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PolitikNiger

Niger: Bazoum appelliert an USA und Weltgemeinschaft

4. August 2023

Als Geisel der neuen Machthaber schreibt Nigers abgesetztes Staatsoberhaupt einen Gastbeitrag für die "Washington Post". Darin bittet er auch die US-Regierung um Hilfe.

Ägypten Niger Präsident  Mohamed Bazoum
Frei gewählt, aber gefangen: Der nigrische Präsident Mohamed Bazoum (Archivbild)Bild: Ludovic Marin/AFP

Gut eine Woche nach dem Umsturz im Niger hat der festgesetzte Präsident des westafrikanischen Landes, Mohamed Bazoum, an die Weltgemeinschaft appelliert, die "letzte Bastion des Respekts für Menschenrechte" im Sahel zu retten. "Dieser versuchte Putsch ist eine Tragödie für die Nigrer, doch sein Erfolg hätte verheerende Folgen weit über unsere Grenzen hinaus", warnt Bazoum in einem Gastbeitrag für die "Washington Post".

Es ist seine erste längere Erklärung, seit die eigene Garde ihn in Gewahrsam hält. Er schreibe als Geisel, heißt es darin weiter. "Der Niger wird von einer Militärjunta angegriffen, die versucht, unsere Demokratie zu stürzen, und ich bin nur einer von Hunderten Bürgern, die willkürlich und illegal eingesperrt worden sind", so der 63-Jährige.

"Verteidigung gemeinsamer Werte"

In dieser Notlage rufe er die US-Regierung dazu auf, seinem Land bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu helfen. Nur durch die Verteidigung gemeinsamer Werte wie Demokratie und Respekt für die Rechtsstaatlichkeit könne es Fortschritte im Kampf gegen Armut und Terror geben.

Am Donnerstag zeigten Demonstranten in Niamey den neuen Machthabern ihre Unterstützung - sie riefen Parolen gegen Frankreich und schwenkten russische FahnenBild: Djibo Issifou/dpa/picture alliance

Im niedersächsischen Wunstorf landete derweil eine aus dem Niger kommende Bundeswehrmaschine mit 32 Personen an Bord. Nach Bundeswehrangaben waren unter ihnen zehn Deutsche: neun Soldaten und ein Zivilist. Die Bundeswehr betreibt einen Lufttransportstützpunkt in Niamey. Das zentrale Drehkreuz in Westafrika ist auch wichtig für den laufenden Abzug aus dem benachbarten Mali. Dort waren zuletzt mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert.

Wichtiger Partner des Westens

Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das eine demokratisch gewählte Regierung hatte. Die gestürzte Führung in Niamey galt nicht nur bei der Eindämmung der Migration als wichtiger Partner des Westens, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus. In der Sahelzone verüben Dutzende Milizen, die zum Teil dem "Islamischen Staat" (IS) oder der Terrororganisation Al-Kaida die Treue geschworen haben, immer wieder Anschläge.

Die neuen Machthaber im Niger sehen dagegen in den Militärführungen Malis und Burkina Fasos natürliche Verbündete. Der stellvertretende Chef der nigrischen Militärjunta, Salifou Modi, erklärte nach Reisen in beide Länder, die dortigen Generäle hätten ihm ihre Unterstützung zugesichert. "Jede Aggression oder versuchte Aggression" von anderer Seite werde "eine sofortige und unangekündigte Antwort der nigrischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte" nach sich ziehen, warnte die Junta im Fernsehen.

Treffen der ECOWAS-Staaten zur Lage im Niger in der nigerianischen Hauptstadt Abuja am MittwochBild: KOLA SULAIMON/AFP

Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) hatte als Reaktion auf den Staatsstreich eine Wirtschaftsblockade gegen den Niger angeordnet und verlangt, den gestürzten Präsidenten innerhalb einer Woche wieder einzusetzen. Dieses Ultimatum läuft am Sonntag aus. Die Staaten erklärten, sie seien bereit, als "letzte Option" militärisch einzugreifen, sollten Verhandlungen scheitern.

Französische Sender blockiert

Auch Nigers westliche Partner hatten weitreichende Sanktionen verhängt, um die Putschisten zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu zwingen. Deren Anführer, General Abdourahamane Tiani, erklärte jedoch, er werde nicht nachgeben. Der früheren Kolonialmacht Frankreich warfen die Putschisten eine "unvorsichtige Reaktion auf die Situation" vor. Zugleich hieß es, die Kooperationsabkommen mit Paris im Bereich Sicherheit und Verteidigung seien aufgehoben. Nach Angaben der französischen Auslands-Rundfunkanstalten France 24 und RFI können Angebote beider Sender seit Donnerstag im Niger nicht mehr empfangen werden. Die EU verurteilte die Blockade als "Verletzung fundamentaler Freiheiten".

Der demokratisch gewählte Bazoum war am vorvergangenen Mittwoch abgesetzt worden. Tiani, der Kommandeur der Eliteeinheit, die eigentlich den Präsidenten schützen sollte, hatte sich im Anschluss zum neuen Machthaber ausrufen lassen. Kurz darauf setzten die Generäle die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Der Umsturz im Niger ist schon die siebte militärische Machtübernahme in West- und Zentralafrika seit 2020. Das Land mit 20 Millionen Einwohnern zählt trotz seiner Uranvorkommen zu den ärmsten Staaten der Welt.

jj/se (dpa, afp, rtr)