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Politik

Nissan bricht mit Automanager Ghosn

8. April 2019

Die Aktionäre des japanischen Autobauers Nissan haben ihren ehemaligen Verwaltungsratschef Carlos Ghosn abgesetzt. Ghosn sitzt wegen des Verdachts auf Untreue in Japan in Untersuchungshaft, bestreitet aber alle Vorwürfe.

Ghosn nach seiner Entlassung Anfang März
Ghosn nach seiner Entlassung Anfang MärzBild: Reuters/Issei Kato

Die Entscheidung wurde auf einer außerordentlichen Hauptversammlung von Nissan am Montag getroffen. Neuer Direktor soll nach dem Willen der Nissan-Aktionäre wie erwartet der neue Renault-Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard werden.

Am Donnerstag hatte das Tokioter Bezirksgericht einem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben, und die die Untersuchungshaft von Carlos Ghosn erneut verlängert. Der ehemalige Manager der Autokonzerne Nissan und Renault muss nun mindestens bis zum 14. April im Gefängnis bleiben. Ghosn war am Donnerstag erneut festgenommen worden - nur einen Monat, nachdem er nach rund hundert Tagen aus der U-Haft entlassen worden war. Die Staatsanwaltschaft hat im Zuge ihrer Ermittlungen neue Vorwürfe gegen den 65-Jährigen erhoben.

Ghosn soll demnach zwischen Ende 2015 und Mitte 2018 insgesamt 15 Millionen Dollar (13,4 Millionen Euro) an Nissan-Geldern an eine de facto von ihm kontrollierte Gesellschaft transferiert haben. Davon soll er fünf Millionen Dollar für Privatzwecke abgezweigt und davon unter anderem eine Luxusyacht finanziert und Investitionen in ein Unternehmen seines Sohnes in den USA getätigt haben.
 
Frankreich sicherte dem Architekten der Autoallianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi zwar konsularischen Schutz zu. Der frühere Renault-Chef sei aber der Gerichtsbarkeit unterworfen wie alle anderen auch, sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire den Sendern RMC und BFMTV. Damit hat Frankreichs Regierung Ghosn lediglich die üblichen Rechte zugesichert, die Staatsbürgern bei Festnahmen im Ausland zustehen. 

Bessere Zeiten: Ghosn mit seiner Ehefrau im Mai 2018 bei den Filmfestspielen in CannesBild: picture-alliance/ZUMA Wire/F. Injimbert
Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le MaireBild: picture-alliance/AA/M. Yalcin

Dem französischen Sender LCI sagte Ghosn vor seiner neuerlichen Verhaftung, er appelliere an die französische Regierung, ihn zu verteidigen. Er sei als Bürger im Ausland in ein "unglaubliches Räderwerk" geraten. In einer Erklärung, die in Paris nach seiner Verhaftung verbreitet wurde, teilte der Manager mit: "Ich bin unschuldig." Seine erneute Verhaftung sei "empörend und willkürlich". 

Der Anwalt von Ghosn kritisierte die erneute Verhaftung am Donnerstag scharf. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sei "empörend", sagte Junichiro Hironaka in Tokio. Die Staatsanwaltschaft habe Ghosns Handy, Tagebuch und Unterlagen beschlagnahmt. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft verstoße gegen das Recht auf Verteidigung Ghosns, so der Anwalt. Sie wolle ihn durch die nochmalige Festnahme unter Druck setzen. Hironaka sprach von "Geiseljustiz". Die Staatsanwaltschaft versuche, Ghosn am Ende zu einem Geständnis zu zwingen. 

Eigentlich hatte Ghosn am Mittwoch eine Pressekonferenz für den 11. April angekündigt. "Ich bereite mich darauf vor, die Wahrheit darüber zu sagen, was passiert", schrieb er auf Twitter. Stattdessen werde man ein Video mit Aussagen von ihm veröffentlichen, hieß es nun. 

Ghosn war bereits zuvor in mehreren Punkten finanzielles Fehlverhalten vorgeworfen worden. Er soll jahrelang ein viel zu niedriges Einkommen bei Nissan deklariert und persönliche Verluste auf den japanischen Autobauer übertragen haben.

Ghosn war am 19. November in Tokio wegen angeblichen Verstoßes gegen Börsenauflagen in Untersuchungshaft genommen worden. Zudem soll er private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Er wurde angeklagt und erst nach wochenlanger Haft gegen Kaution entlassen. 

Auch Renault greift seinen früheren Konzernchef mit neuen Vorwürfen an. Dabei gehe es ebenfalls um Zahlungen an einen Vertriebspartner des Autoherstellers in der Region des Mittleren Ostens, wie Renault am Vortag mitgeteilt hatte. Die Informationen seien an die französische Justiz weitergegeben worden. Der Verwaltungsrat sprach in allgemeiner Form von "anfechtbaren und versteckten Praktiken". 

stu/as (afp, dpa)

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