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Politik

"Wir wollen Beziehung zu Russland vertiefen"

Zhanna Nemzowa mo
30. Mai 2018

Der neue armenische Premier Nikol Paschinjan sprach mit Zhanna Nemtsova über den Machtwechsel in Armenien sowie über die Beziehungen zum Kreml und zur EU.

Armenien Eriwan DW Interview Nikol Paschinjan
Bild: DW

Der Politiker und Journalist Nikol Paschinjan hat im Frühjahr 2018 bei den friedlichen Massenprotesten in Armenien eine wichtige Rolle gespielt. Der bisherige Regierungschef Sersch Sargsjan trat zurück und am 8. Mai wurde Paschinjan im zweiten Anlauf im Parlament zum neuen Premierminister gewählt.

Deutsche Welle: Herr Paschinjan, wie würden Sie beschreiben, was in Armenien passiert ist? War es ein Machtwechsel unter öffentlichem Druck oder eine Revolution?

Nikol Paschinjan: Ich würde von der Rückgabe der Macht an die Menschen sprechen. Es war ein Machtwechsel, den die Menschen wollten. Es war eine samtene gewaltlose Revolution des Volkes. Man sollte diese Revolution nicht als "bunte Revolution" bezeichnen. Denn dieser Begriff impliziert politische Vorgänge, hinter denen ein großer geopolitischer Kontext steht. In unserem Fall waren es interne Vorgänge innerhalb der Republik Armenien, die vom armenischen Volk ausgingen.

Also waren die Revolutionen in anderen Ex-Sowjetrepubliken anderer Natur? Zum Beispiel die in Georgien oder in der Ukraine?

Natürlich. Nach jenen Revolutionen änderte sich die Außenpolitik dieser Länder. Wir aber haben gesagt, dass wir die bisherige Außenpolitik Armeniens fortsetzen werden. Wir werden sowohl die armenisch-russischen Beziehungen als auch die Beziehungen zur EU, den USA, zum Iran und zu Georgien weiterentwickeln.

Zhanna Nemzowa im Gespräch mit Nikol PaschinjanBild: DW

Meist hat der Kreml auf Revolutionen in anderen postsowjetischen Ländern nervös reagiert. Warum hat Präsident Wladimir Putin nicht in die Ereignisse in Armenien eingegriffen?

Armenien ist nicht einfach ein weiteres postsowjetisches Land. Wir gehen sehr behutsam mit unserer Souveränität und Unabhängigkeit um. Das ist das Hauptmerkmal unseres Staates.

Warum sind Sie im Vergleich zu anderen Anführern des Bürgerprotests gegenüber Moskau so friedliebend gestimmt?

Armenien ist ein friedliebendes Land und wir sind eine friedliebende Nation. Natürlich können wir uns, wenn nötig, auch verteidigen. Aber wir unterhalten enge Beziehungen zu Russland und ich bin mir sicher, dass sie noch vertieft werden. Zudem haben wir gute Beziehungen zur EU, die wir weiterentwickeln wollen. Außerdem wollen wir unsere Beziehungen zu den USA, zum Iran, zu Georgien und zu allen Ländern weiterentwickeln, die daran Interesse haben.

Haben Sie bei Ihrem Treffen mit Wladimir Putin über eine Regelung des Karabach-Konflikts gesprochen?

Natürlich. Das Problem kann nur auf friedlichem Weg gelöst werden. Es gibt keine gewaltsame Lösung. Ich denke, dass dies eine prinzipielle Haltung ist, die nicht nur von Armenien, sondern auch von Russland vertreten wird.

Haben Sie mit Putin über Waffenlieferungen aus Russland an Aserbaidschan angesprochen?

Ja. Wir haben darüber eine konstruktive Diskussion geführt. Ich kann nicht sagen, was Putin dazu gesagt hat.

Auf welche Prioritäten setzen Sie bei der Entwicklung der armenischen Wirtschaft?

Ich sehe drei Prioritäten: Erstens die Entwicklung von Informations- und Hochtechnologien in Armenien. Dieser Bereich unserer Wirtschaft entwickelt sich dynamisch. Damit hoffen wir auch, den militärisch-industriellen Komplex Armeniens voranzubringen, denn er könnte zur Lokomotive der gesamten Wirtschaft des Landes werden. An zweiter Stelle kommt der Tourismus und an dritter die Landwirtschaft.

Die armenische Wirtschaft steht unter dem starken Einfluss von Oligarchen. Einige sitzen im Parlament und haben Sie unterstützt. Werden Sie gegen Oligarchen vorgehen?

Wir wollen die Macht des Volkes garantieren, nicht die Macht irgendeiner Gruppe von Individuen. Niemand sollte das behindern. Aber wir werden nicht gegen irgendjemanden kämpfen. Den Oligarchen war es während unserer Revolution gar nicht gelungen, die politische Situation im Land zu beeinflussen. Denn das Volk hat die Macht in seine eigenen Hände genommen und es auch nicht vor, sie wieder abzugeben.

Sie sind dafür bekannt, dass Sie Facebook nutzen. Warum ist Ihnen diese Art der Kommunikation wichtig?

Während meiner politischen Arbeit und der Proteste hatten wir keinen Zugang zum Fernsehen. Es ist sehr wichtig, über einen alternativen Kanal zur Kommunikation mit den Bürgern zu verfügen. Meine Facebook-Seite erreicht ein so großes Publikum, das mit einem Fernsehpublikum vergleichbar ist. Das ist ein sehr effektiver Dialog mit der Gesellschaft. Natürlich hat Facebook eine große Rolle bei unserer Revolution gespielt. Es war ein sehr effektiver Kanal für den Informationsfluss, auch um Menschen zu Kundgebungen einzuladen.

Das Gespräch führte Zhanna Nemzowa

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