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Literatur

Zum Tod von "Medicus"-Autor Noah Gordon

Petra Lambeck
23. November 2021

"Der Medicus" machte ihn berühmt. Mit dem Roman verwirklichte Noah Gordon seinen Traum, Schriftsteller zu werden. Doch Schreiben war eine Qual für ihn.

Porträtfoto des US-Schriftstellers Noah Gordon in schwarz-weiß
Berühmt geworden durch den "Medicus"Bild: Carlos Alvarez/Getty Images

Eigentlich hätte er Medizin studieren sollen. So jedenfalls wollten es seine Eltern. Doch am Ende wurde Noah Gordon Journalist und später Romanautor. Bücher machten ihn glücklich. Auch wenn das Schreiben selbst stets "Folter" gewesen sei, wie er einmal in einem Interview mit dem Magazin "Stern" erzählte. Er leide unter dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom und daher falle es ihm sehr schwer, sich auf ein Thema zu konzentrieren. Trotzdem habe er den innigen Wunsch gehabt, "Geschichtenerzähler" zu werden. 

Wissenschaftsjournalist in New York und Boston

Noah Gordon wurde am 11. November 1926 in einer jüdischen Familie in Massachusetts geboren. Sein Vater, der aus Belarus stammte, war Pfandleiher und Besitzer einer kleinen Künstler-Pension. Er wuchs mit seinem Bruder und seiner Schwester in eher ärmlichen Verhältnissen auf, hatte jedoch das Glück, dass seine Eltern eine ganze Bibliothek aus Büchern besaßen, zu denen er Zugang hatte. 

Später studierte er in Boston Journalismus, wo er auch seine zukünftige Frau Lorraine Seay kennenlernte. Nach dem Studium ging er nach New York und arbeitete zunächst als Lektoratsassistent in verschiedenen Verlagen. Später begann er als Wissenschaftsjournalist für die Tageszeitung "Boston Herald" zu schreiben und war zudem, gemeinsam mit Lorraine, Herausgeber zweier medizinischer Fachzeitschriften. 

Der Wunsch, Schriftsteller zu werden, blieb jedoch bestehen. Und als 1965 schließlich sein erster Roman erschien, wurde er für seine Anstrengungen reichlich belohnt. "The Rabbi" (auf dt. "Der Rabbi") stand 26 Wochen lang auf der Bestsellerliste der New York Times. In dem Buch geht es um die Liebe zwischen einem Rabbiner und seiner christlichen Ehefrau - und um die Konflikte, die daraus resultieren. 

Der Medicus - Durchbruch im Ausland 

Anfang der 1980er Jahre begann Noah Gordon, sich ganz auf das Schreiben von Romanen zu konzentrieren. Doch ob sein Traum ganz und gar Schriftsteller zu werden in Erfüllung gehen würde, musste sich erst noch erweisen. Als 1986 der Roman "The Physician" (auf dt. "Der Medicus") in den USA erschien, schien das Ganze ein Flop zu werden, die Verkaufszahlen ließen anfangs zu wünschen übrig.

Das änderte sich jedoch, als die Bücher in Übersetzung nach Europa kamen. Nur ein Jahr später, 1987, erschien die deutsche Übersetzung unter dem Titel "Der Medicus" und erreichte ein Millionenpublikum. Ähnlich sah es in Spanien aus, wo "El Medico" ebenfalls ein Bestseller wurde. Das wirkte sich auch auf den amerikanischen Buchmarkt aus, insgesamt aber blieb der Erfolg weiter hinter dem europäischen zurück. 

Der Roman spielt im Mittelalter und erzählt die Geschichte des schottischen Waisenjungen Rob Jeremy Cole, der sich auf den Weg nach Persien macht, um sich in die Geheimnisse der Heilkunst einweihen zu lassen. Es war die Mischung aus spannender Unterhaltung und historischem Hintergrund, die das Buch - zumindest in Deutschland - so erfolgreich machten. "Wahrscheinlich hat kein anderes Werk das Bild der Deutschen vom hohen Mittelalter so nachhaltig geprägt wie dieses", hieß es 2008 in der Zeitung "Die Welt". 

Prägte das Bild der Deutschen vom Mittelalter: "Der Medicus" als Film von Regisseur Philipp StölzlBild: UFA Cinema GmbH/dpa/picture alliance

Auch die Folgeromane "Shaman" (1992, auf dt. "Der Schamane") und "Matters of Choice" (1995, auf dt. "Die Erben des Medicus") verkauften sich in Deutschland gut, kamen jedoch nicht mehr an die Verkaufszahlen des ersten Bandes heran. 

2013 wurde "Der Medicus" schließlich unter der Regie von Philipp Stölzl verfilmt. Autor Noah Gordon musste sich an die Drehbuchfassung erst gewöhnen, wie er sagte, doch am Ende gefiel ihm der Film. Auch wenn das Ende komplett neu geschrieben wurde. 

Die Bibliothek - Projekt und Lieblingsort

Am 11. November 2021 feierte Noah Gordon noch seinen 95. Geburtstag. Nur elf Tage später, am 22. November, starb er, wie seine Familie auf der offiziellen Webseite des Schriftstellers mitteilte. Er sei dankbar gewesen, für das lange und ertragreiche Leben, das er habe führen dürfen, heißt es dort. Gordon lebte zuletzt mit seiner Frau in einer Seniorenresidenz, wo er noch in hohem Alter gemeinsam mir ihr eine Bibliothek aufgebaut hatte. Ein Geschenk an die Residenz - und an sich selbst. Hier konnte er lesen, Menschen treffen und seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Geschichten erzählen. 

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