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KonflikteNiger

Niger: Riskiert ECOWAS einen Krieg in Westafrika?

Kate Hairsine
5. August 2023

Die ECOWAS hat den Putschisten im Niger ein Ultimatum gesetzt und angedroht, militärisch zu intervenieren. Doch der Block ist gespalten. Wie wahrscheinlich ist ein militärisches Eingreifen - und wie riskant?

Soldat der nigerianischen Armee
Soldat der nigerianischen Armee (Archivbild)Bild: STEFAN HEUNIS/AFP/Getty Images

Am Ende ihres Treffens in der nigerianischen Hauptstadt Abuja haben die westafrikanischen Verteidigungsminister am Donnerstag über die Möglichkeit gesprochen, militärisch einzugreifen, sollten die diplomatischen Bemühungen um die Wiedereinsetzung des gestürzten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum scheitern.

Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS, der 15 Staaten angehören, drohte den Anführern des Staatsstreichs mit der Anwendung von Gewalt, wenn Bazoum nicht bis Sonntag als Präsident wiedereingesetzt werden sollte.

Würde ECOWAS wirklich Truppen entsenden?

"Eine große Intervention ist sehr, sehr wahrscheinlich", meint der geopolitische Analyst Ovigwe Eguegu, "denn es sprechen sehr viele Faktoren dafür." Die Vereinigten Staaten würden eine solche Intervention unterstützen, ist Eguegu überzeugt, schließlich sei Niger im Kampf gegen dschihadistische Aufständische in der Sahelzone ein wichtiger Partner.

Weitere Instabilität im Niger würde es Russland zudem erlauben, seinen Einfluss in einer Region auszuweiten, in der eine Folge von Staatsstreichen dazu geführt hat, dass Militärregierungen sich vom Westen ab- und dem Kreml zugewandt haben.

ECOWAS hat große Mühe, den Rückzug der Demokratie in Westafrika aufzuhalten. Nach den Militärputschen in den Mitgliedsländern Mali, Burkina Faso und Guinea in den vergangenen beiden Jahren hat sich die Organisation festgelegt, keine weiteren Staatsstreiche mehr zu dulden.

Niger: ECOWAS-Ultimatum ein Spiel mit dem Feuer?

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Der in Mali ansässige Sicherheitsexperte Fahiraman Kone ist überzeugt, dass ein Militäreinsatz im Bereich des Möglichen liegt, insbesondere, da der neue Präsident Nigerias, Bola Tinubu, Nigerias Position als regionale Führungsmacht zurückgewinnen möchte.

Tinubu wurde vor weniger als einem Monat zum Vorsitzenden von ECOWAS gewählt und wolle nun "Nigerias Führungsposition und militärische, finanzielle und diplomatische Stärke in der Region bekräftigen", sagt Kone, Projektmanager für die Sahelzone am Institute for Security Studies, einem afrikanischen Thinktank.

Nach einer Krisensitzung der Organisation sagte Tinubu am Sonntag: "Gemeinsam mit unserem Volk treten wir für die Freiheit ein. Wir stehen für unseren Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und nicht für den Gewehrlauf. Afrika ist erwachsen geworden."

Hat ECOWAS schon früher Worten Taten folgen lassen?

Der Wirtschaftsblock hat schon früher ähnliche Drohungen ausgesprochen und diese auch wahr gemacht. Erst 2017 entsandte ECOWAS Truppen nach Gambia, als sich der langjährige Machthaber Yahya Jammeh nach einer verlorenen Wahl weigerte, sein Amt aufzugeben.

Nachdem eine 7000 Mann starke, von der ECOWAS unterstützte und vom Senegal geführte multinationale Truppe an der Grenze zu Gambia aufmarschiert war, stimmte Jammeh eilig zu, zurückzutreten und ins Exil zu gehen. Noch immer befinden sich 2500 dieser Soldaten aus Ghana, Mali, Togo, Nigeria und dem Senegal zu friedenserhaltenden Maßnahmen im Land.

Vertreter der ECOWAS-Staaten einem Treffen am Mittwoch in AbujaBild: KOLA SULAIMON/AFP

ECOWAS verfügt zudem über Stabilisierungstruppen von etwa 600 Mann in Guinea-Bissau, die nach einem Putschversuch im Februar 2022 aus Nigeria, Senegal, Ghana und der Elfenbeinküste dorthin verlegt wurden. In der Vergangenheit gründete der regionale Block außerdem die Friedensmission ECOMOG, um die Ordnung in Liberia und Sierra Leone wiederherzustellen. 2003 entsandte er Truppen in die Elfenbeinküste.

Welche Truppen stehen ECOWAS zur Verfügung?

Eine Intervention in Niger ist für ECOWAS nur mit der Unterstützung Nigerias möglich. Das Land verfügt über 223.000 Soldaten sowie moderne Kampfjets und Kampfhubschrauber. Nicht nur ist die Armee Nigerias die größte der Region, auch logistisch macht es Fachleuten zufolge Sinn, sich auf Nigeria zu stützen, das eine 1600 Kilometer lange Grenze mit dem Niger teilt.

Senegal bestätigte am Donnerstag, dass es sich beteiligen würde, sollte ECOWAS sich dafür entscheiden, militärisch im Niger einzugreifen. Die Außenministerin des Landes, Aissata Tall Sall, betonte auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Dakar: "Senegalesische Soldaten müssen dorthin. Diese Staatsstreiche müssen aufhören."

Einige andere Mitglieder der ECOWAS haben jedoch schon deutlich gemacht, dass sie den Einsatz von Gewalt in Niger nicht unterstützen. "Außer unserem nigerianischen Nachbarn unterstützt, glaube ich, kein anderes [Mitglied diesen Einsatz]. Mauretanien stimmt dem nicht zu, Algerien nicht (ein Nachbarland, aber kein ECOWAS-Staat, Anm. d. Red.) , Mali und Burkina Faso auch nicht. Und Benin wird [den Niger] nicht angreifen", sagt Abdoul Moumouni Abass, ein Experte für Radikalisierungsprävention.

Der Analyst Eguegu weist außerdem darauf hin, dass die Armee Nigerias im eigenen Land stark durch die Bekämpfung der militanten islamistischen Bewegung Boko Haram und bewaffneter Banditen, die in 30 der 36 Bundesstaaten tätig sind, beansprucht wird. Für die nigerianischen Streitkräfte werde es also sehr schwierig werden, genügend Kräfte für eine solche Intervention zu sammeln, meint er.

Hat eine Intervention Aussicht auf Erfolg?

Die Voraussetzungen für einen militärischen Einsatz in Niger wären völlig andere als in Gambia, dem kleinsten Staat auf dem afrikanischen Festland mit einer relativ schwachen Armee.

Niger ist ein riesiges Land im Herzen der Sahelzone. Es mag zu den ärmsten Ländern der Welt zählen, seine Soldaten haben jedoch viel Erfahrung in der Bekämpfung von Dschihadisten. Sie wurden von den USA und Frankreich ausgebildet, die jeweils 1100 beziehungsweise 1500 eigene Soldaten im Land stationierten.

Bei einer Intervention würden vermutlich die nigerianischen Streitkräfte die Führungsrolle übernehmenBild: Afolabi Sotunde/REUTERS

"Die Größe von Niger und die Zahl der Soldaten in der Armee machen es natürlich schwierig", sagt Arthur Banga, Geschichtswissenschaftler und Verteidigungsanalyst von der Elfenbeinküste. "Aber wenn man eine Intervention plant, dann berücksichtigt man all diese Optionen in Bezug auf das zu mobilisierende Personal und die Ausstattung."

Ein weiteres Problem sind Mali und Burkina Faso. In einer gemeinsamen Erklärung warnten die beiden Länder, dass sie jedes militärische Vorgehen gegen die Putschisten in Niger als "Kriegserklärung" gegen ihre eigenen Länder betrachten würden. Beide Länder werden von Militärregierungen geführt, die selbst durch einen Putsch an die Macht kamen. Beide wurden deshalb aus den Entscheidungsgremien der ECOWAS ausgeschlossen.

Eine Intervention ist also nicht nur "sehr wahrscheinlich", wie Ovigwe Eguegu sagt, sondern auch "sehr riskant". Das Risiko, dass sie zu einem Krieg führen könnte, ist hoch.

Zu diesem Artikel hat Bob Barry beigetragen.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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