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Politik

"Mazedonien gehört zu Europa, geografisch und politisch"

Terry Martin
8. September 2017

Namensstreit zwischen Mzedonien und Griechenland soll kein Hindernis für die EU-Integration seines Landes sein, sagt der mazedonische Außenminister. Beide Länder werden bald ohnehin Verbündete sein, glaubt er.

Griechenland Mazedonien Treffen der Außenminister in Athen
Bild: Reuters/C. Baltas

Deutsche Welle: Sie haben vor kurzem an Verhandlungen mit Ihrem griechischen Kollegen über den Namensstreit teilgenommen. (Seit 2008 blockiert Griechenland die Mitgliedschaft Mazedoniens in der NATO und seit 2009 den Beginn der Gespräche für einen Beitritt zur EU. Griechenland akzeptiert nicht, dass sich das Land Republik Mazedonien nennt: Damit werde Anspruch auf griechische Geschichte und sogar griechisches Territorium gestellt, heißt es in Athen.) Wann wird es zu einer Vereinbarung kommen?

Nikola Dimitrov: Am vergangenen Mittwoch war der griechische Außenminister Kotzias in Skopje und wir sprachen über die vertrauensbildenden Maßnahmen. Wir haben die Verhandlungen noch nicht wirklich begonnen, sie werden aber mit Sicherheit vor Jahresende beginnen. Ich tue das, was der Job eines Diplomaten sein sollte: Probleme lösen, Türen öffnen und Freunde machen. Und wir können zwar die Geschichte nicht verändern, wir können aber sicherlich versuchen, die Zukunft zu beeinflussen und das Leben für unsere Bürger heute zu verbessern. Das ist unser Ziel.

Sie erwarten, dass Athen aufhört, Ihre EU-Mitgliedschaft zu blockieren. Heißt das, dass Mazedonien  bereit ist, bei der Namensfrage einen Kompromiss einzugehen?

Im Grunde genommen sollte der Namensstreit kein Hindernis für die EU-Integration sein. Wir haben die Punkte vereinbart, bei denen Griechenland sich nicht querstellen wird. Wir haben auch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs. Aber unser Ziel ist nicht, den Schuldigen zu suchen. Wir glauben, wenn wir Verbündete sind, dann müssen wir auch einen Dialog führen. Und wir werden Verbündete, sobald wir uns der NATO und der EU anschließen. Es ist höchste Zeit, in der Region mutig genug zu sein, um die Schützengräben der Geschichte zu beenden. Wir sollten in dem konkurrieren, was für die Bürger wirklich wichtig ist, wie etwa eine bessere Gesundheitsversorgung und Bildung sowie mehr Wohlstand. Aus dieser Perspektive soll man sich des Themas annehmen.

Wie wichtig ist für Mazedonien eine EU- oder NATO-Mitgliedschaft?

Dimitrov bei Gabriel: Im Prozess der EU-Integration rechnet Mazedonien auch auf die Unterstützung DeutschlandsBild: DW/B. Georgievski

Das hat für uns absolute Priorität. Wir sind geographisch ein Teil Europas, wir möchten aber auch ein Teil der EU und der NATO sein. Das ist sehr wichtig für unsere Stabilität. Es gibt einige Probleme, die in der Region noch nicht vollständig gelöst sind, und wir möchten Mazedonien aus diesem Puzzle der Ungewissheit herausnehmen. Außerdem möchten wir, wie die meisten anderen Staaten der Region, EU-Mitgliedsstaat sein: Wir möchten eine Gesellschaft haben, die demokratisch ist und in der Rechtsstaatlichkeit herrscht. Damit wird, davon sind wir überzeugt, auch mehr Wohlstand einhergehen. Deshalb tun wir unser Bestes, um die Tür zur EU zu öffnen.

Während der Flüchtlingskrise mussten die Menschen, die aus der Türkei nach Griechenland kamen, durch Mazedonien fahren. In 2015 und 2016 waren es über eine Million Flüchtlinge, die über die Balkanroute versuchten weiter nach Westen zu kommen. Als die Balkanroute geschlossen wurde, strandeten Tausende Flüchtlinge in den Flüchtlingslagern entlang der Route, viele auch an der Grenze zu Mazedonien. Wo sind diese Flüchtlinge heute?

Viele sind aus Griechenland in die anderen EU-Mitgliedsstaaten verlegt worden, mehr als 14.000 Menschen. Einige sind in Griechenland geblieben. Ich finde, dass die UNHCR, mit Hilfe der EU, einen tollen Job macht, um in Griechenland diesen Leuten zu helfen.

Obwohl die Balkanroute geschlossen ist, versuchen die Menschen immer wieder verzweifelt doch einen Weg nach Westeuropa zu finden. Oft mit Hilfe von Menschenhändlern. Was macht Mazedonien, um diese Leute zu schützen?

Wir tun unser Bestes. Wir haben eine aktive polizeiliche Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn, mit Griechenland, mit der EU. Das Jahr 2015 war außergewöhnlich schwer. Allein im Februar 2015 kamen rund 60.000 Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland. Ein Jahr später, nach dem Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, hat sich das sehr verändert. Seitdem haben wir im ganzen Jahr weniger als 40.000 Flüchtlinge. Wir müssen daraus lernen und uns darauf konzentrieren, den Flüchtlingen zu helfen, die in der Türkei sind. Ich denke, dass das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei sehr wichtig ist. Was wir im Hinblick auf den Schutz unserer Grenzen tun können, ist auch wichtig. Aber wir müssen berücksichtigen, dass die Außengrenze der EU nicht zwischen Mazedonien und Griechenland liegt, sondern zwischen Griechenland und der Türkei.

Gegenwärtig sind die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU ziemlich angespannt. Manche fragen sich, ob sich die Balkanroute wieder öffnen könnte. Befürchten Sie, dass die Balkanroute sich wieder öffnen könnte?

Ich denke, wir müssen alles tun, was notwendig ist, damit sie geschlossen bleibt, denn wir alle, auch die Flüchtlinge, haben ein Interesse an einer geordneten Hilfe und daran, die illegale Migration zu bekämpfen. Es ist also wirklich wichtig, dass die EU weiterhin die Türkei finanziell unterstützt. Sie haben Millionen von Flüchtlingen in ihrem Land. Es ist gleichzeitig aber wichtig, weiterhin Griechenland zu helfen. Und dies in einer Weise zu tun, die im Einklang mit den Prinzipien der  Solidarität stehen.

Das Gespräch führte Terry Martin

Nikola Dimitrov (45) ist Außenminister Mazedoniens in der neuen Regierung des Sozialdemoktaten Zoran Zaev. Davor war er Botschafter in Washington und in Moskau.

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