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KonflikteFrankreich

Noch ein Ukraine-Gipfel: Warum Paris?

26. Februar 2024

Die Hilfszusagen für die angegriffene Ukraine schrumpfen. Der französische Präsident Emmanuel Macron lud daher kurzfristig zu einem Treffen. Die Botschaft: Wir geben nicht auf. Aus Paris Bernd Riegert.

Frankreichs Präsident Macron bei der Eröffnung der Konferenz
Frankreichs Präsident Macron bei der Eröffnung der KonferenzBild: Gonzalo Fuentes/AFP/Getty Images

Bei seinem vergangenen Besuch in Paris hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Sicherheitsabkommen mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterschrieben und sich wohl auch beklagt, dass die westliche Unterstützung für sein von Russland angegriffenes Land zu sehr stockt. Das war am 16. Februar. Etwa eine Woche später verschickte das französische Präsidialamt kurzfristig Einladungen zu einer internationalen Solidaritätskonferenz mit der Ukraine im Elyséepalast in Paris - für den heutigen Montagabend inklusive Dinner, also nur rund eine Woche nach den Einladungen. Warum diese plötzliche Hektik?

Heiterkeit vor 16 Tagen: Selenskyj (li.) und Macron scherzen im Elysee nach Unterzeichnung eines SicherheitsabkommensBild: Thibault Camus/AP Photo/picture alliance

Gegen Frust angehen

Ein Berater des Präsidenten, der nicht namentlich genannt werden will, begründete die "Arbeitskonferenz" in Paris so: Emmanuel Macron wolle gegen die Stimmung von "doom and gloom", also von Untergang und Scheitern, angehen, die sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor vierzehn Tagen mit Blick auf die Ukraine abgezeichnet habe. Der Westen müsse Russland das klare Signal geben, dass man die russische Aggression zurückschlagen wolle und die Ukraine auf keinen Fall scheitern lassen oder aufgeben werde. Die gleiche Botschaft hatte am Samstag auch eine Videokonferenz der Gruppe der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten, geleitet aus Kiew von der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, aussenden sollen. Doch das reichte dem französischen Präsidenten offenbar nicht.

Frankreich scheinen lassen

Auf die Frage, warum die Ukraine-Konferenz ausgerechnet in Paris stattfindet und nicht in Berlin, obwohl doch Deutschland viel mehr Hilfe leiste als Frankreich, reagierte der Präsidentenberater im Vorfeld des Treffens gereizt. Frankreich und der Präsident stünden fest und engagiert, und das nicht zum ersten Mal, an der Seite der Ukraine. Es gehe hier nicht um einen Wettbewerb, wer mehr helfe, sondern um praktische internationale Zusammenarbeit. Aus Berlin kam zuletzt Kritik, Frankreich rede viel und helfe weniger. Französische Diplomaten weisen solche Rechnungen zurück. Aus Paris heißt es, Deutschland setze 0,14 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung für die Ukraine ein, Frankreich 0,13 Prozent.

Bei der Konferenz in Paris, an der Bundeskanzler Scholz (SPD) und der polnische Präsident Andrej Duda sowie der britische Außenminister und Vertreter der USA und Kanadas teilnehmen, geht es auch um die Frage, wie eventuell ausbleibende Hilfsleistungen aus den USA von Europäern ersetzt werden können. Das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus in Washington hält ein Gesetz auf, mit dem der demokratische Präsident Joe Biden 55 Milliarden Euro an Militär- und Haushaltshilfe für die Ukraine mobilisieren will.

Europas Souveränität stärken

Für Macron ist das Anlass, noch einmal auf seiner außenpolitischen Lieblingsthese zu bestehen, wonach Europa "souveräner" und unabhängiger von den USA werden müsse. Ein Thema, das seit Präsident Charles de Gaulle in den 1960er Jahren immer wieder auftaucht. Nach Ansicht des Präsidentenberaters ist jetzt die Gelegenheit, französische Führung in Europa auszubauen und gleichzeitig der Ukraine mehr zu helfen. Das werde angesichts der drohenden Wiederkehr des als unkalkulierbar geltenden Donald Trump ins Weiße Haus umso dringlicher. Macron hatte 2019 während der ersten Amtszeit Trumps das transatlantische Militärbündnis NATO für "hirntot" erklärt und mehr europäische Eigenständigkeit gefordert.

Ukraine: Aus Trümmern soll neue Hoffnung erwachsen

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Großartige neue Hilfszusagen für die Ukraine werden von dem Treffen in Paris offiziell nicht erwartet. Viele der Teilnehmer hatten in den vergangenen Woche Hilfen bilateral angekündigt. Die ukrainische Seite, die heute nur per Videocall zugeschaltet wird, hatte beklagt, dass die Hälfte aller angekündigten Waffen oder auch Munition mit Verspätung geliefert wird. Nach Berechnungen des Kieler Weltwirtschaftsinstitut haben europäische Staaten seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine insgesamt 144 Milliarden Euro zugesagt, aber tatsächlich nur 77 Milliarden wirklich ausgezahlt. Zweitgrößter Geber für die Ukraine bleibt nach den USA Deutschland. Frankreich liegt im Vergleich der absoluten Zahlen weit zurück.

Der Taurus bleibt draußen: Deutschland liefert (vorerst) keine Marschflugkörper, die auch Russland erreichen könnten, an die UkraineBild: Sven Eckelkamp/IMAGO

Keine neuen Zusagen, auch kein Taurus

Gerüchten, die in Paris in Umlauf waren, Deutschland werde heute der Lieferung von bis zu 500 Kilometer weit reichenden "Taurus"-Marschflugkörpern zustimmen, widersprach Bundeskanzler Olaf Scholz energisch. Diese Option stehe nicht auf der Tagesordnung, sagte Scholz bei einer Veranstaltung der Deutschen Presseagentur. "Diese Klarheit ist auch erforderlich. Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann, durch das was wir tun", sagte Scholz.

Die französische und die britische Armee stellen der Ukraine seit vergangenen Sommer 250 Kilometer weit reichende Waffen zur Verfügung, die aber nur innerhalb der Grenzen der Ukraine und nicht auf russischem Gebiet eingesetzt werden sollen. Das hatte Kiew schriftlich zugesichert. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hatten der Ukraine die Lieferung von einer Million Schuss Artilleriemunition zugesagt. Nur die Hälfte wurde bislang geliefert. Der Rest soll bis Ende des Jahres folgen. Die EU hat Anfang des Jahres einen Zuschuss von 50 Milliarden Euro zum ukrainischen Staatshaushalt beschlossen, der in Raten bis 2025 ausgezahlt werden soll.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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