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Niederländischer Neubeginn

22. Juli 2002

Königin Beatrix der Niederlande hat am Montag (22.7.2002) das neue Kabinett in Den Haag vereidigt. Die Mitte-Rechts-Koalition will die Einwanderungsbestimmungen verschärfen und die innere Sicherheit stärken.

Jan Peter Balkenende, der neue Premierminister der NiederlandeBild: AP

Die Niederlande werden von einer Dreierkoalition aus den Mitte-Rechts-Parteien Christlich-Demokratischer Appell (CDA), Liste Pim Fortuyn (LPF) und der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) regiert. Eigentlich wollte die rechtliberale VVD in die Opposition gehen, aber aus Mangel an Alternativen muss die Partei jetzt doch wieder Regierungsverantwortung übernehmen. Die Christdemokraten sind die stärkste Partei mit 43 Sitzen. Sie stellen auch den neuen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende.

Postenverteilung

Außerdem besetzen die Christdemokraten die einflussreichen Außen- und Justizministerposten. Außenminister soll der frühere CDA-Chef Jaap de Hoop Scheffer werden, der bereits unter vier Ministern als Generalsekretär im Außenamt arbeitete. Die einzige Ministerin wird Maria van der Hoeven (CDA), sie führt in Zukunft das Erziehungsministerium.

Zweitstärkste Kraft im Parlament ist die politisch noch völlig unerfahrene Liste Pim Fortuyn, die auf Anhieb 26 Mandate errang. Mit der Staatssekretärin Philmena Bijlhout aus Surinam gehört erstmals eine Politikerin ausländischer Abstammung zum Kabinett. Die 44-Jährige LPF-Politikerin soll Staatssekretärin für Emanzipation und Familie werden.

Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Gesundheitsminister wird der Ökonom Eduard Bomhoff, ebenfalls von der LPF. Weiterhin unterstehen der LPF die Ministerien für Wirtschaft, Verkehr und pikanterweise das Ministerium für Ausländerfragen und Integration, das vom Hardliner Hilbrand Nawijn geleitet wird.

Dritte Partei der neuen Regierungskoalition ist die VVD, die bereits der vorherigen Mitte-Links-Regierung angehörte und ebenfalls vier Ministerien übernimmt - darunter das Ministerium für Finanzen, das Innenministerium und das Verteidigungsministerium. Der zukünftige Verteidigungsminister Benk Korthals ist der einzige, der vom alten in das neue Kabinett wechselt.

Regierungsprogramm nach dem Willen der Wähler

Die Vertreter der drei Parteien, die im Parlament über 93 der 150 Sitze verfügen, haben sich bereits auf ein Regierungsprogramm geeinigt. Es sieht unter anderem eine Verschärfung der Bestimmungen über Einwanderung und Integration vor. Die Niederlande werden dann eines der strengsten Ausländergesetze Europas haben. Flüchtlinge sollen in Zukunft zum Beispiel die Kosten der Einwanderung und Integration aus der eigenen Tasche zahlen müssen.

Im Bereich Gesundheitspolitik wird es ein strengeres Berufsunfähigkeitsgesetz geben. Damit soll die Zahl der berufsunfähig Geschriebenen - derzeit rund eine Million Menschen - um 40 Prozent gesenkt werden. Daneben wurden Projekte zum Ausbau des Erziehungswesens und zur Verbesserung der inneren Sicherheit vereinbart.

Die Niederlande im Wandel

Die Kabinettsbildung ist das Ergebnis der überraschenden Wahlen vom 15. Mai 2002, die eine politische Wende in den herbeiführten. Den Wählern war das Bemühen der Vorgängerregierung um rein wirtschaftliche Wohlstandssicherung offenbar nicht genug. Das berichten übereinstimmend die niederländischen Zeitungen. "Bitterkeit herrscht hinter den Teichen zwischen den Tulpen" titelte jüngst die angesehene Zeitung NRC/Handelsblad.

Erst Pim Fortuyn hatte den Finger öffentlich auf die Wunde gelegt und Dinge ausgesprochen, die in der politisch korrekten Gesellschaft zuvor unerhört gewesen wären. Fortuyns Ermordung verschaffte der Liste Pim Fortuyn und dem Christlich-Demokratischen Appell zusätzlich ungeahnten Wählerzuspruch. (dk)