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Putin besucht Belgrad

24. März 2011

Um den Bau der South-Stream Pipeline und weitere wirtschaftliche Kooperationen ging es beim Putin-Besuch in Belgrad. Kritiker fürchten, Moskau wolle über die Wirtschaft politischen Einfluss auf Serbien ausüben.

Russlands Premierminister steigt aus einem schwarzen Auto und wird von Serbiens Präsident Boris Tadoic begrüßt (Foto: EPA)
Gespräche in Überlänge zwischen Putin und TadicBild: picture-alliance/dpa

Der russische Regierungschef Wladimir Putin und der serbische Präsident Boris Tadic haben bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen am Mittwoch (23.03.2011) Einigkeit demonstriert und und nicht den leisesten Hauch von Meinungsverschiedenheiten erkennen lassen. Die Zusammenarbeit der beiden Länder sei positiv und die Standpunkte von Serbien und Russland stimmten in zahlreichen Fragen überein, erklärten sie. Die Zusammenarbeit könne auch noch vertieft werden.

Vor allem ging es bei den Gesprächen um die geplante Erdgasleitung South-Stream, die von Russland nach Italien auch über Serbien führen soll. Aber Russland plane auch Wasserkraftwerke in Serbien zu modernisieren, neue Kraftwerke zu bauen und in Infrastrukturprojekte wie den Straßenbau zu investieren.

Politische Themen standen im Hintergrund. Russland wiederholte lediglich, dass es mit Serbien übereinstimme und die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht anerkenne. Belgrad kündigte an, dass es in den kommenden Monaten mit Russland ein Abkommen über eine "strategische Partnerschaft" abschließen wolle. Tadic betonte zwar, das Ziel Serbiens sei die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Dies bedeute aber nicht, dass man die Zusammenarbeit mit Russland vernachlässigen werde.

Druck aus Moskau

Schulterschluss oder Zwangsjacke?Bild: picture-alliance/dpa

Der serbische Sicherheitsexperte Aleksandar Fatic zweifelt indes daran, dass Russland mit seinen Energieprojekten nicht auch politische Ziele verfolgt. Ihm zufolge kehrt die momentane russische Außenpolitik zurück zum "geostrategischen Modell". Das bedeute, die Energiewirtschaft sei durchaus auch Teil der russischen Außenpolitik. Vor diesem Hintergrund sei Serbien für Russland ein wichtiger Bündnispartner - mehr als umgekehrt.

Denn Russland habe alle seine strategischen Bündnispartner an die NATO-Osterweiterung verloren, weil praktisch alle ehemaligen Ostblockstaaten Mitglieder der Nordatlantischen Allianz geworden sind. Serbien ist als einziger möglicher Bündnispartner in Südosteuropa übriggeblieben, mit dem Russland Projekte in den Interessengebieten Energie, Politik und Verteidigung umsetzen könne.

"Serbien steht unter enormem Druck von Moskau. Für Serbien ist es keinesfalls leicht, dass Putin gekommen ist. Putin ist gekommen, um Serbien in den Schwitzkasten zu nehmen. Er ist gekommen, um sicherzustellen, dass die unterzeichneten Abkommen und praktisch die Monopolstellung von Gazprom über dessen Tochterfirmen im serbischen Energiesektor auch umgesetzt werden. Außerdem ist er gekommen, um zu gewährleisten, dass Serbien nicht Mitglied der NATO wird. Das ist sein Hauptziel", sagt Fatic.

Klare Position gefordert

Jelena Milic vom Zentrum für euroatlantische Studien erinnert vor diesem Hintergrund an frühere Aussagen offizieller Vertreter Russlands. Diese hätten zugegeben, dass das Hauptaugenmerk der Gespräche in Belgrad auf einen russischen Vorschlag für eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa gerichtet sei. Und diesen Vorschlag habe die EU bereits zurückgewiesen, weil Brüssels Sicherheitspolitik bei der NATO liegt.

Falls Serbien tatsächlich EU-Mitglied werden wolle, müsse es dieser sicherheitspolitischen Realität Rechnung tragen, sagt Jelena Milic. "Jetzt will Russland, dass sich Serbien klar dazu äußert. Ich glaube, man kann das daraus schließen, dass das Gespräch mit Tadic viel länger als geplant dauerte. Und nicht nur, dass Russland gegen eine mögliche Mitgliedschaft Serbiens in der NATO protestiert". Es ginge sogar noch einen Schritt weiter. "Der russische Botschafter in Serbien Alexander Konusin hat sich vor einigen Tagen öffentlich beschwert, dass diese Idee überhaupt in der serbischen Öffentlichkeit erörtert wird," so Milic.

South-Stream auf Umwegen

450 Kilometer der Erdgaspipeline South-Stream sollen durch Serbien führenBild: San Jose / Patrol110

Putin traf sich in Belgrad auch mit dem Präsidenten der bosnischen Serbenrepublik, Milorad Dodik. Die Nachricht über dieses Treffen haben Beobachter in der bosnisch-kroatischen Föderation kritisch aufgenommen. Nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Fatic stellt das Treffen Putin-Dodik allerdings grundsätzlich kein Problem für die Politiker in Sarajevo dar, auch wenn Dodik nur der Präsident einer Entität ist und kein Staats- oder Regierungschef von ganz Bosnien.

Es gebe allerdings Anlass zu vermuten, dass hinter dem Treffen energiepolitisches Kalkül steckt. Das heißt, dass sich die Serbenrepublik dem South-Stream-Projekt anschließen will und so auch Gas in die Föderation geliefert würde. Das Energieabkommen sei zwar ein Deal zwischen Russland und Serbien, sagt Fatic. "Faktisch hängt dann aber der gesamte geostrategische serbische Raum von der russischen Energieversorgung ab."

Somit müsste die bosnisch-kroatische Föderation mit der Serbenrepublik und Serbien "gute Beziehungen pflegen, um stets mit Gas versorgt zu werden", so Fatic. Offensichtlich sei die Politik der serbischen Regierung im Wahljahr auf die Solidarität mit den Serben in Bosnien ausgerichtet.

Dies sei zwar legitim, in Anbetracht der Tatsache, dass es auch ein Abkommen zwischen Belgrad und Banja Luka über besondere Beziehungen gebe. Fatic zweifelt jedoch daran, dass es auch taktisch klug ist, diese besonderen Beziehungen auch auf das Thema Energieversorgung auszuweiten. Klar im Nachteil sei da die bosnisch-kroatische Föderation, die kein solches Abkommen mit Belgrad habe.

Jelena Milic meint, dass die Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens zwischen Belgrad und Brüssel ein Lackmustest für die serbisch-russischen Beziehungen sein werde. Denn damit würde Belgrad dem russischen Vorschlag praktisch eine Absage erteilen und das europäische Sicherheitssystem annehmen.

Autoren: Ivica Petrovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Fabian Schmidt

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