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KonflikteUkraine

Niederlage für Ukraine vor UN-Gericht

31. Januar 2024

Vor dem Internationalen Gerichtshof war die Ukraine mit einer Klage gegen Russland nicht erfolgreich. Auch was den Nachschub von Munition angeht, läuft es nicht gut für die Regierung in Kiew.

Den Haag Internationaler Gerichtshof (IGH) (31.01.2024)
UN-Richter in Den Haag: Ukrainische Klage zum größten Teil abgewiesenBild: Peter Dejong/AP/picture alliance

Der laufende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine begann vor fast zwei Jahren. Schon zuvor hatten russische Truppen ukrainisches Territorium besetzt. In jener Zeit begann das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof, in dem in Den Haag nun eine Entscheidung fiel. Es ist eine Schlappe für die Regierung in Kiew: Das UN-Gericht hat eine ukrainische Klage gegen Russland von 2017 zum größten Teil abgewiesen.

Der Vorwurf aus Kiew: Die Regierung in Moskau habe prorussische Rebellen in der Ostukraine finanziell unterstützt. Die Ukraine berief sich bei ihrer Klage auf die Konvention zum Verbot der Finanzierung von Terrorismus.

Das höchste Gericht der Vereinten Nationen wies in seinem Urteil zugleich eine Klage wegen vermeintlicher Diskriminierung von Ukrainern und Tataren auf der Krim weitgehend ab. Die von der Ukraine erhobenen Vorwürfe seien in beiden Fällen nicht ausreichend belegt, so der Gerichtshof.

Die UN-Richter erklärten aber, dass die Regierung in Moskau gegen eine rechtlich bindende Anordnung von 2017 verstoßen habe. Damals hatte das Gericht beiden Parteien auferlegt, alles zu tun, um den Konflikt nicht zu verschlimmern.

Im Februar 2022 hat Russland aber sein südwestliches Nachbarland überfallen. Nach Darstellung der Ukraine hatte die russische Aggression 2014 im Donbass und auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim begonnen, die Russland bis heute besetzt hält.

Internationaler Gerichtshof: Russischer Verstoß gegen rechtlich bindende AnordnungBild: REMKO DE WAAL/ANP/AFP

Die Haager Richter befassten sich nur mit den Ereignissen vor der Invasion von 2022 und urteilten, dass die von der Ukraine vorgelegten Beweise für einen angeblich von der Führung in Moskau finanzierten Terrorismus im Donbass nicht ausreichten. Die Konvention, die der Klage zugrunde lag, beziehe sich auch nicht auf die Unterstützung mit Waffen. Russland hat dem Urteil zufolge aber nicht genug getan, um einzelne Vorwürfe zu möglicher Finanzierung von Terrorismus zu untersuchen.

Urteile des Internationalen Gerichtshofes sind bindend. Das Gericht hat aber nicht die Mittel, diese durchzusetzen. Das jetzige Urteil ist eine Niederlage für die Ukraine, die sich Unterstützung für weitere Forderungen nach mehr Sanktionen gegen Russland erhofft hatte. Die Regierung in Moskau hatte die Vorhaltungen strikt zurückgewiesen.

EU liefert weniger als angekündigt

Die Regierung in Kiew kann auch nicht darauf setzen, dass im laufenden Konflikt mit Russland der nötige militärische Nachschub aus dem Westen kommt. Denn die Europäische Union muss ein Scheitern ihrer ehrgeizigen Pläne eingestehen, die Ukraine schnell in Massen mit Artilleriegeschossen zu beliefern.

EU-Außenbeauftragter Borrell: "Nur etwas mehr als die Hälfte"Bild: MOHAMED AZAKIR/REUTERS

Von der in Aussicht gestellten Menge von einer Million Schuss werde man bis März voraussichtlich nur etwas mehr als die Hälfte geliefert haben, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel mit. Bisher seien erst 330.000 Geschosse geliefert worden, bis Ende März sei die Bereitstellung von rund 200.000 weiteren geplant, betonte Borrell.

Zugesagt sind bisher jedoch immerhin 21 Milliarden Euro Waffenhilfe für das laufende Jahr. Zudem will die EU laut Borrell 20.000 ukrainische Soldaten zusätzlich ausbilden, die Gesamtzahl steigt damit auf 60.000. Mit der Auflistung reagierte der Außenbeauftragte auf eine Anfrage Deutschlands. Die Bundesregierung hatte einen entsprechenden Überblick verlangt. Deutschland hat der Regierung in Kiew für dieses Jahr gut sieben Milliarden Euro zugesagt, also rund ein Drittel der Militärhilfen. Nach bisheriger Darstellung aus Berlin ist dies EU-weit Spitze.

Deutschland will zudem in diesem Jahr weitere 10.000 Soldaten aus der Ukraine ausbilden. Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller sagte in Brüssel, das Training solle wie im vergangenen Jahr im Rahmen der europäischen Ausbildungsmission EUMAM erfolgen.

Westlicher Leopard-2-Panzer im Einsatz in der Ostukraine: 21 Milliarden Euro Waffenhilfe für 2024Bild: Funke Foto/IMAGO

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Partner zu höheren nationalen Militärhilfen gedrängt: "Wir müssen unsere Entschlossenheit verstärken und unsere Anstrengungen verdoppeln, um sicherzustellen, dass wir unsere Unterstützung so lange aufrechterhalten, wie dies nötig ist", heißt es in der offiziellen deutschen Übersetzung eines Gastbeitrags des Kanzlers in der "Financial Times". Neben Scholz unterzeichneten auch die Regierungschefs von Dänemark, Estland, der Niederlande und Tschechiens.

An diesem Donnerstag findet in Brüssel ein Sondergipfel zu Wirtschaftshilfen für die Ukraine statt. Dabei geht es um ein gemeinsames Hilfspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro über vier Jahre. Ungarn hatte die Mittel im Dezember blockiert. Die Mitgliedsländer hoffen nun auf ein Einlenken von Regierungschef Viktor Orban.

Russland und Ukraine tauschen Gefangene aus

Immerhin eine positive Nachricht gibt es im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine: Trotz des Zwischenfalls mit einer abgestürzten russischen Militärtransportmaschine haben Russland und die Ukraine jetzt wieder Gefangene ausgetauscht. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, ein Austausch von jeweils 195 gefangen genommenen Soldaten beider Seiten sei abgeschlossen worden.

Ausgetauschte ukrainische Soldaten: "Unsere Leute sind wieder zu Hause"Bild: UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS/REUTERS

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte die wechselseitige Übergabe gefangener Soldaten, gab allerdings die Zahl der ukrainischen Heimkehrer mit 207 an. "Unsere Leute sind wieder zu Hause", ließ Selenskyj verlauten. Die russische Seite teilt mit, ihre freigelassenen Soldaten würden für medizinische und psychologische Betreuung nach Moskau geflogen.

Wenn die Angaben stimmen, endete der letzte bekannte Anlauf, Gefangene auszutauschen, in einer Katastrophe. Ein nach Moskauer Darstellung mit 65 ukrainischen Soldaten besetztes russisches Flugzeug war demnach in der vergangenen Woche von der Ukraine abgeschossen worden. Und zwar, wie Russlands Präsident Wladimir Putin jetzt behauptete, mit einer von den USA gelieferten Patriot-Rakete. Die Ukraine hat den Abschuss bislang weder dementiert noch bestätigt.

AR/gri (dpa, rtr, afp)

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