'Brutus' ganz oben
6. Mai 2007Mit seinem klaren Sieg gegen die Sozialistin Ségolène Royal hat Nicolas Sarkozy, der Mann in Eile, seinen Lebenstraum verwirklicht. Dabei schien er bereits Mitte der 1990er Jahre politisch am Ende zu sein. Nachdem der konservative Senkrechtstarter es mit gerade Ende 30 zum Haushaltsminister und Regierungssprecher geschafft hatte, setzte er bei den Präsidentschaftswahlen 1995 aufs falsche Pferd: Statt seinen Entdecker und politischen Ziehvater Jacques Chirac zu unterstützen, wechselte er ins Lager von dessen Gegner Edouard Balladur. Doch Chirac gewann und ist seit fast zwölf Jahren Präsident der Franzosen.
Brutus und Bonapartist
Sarkozy hieß fortan der "Verräter", den Chiracs Ehefrau Bernadette mit dem Beinamen "Brutus" belegte. Viele hätten aufgegeben. Doch Nicolas Sarkozy, 1955 als Sohn eines ungarischen Aristokraten und einer jüdisch-griechischen Mutter in Paris geboren, kann nicht von der Macht lassen - und ist damit seinem einstigen Mentor Chirac sehr ähnlich. "Du bist für die Politik gemacht", hatte ihm dieser gesagt, als er den langhaarigen Rechtsstudenten Mitte der 1970er Jahre auf einer Parteiveranstaltung entdeckte.
Stück für Stück musste sich der begnadete Redner Sarkozy nach der politischen Fehlspekulation wieder nach oben buckeln. Sein ans Fanatische grenzender Aktivismus und seine offene Sprache haben ihn zu einem der populärsten Politiker des Landes gemacht. Allerdings halten ihn nicht nur viele Linke für einen rücksichtslosen Bonapartisten, der vor allem für das eigenen Ego kämpft. Für die Jugendlichen in den Vorstädten ist der Law-and-Order-Minister zur Hassfigur geworden, seit er sie als "Gesindel" bezeichnete und vorschlug, die Problemviertel mit dem Hochdruckreiniger zu säubern.
Angler im Teich Le Pens
2004 bemächtigte sich Sarkozy gegen den Widerstand Chiracs dessen Union pour un Mouvement Populaire (UMP). Er räumte alle potenziellen Widersacher des eigenen Lagers aus dem Weg, nicht zuletzt Chirac selbst. In seinem Wahlkampf propagierte Sarkozy zunächst einen "Bruch" mit dem System Chirac, später wurde daraus ein "friedlicher Bruch". Die Wahlkampfunterstützung für Sarkozy, die zu gewähren sich Chirac genötigt sah, ist ohne jeden Enthusiasmus.
Die Sozialisten haben Sarkozy zu einem "amerikanischen Neokonservativen mit französischem Pass" abgestempelt. Der Kandidat selbst versuchte, sein Image als knallharter Machtmensch abzumildern. Als Versöhner und Präsident aller Franzosen präsentierte er sich in seinem Wahlkampfmanifest. Im Zentrum seines Präsidentschaftsprojektes stehen eine Aufwertung der Arbeit und die "Verteidigung" der nationalen Identität.
In der Arbeits- und Sozialpolitik allerdings sagt Sarkozy den reformresistenten Franzosen klar, dass es so nicht weitergehen kann. Vollbeschäftigung in fünf Jahren ist sein Ziel. Dafür will er unter anderem die als heilig geltende 35-Stunden-Woche aufweichen. Schon im Sommer will er mit einem Reform-Stakkato beweisen, dass er es ernst meint.