder komplett eingestellt. Bei der Pressekonferenz nach dem Treffen der Außenminister der Europäischen Union und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) in Brüssel hatte Mogherini gesagt, sie habe dem Außenminister Nicaraguas, Denis Moncada, einen Brief mit der Bitte um eine schnelle Antwort geschrieben. Möglich also, dass die EU-Außenbeauftragte etwas länger auf eine Antwort warten muss. 

Nicaragua droht internationale Isolierung wie Venezuela 

"Ortega will bis Ende 2021 im Amt bleiben und schafft jetzt Fakten wie in Masaya", sagt Maihold. Die Stadt gilt als Oppositionshochburg und ist inzwischen wieder unter der Kontrolle der Regierung. Trotzdem sei es richtig, dass die internationale Gemeinschaft den Druck aufrechterhalte. Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitsorgane und durch paramilitärische Einheiten dürften nicht ungeahndet bleiben, die Bischöfe müssten bei ihrer Vermittlungsmission die volle Unterstützung bekommen. Am wichtigsten aber, so Maihold, sei es, die Regierung in Nicaragua spüren zu lassen, "dass sie mit einer solchen Politik international isoliert ist und wie Venezuela keine Möglichkeit hat, von der Weltgemeinschaft irgendeine Unterstützung zu bekommen."

Proteste gegen die Regierung Nicaraguas vor dem Sitz der OAS in Washington Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Martin

Anastasio Somoza hatte Ende Juni 1979 die Resolution der Organisation Amerikanischer Staaten übrigens brüsk zurückgewiesen.  Diese "repräsentiere den eindeutigen Versuch, die Souveränität Nicaraguas zu verletzen, indem man eine liberale Regierung stürzen will". Auf die Antwort Ortegas im Juli 2018 kann man gespannt sein.  

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen