Noch dreht sich das Kandidaten-Karussell
19. Februar 2012Die Kandidatensuche für die Nachfolge des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gestaltet sich schwieriger als gedacht. Kann es auf eine erneute Kandidatur von Joachim Gauck hinauslaufen?
Sieger der Herzen
Der frühere Pastor und DDR-Bürgerrechtler war so etwas wie der "Sieger der Herzen" bei der Präsidentenwahl 2010, die er erst im dritten Wahlgang gegen Wulff verlor. Der heute 72-Jährige machte sich einen Namen mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Nach persönlichen Erfahrungen in zwei Diktaturen bezeichnet Gauck "Freiheit" als sein großes Lebensthema.
Als brillanter Redner ist er im In- und Ausland gefragt. Gauck wird auch in Union und FDP geschätzt. Sein Verhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel gilt aber als schwierig. Möglicherweise auch deshalb nahm Gauck zu Spekulationen über eine eventuelle neue Kandidatur bislang nicht konkret Stellung.
Wortführer des Protestantismus
Als möglicher Kandidat für das Bundespräsidentenamt wird auch Wolfgang Huber gehandelt. Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zählt zu den intellektuellen Vordenkern und bekanntesten Wortführern des deutschen Protestantismus. Der sprachgewandte Sozial- und Bioethiker sieht sich in der Nachfolge protestantischer Denker wie Dietrich Bonhoeffer, der 1945 von den Nazis hingerichtet wurde.
Wie dieser ist Huber überzeugt, dass die Kirche sich in die gesellschaftliche Debatte einmischen muss. Bevor er 1994 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg wurde, hatte der Theologie-Professor ein SPD-Bundestagsmandat angestrebt. Der 69-Jährige hat sich stets für eine bessere Integration und gegen Ausländerhass eingesetzt.
Öko-Papst mit internationaler Erfahrung
Neben den beiden Kirchen-Vertretern Gauck und Huber wird Klaus Töpfer bei der Kandidatensuche für das Bundespräsidentenamt genannt. Der frühere Bundesumweltminister von der CDU gilt seit Jahren als "Öko-Papst" und respektabler Präsidenten-Kandidat. Er genießt auch bei SPD und Grünen Anerkennung. Töpfer war einer der beiden Chefs der von Merkel nach dem GAU von Fukushima ins Leben gerufenen Ethikkommission.
Töpfer hat bei Union und FDP aber nicht nur Freunde. FDP-Chef Philipp Rösler nannte ihn einen "konservativen Weltverbesserer". Sicher ist: Töpfer hat nicht nur in der Bundespolitik gewirkt, sondern er besitzt auch internationale Erfahrung: Von 1998 bis 2006 war er Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi.
'Sonnenkönigin vom Römerberg"
Neben den drei Männern, die als mögliche Kandidaten für das höchste Amt im deutschen Staat gehandelt werden, wird schließlich auch der Name einer Frau genannt. Gemeint ist Petra Roth: Die kommunale Spitzenpolitikerin war 17 Jahre das Gesicht der Finanzmetropole Frankfurt am Main. Im Sommer will die 67-jährige CDU-Politikerin vorzeitig von ihrem Amt in Frankfurt am Main zurücktreten, um das Feld für einen Generationenwechsel freizumachen, wie sie selbst sagt.
Die langjährige Präsidentin des Deutschen Städtetags gilt als umgängliche Politikerin, die mit den Bürgern ins Gespräch kommt. Sie ist stolz auf den interreligiösen Dialog der drei Kirchen in Frankfurt und die Einbürgerung von mehr als 30.000 Ausländern. Wegen ihres präsidialen Stils wurde sie aber auch schon als "Sonnenkönigin vom Römerberg" verspottet.
haz/ml (dpa, kna)