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Nobelpreis für Hepatitis-C-Entdecker

5. Oktober 2020

Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an Harvey Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles Rice (USA). Was haben sie entdeckt? Was ist Hepatitis C? Und wie denkt die Fachwelt über die Preisträger? 

Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice Nobelpreisträger 2020 für Physiologie und Medizin
Bild: Niklas Elmehed/Nobel Media

Dank der Entdeckungen der drei Preisträger könne Hepatitis C jetzt geheilt werden, heißt es in der Begründung des Karolinska-Instituts in Stockholm. Sie hätten die Ursache für Fälle chronischer Hepatitis gefunden und Blutuntersuchungen sowie neue Medikamente ermöglicht, die Millionen von Menschenleben gerettet hätten.

Der Nobelpreis für Medizin geht "an drei Forscher, die einen maßgeblichen Anteil am Kampf gegen die durch Blut übertragene Hepatitis geleistet haben. Die Krankheit ist ein großes globales Gesundheitsproblem, die bei Menschen rund um den Globus Zirrhose und Leberkrebs verursacht", hieß es vom Nobelkomitee.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr weltweit 500.000 Menschen an den von Hepatitis C verursachten Leberschäden. Die Krankheit schlummert oft jahrzehntelang unentdeckt im Körper. Währenddessen greift das Virus die Leber an, kann zu Leberzirrhose und sogar zu Leberkrebs führen. Häufig wird es durch mangelhafte Bluttransfusionen, Injektionen und seltener auch beim Geschlechtsverkehr übertragen.

Was ist Hepatitis C und wie schützt man sich?

Als das Virus 1989 entdeckt wurde, nannte man es zuerst "Non-A-Non-B-Virus". Da es davor noch nicht bekannt war, konnte Blut nicht daraufhin getestet werden. Das Virus kann etwa durch unsterile Spritzen, medizinische Geräte und Bluttransfusionen übertragen werden.

Das Hepatitis-C-Virus ist ein behülltes, einzelsträngiges RNA-Virus mit positiver Polarität und das einzige bislang bekannte RNA-Virus, das eine chronische Infektionskrankheit verursachen kann.

Erst nach der erstmaligen Anwendung der Klonierung von Genomfragmenten aus dem Serum eines künstlich mit HCV infizierten Schimpansen gelang 1989 die Entdeckung und 1990 die Sequenzierung des dann Hepatitis-C-Virus genannten Erregers.

Medikamente gegen Hepatitis C gibt es, der Impfstoff fehlt noch

Eine Impfung gibt es bislang nicht. Dafür gibt es allerdings in den letzten Jahren deutliche Behandlungserfolge mit antiviralen Medikamentencocktails, die es schaffen, die Virenlast im Körper langfristig zu reduzieren. Diese sind indes noch sehr teuer.

Der Nobelpreis für Medizin geht 2020 an drei Forscher, deren Erkenntnisse über Hepatitis C unmittelbar aufeinander aufbauen. 

Harvey J. Alter, geboren 1935 in den USA, zuletzt Forschungsdirektor der Blutbank am Clinical Center des National Institute of Health (NIH) in Bethesda, Maryland und Professor für Innere Medizin an der Georgetown University, erkannte in den 1970er Jahren, dass viele Empfänger von Bluttransfusionen an Hepatitis erkrankten, ohne dass die damals bereits bekannten Erreger, die Hepatitisviren A und B, nachgewiesen werden konnten. In Tierversuchen konnte er beweisen, dass es einen weiteren Krankheitserreger geben musste. 

Nachdem Daniel W. Bradley  vom CDC Anfang der 1980er Jahre den damals noch “Non A, Non B“ genannten Hepatitis C-Virus aus Schimpansen-Serum isolieren konnte, gelang es seinem britischen Forscherkollegen Michael A. Houghton, Jahrgang 1949, in Zusammenarbeit mit Bradley das Genom des neuen Virus aus dem Blut eines infizierten Schimpansen in Teilen zu klonen. Daraus entwickelte er einen Test, der es ab Anfang der 1990er Jahre möglich machte, Blutkonserven auf den Erreger zu überprüfen. So konnten Empfänger von Blutspenden vor der für Hepatitis C typischen Leberzirrhose und vor Leberkrebs geschützt werden. Dafür erhielt Michael A. Houghton unter anderem 1993 den Robert-Koch-Preis  zusammen mit Bradley und Hans-Georg Rammensee.

Sein US-Forscherkollege Charles Moen Rice, Jahrgang 1952, Professor und Leiter des Labors für Virologie und Infektiöse Krankheiten an der Rockefeller University, entdeckte schließlich einen untypischen Abschnitt im Genom des neuen Virus, das nach seiner Auffassung für Vermehrung des Virus verantwortlich sein könnte. 

Er injizierte Schimpansen RNA-Varianten mit diesem untypischen Genom-Abschnitt und konnte schließlich im Blut der Schimpansen das neue Virus nachweisen. Die Zellen hatten sich ähnlich wie bei erkrankten Menschen verändert. Dies war der Beweis, dass alleine dieses Virus Hepatitis auslöst.  

Was führende Hepatitis-C-Forscher zu den Nobelpreisträgern sagen

"Ich halte den Preis für absolut gerechtfertigt, weil es eine große Errungenschaft der Medizin war, das sogenannte 'Non A, Non B Hepatitis RSA Virus' zu identifizieren", sagt Prof. Stefan Zeuzem von der Universität Frankfurt. Er ist weltweit einer der führenden Gastroenterologen mit Schwerpunkt Lebererkrankungen und Hepatitis C. Im DW-Interview begrüßte Zeuzem die Auszeichnung durch das Nobelkomitee. "Das war eine brillante Strategie, sehr mühsam, sehr arbeitsaufwendig - aber sehr erfolgreich." 

Aus deutscher Sicht sei er allerdings ein wenig traurig, dass der Forscherkollege Prof. Ralf Bartenschlager aus Heidelberg vom Nobelkomitee nicht anerkannt wurde. Dieser hatte das erste in vitro Replikations-System entschlüsselt und entwickelt. Das habe dann die Entwicklung von Medikamenten ermöglicht.

"Harvey Alter und Houghton sind also definitiv diejenigen, die die richtigen Strategien zur Identifizierung des Virus angewandt haben", so Zeuzem weiter. "Aber Charles Rice und Bartenschlager haben das Feld in Bezug auf die Methodik, die das Testen und die Entwicklung von Medikamenten ermöglichte, wirklich vorangebracht," sagte Zeuzem. "Als Deutsche sind wir ziemlich traurig, dass Bartenschlager nicht anerkannt wurde. Er kann es also nicht für sich beanspruchen, aber ich tue es in seinem Namen."

Fit & gesund - Hepatitis

26:00

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Der so gelobte Ralf Bartenschlager, Virologe und Krebsforscher am Universitätsklinikum Heidelberg und am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ, war bereits 2015 gemeinsam mit Charles Rice für seine Entdeckungen mit dem Robert-Koch-Preis und 2016 mit der höchsten medizinisch-wissenschaftliche Auszeichnung der USA, dem Lasker-Preis  ausgezeichnet worden. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Preises freute er sich im DW-Interview mit den Preisträgern, auch wenn er selber nicht ausgezeichnet wurde.

"Nun, wenn ich ehrlich bin, ist es natürlich auf der einen Seite traurig. Aber auf der anderen Seite sollte man daran denken, wie schwierig es ist, in den Komiteesitzungen des Nobelpreises Entscheidungen zu treffen. Außerdem sollte man bedenken, dass die wissenschaftlichen Errungenschaften heutzutage von mehr als drei Personen gemacht werden, sodass es immer Gewinner und Verlierer gibt." 

Die drei, die den Nobelpreis erhalten haben, hätten ihn auf jeden Fall verdient, fügt Bartenschlager hinzu. "Wenn es vier oder fünf Personen wären, könnte ich ohne Weiteres einige Personen benennen, die es meiner Meinung nach ebenso verdient hätten, den Preis zu bekommen." 

Höheres Preisgeld, weniger Journalisten 

Neben ihren prestigeträchtigen Nobelmedaillen und -diplomen erhalten die Preisträger in diesem Jahr pro Kategorie zehn Millionen schwedische Kronen (umgerechnet rund 957.000 Euro) und damit eine Million mehr als im Vorjahr.

Wegen der Coronavirus-Pandemie waren bei der Verkündung der Preisträger diesmal deutlich weniger Journalisten vor Ort als üblich. Auch die Preisverleihungen in Stockholm und Oslo am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel, werden deutlich kleiner ausfallen als sonst. Auch sollen die Geehrten den Preis nicht persönlich in Empfang nehmen, sondern lediglich aus ihrer Heimat zugeschaltet werden. 

In den kommenden Tagen werden auch die Preisträger in den anderen Kategorien bekanntgegeben: Am Dienstag und Mittwoch Physik und Chemie, am Donnerstag der Literatur- und am Freitag der Friedensnobelpreis. Am kommenden Montag folgt dann der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, der erst 1968 gestiftet wurde und nicht zu den eigentlichen Nobelpreisen zählt. 

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