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Nobelpreis der Künste

Thomas Hajduk6. September 2006

Japan vergibt jährlich den renommiertesten Kunstpreis der Welt - und keiner merkt es. Selbst in Deutschland nicht, obwohl der Preis auch alte deutsch-japanische Kulturbeziehungen pflegt.

Zur Preisverleihung nach Tokio: Prinz Hitachi bei der PreisverleihungBild: The Japan Art Association/The Sankei shimbun

Arthur Miller hat ihn. Norman Foster hat ihn. Jean-Luc Godard hat ihn. Und kaum einer kennt ihn. Der "Praemium Imperiale" ist der wohl unbekannteste Kunstpreis der Welt. Dabei deutet nicht nur die Höhe des Preisgeldes (15.000.000 Yen, zirka 110.000 Euro) seine Bedeutung an: In Kunstkreisen genießt die Auszeichnung ein so hohes Renommee, dass sie gelegentlich als "Nobelpreis der Künste" bezeichnet wird.

Der geringe Bekanntheitsgrad des "Praemium Imperiale" ist vor allem auf sein kurzes Alter zurückzuführen: Während die Nobel-Gesellschaft die ersten Nobelpreise 1901 vergeben hat, gibt es den "Praemium Imperiale" erst seit 1989. Die Japanische Kunstvereinigung, die ihn vergibt, ist indes älter. 1879 wurde sie unter Kaiser Meiji, der Japan in die Moderne führte, gegründet. Ihr Ziel war die Pflege japanischer Kunst und bald auch deren Repräsentation in der "westlichen Zivilisation", wie ihr Präsident Prinz Hitachi in seinem Geleitwort erklärt.

Von den Künsten zum Weltfrieden

Sein Vorgänger Prinz Takamatsu hatte die Schaffung eines internationalen Kunstpreises angeregt. Mit ihm sollten Künstler aus den Bereichen Malerei, gestaltende Kunst, Architektur, Musik und Theater beziehungsweise Film geehrt werden, die – so das Kriterium –"signifikant zu der Entwicklung der internationalen Künste und Kultur" beigetragen hätten. Damit sollten die internationale Verständigung und der Weltfrieden gefördert werden - traditionelle Ziele des pazifistischen Nachkriegsjapans.

Dass unter den sechs internationalen Beratern, die den Nominierungskomitees vorsitzen, mit Bundespräsident a. D. Richard von Weizsäcker auch ein Deutscher ist, hat mehrere Gründe. Zusammen mit dem französischen Ex-Premier Raymond Barre, dem US-Diplomaten William H. Luers, Japans Premier a. D. Yasuhiro Nakasone, Lamberto Dini, dem ehemaligen Premier und Außenminister Italiens, und dem kürzlich verstorbenen britischen Ex-Premier Edward Heath vertritt Weizsäcker (davor Helmut Schmidt) die "westliche Zivilisation", an der Japan sich auch heute misst. Daneben sei ihr persönliches Interesse und Engagement für Japan wichtig gewesen, erklärt Nobutoshi Notsu, Geschäftsführer der Japanischen Kunstvereinigung.

Deutschland und Japan: Geschwister vor der Geschichte

Im Falle des deutschen Beraters kommt noch das besondere deutsch-japanische Verhältnis hinzu, das Notsu zurückhaltend "einen Teil der Begründung" nennt. Denn Ende des 19. Jahrhunderts ließ Japan sich nicht wie etwa China von den Kolonialmächten unterwerfen, sondern adaptierte die westlichen Invasoren. Von Preußendeutschland übernahmen die Japaner die rationale Bürokratie und das säbelrasselnde Heer. Zwischen den beiden Weltkriegen war der deutsch-europäische Einfluss nicht der beste: Die Herrenmenschenideologie und Kriegsverbrechen jener Jahre lasten bis heute auf Japans Beziehungen zu seinen Nachbarn. Nach den prosperierenden 1960er und 1970er-Jahren, in denen sich Japan das Wirtschaftswunderland Deutschland zum Vorbild nahm, wurde es still in den deutsch-japanischen Beziehungen.

Es wäre nicht das geringste Verdienst, wenn es dem "Praemium Imperiale" gelänge, frischen Wind in den angestaubten Kulturaustausch der beiden verwandten Länder zu bringen.

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