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Niedriglöhne relativieren Jobwunder

14. März 2012

Während die meisten Länder der Eurozone unter hoher Arbeitslosigkeit leiden, erlebt Deutschland ein Wunder am Arbeitsmarkt mit hoher Beschäftigtenzahl. Doch die Sache hat einen Haken.

Ein Fensterputzer reinigt eine Fensterscheibe im Reichstag (Foto: AP)
Bild: AP

In Deutschland müssen einer neuen Studie zufolge knapp acht Millionen Menschen mit einem Niedriglohn von weniger als 9,15 Euro brutto pro Stunde auskommen. Ihre Zahl ist zwischen 1995 und 2010 um mehr als 2,3 Millionen gestiegen, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf eine Untersuchung des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen berichtet. Demnach sind etwa 23 Prozent - fast ein Viertel der Beschäftigten - im Niedriglohnsektor tätig.           

Somit relativiert sich das Jobwunder, um das Deutschland von anderen in Europa beneidet wird. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren noch nie so viele Menschen in Deutschland erwerbstätig - momentan sind es über 41 Millionen. Mit einer Arbeitslosenquote von 7,4 Prozent liegt Deutschland weit unter dem Durchschnitt der Eurozone von über zehn Prozent. Die Studie zeigt nun, dass diese Entwicklung zu einem guten Teil dem ausgedehnten Billiglohnsektor zu verdanken ist.

Demnach verdienen 4,1 Millionen Menschen in Deutschland weniger als sieben Euro pro Stunde, gut 2,5 Millionen weniger als sechs Euro und knapp 1,4 Millionen nicht einmal fünf Euro die Stunde. Viele von ihnen arbeiten Teilzeit. Aber selbst bei den Vollzeitbeschäftigten erreichen fast 800.000 Menschen nicht einmal einen Monatslohn von 1.000 Euro brutto. Stark gestiegen ist die Zahl der niedrig Bezahlten vor allem in Westdeutschland. Der Studie zufolge wuchs sie in 15 Jahren in den alten Bundesländern um 68 Prozent, im Osten dagegen nur um drei Prozent.

Opposition fordert weiter einen Mindestlohn

01:17

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Parteien uneinig über einen Mindestlohn

Die Studienergebnisse könnten die Debatte über die Einführung eines allgemeinen Mindestlohns neu entfachen. So haben die Wissenschaftler vorgerechnet, dass jeder fünfte Beschäftigte von einem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro profitieren würde. Die Vize-Chefin des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen forderte bei der Vorstellung der Studie eine Lohnuntergrenze für "alle Branchen und Beschäftigtengruppen".

So weit will die Union, die sich auf ihrem Parteitag im November erstmals für eine verbindliche Lohnuntergrenze ausgesprochen hatte, nicht gehen. SPD und Grüne fordern dagegen einen allgemein verbindlichen Mindestlohn. Die Wirtschaftsverbände lehnen das ab. Sie befürchten, dass damit massenhaft Jobs vernichtet werden.

zhd/rb (epd, rtr)