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Kein Griechen-Gipfel - weiter verhandeln!

Bernd Riegert27. April 2016

Die Finanzminister der Euro-Gruppe sollen weiter versuchen, den Streit mit Griechenland um das dritte Hilfspaket zu lösen, entschied EU-Ratspräsident Tusk. Neuer Akt im finanziellen Drama? Von Bernd Riegert, Brüssel.

Maske Symbolbild
Geplatztes Finanzministertreffen: Kehrt das griechische Drama des letzten Sommers zurück?Bild: crimson/fotolia.com

"Niemand möchte das Chaos des vergangenen Sommers nochmals erleben", sagte der griechische Europa-Abgeordnete Dimitris Papadimoulis und spricht wahrscheinlich vielen Akteuren in Brüssel aus dem Herzen. Er gehört der Syriza-Partei an und fungiert als eine Art Sprachrohr des Syriza-Chefs und Ministerpräsidenten Alexis Tsipras gegenüber den Medien in der EU-Hauptstadt. In einem Interview mit dem deutschen Magazin "Spiegel" lehnt Papadimoulis Neuwahlen in Griechenland ab. Die würden nur zu einer Destabilisierung Griechenlands und der ganzen Euro-Währungszone führen, so der linke Syriza-Abgeordnete.

In Griechenland selbst ist die Diskussion über Neuwahlen aber bereits voll im Gange. Die konservative Oppositionspartei fordert seit längerem den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Die Zeitung "Kathimerini" spekuliert, Alexis Tsipras selbst könnte auf Neuwahlen setzen, um sich seinen Kurs gegenüber den internationalen Geldgebern nochmals von den Wählern absegnen zu lassen. Im vergangenen Sommer hatte Tsipras erst ein Referendum und später Wahlen angesetzt, um sich während der dramatischen Auseinandersetzung mit der Euro-Gruppe und dem internationalen Währungsfonds seine Politik mandatieren zu lassen. Nach einer Reihe von Sondergipfel-Treffen und einer Beinahe-Pleite des griechischen Staates wurde schließlich im Juli 2015 ein drittes Hilfspaket in Höhe von 86 Milliarden Euro für Griechenland vereinbart.

Papadimoulis: Niemand möchte ChaosBild: DW/B. Riegert

Da capo: Sondersitzungen und Rettungsgipfel?

Steht man jetzt offenbar wieder am Beginn einer solchen dramatischen Phase? Das eigentlich für diesen Donnerstag geplante Sondertreffen der 19 Finanzminister der Eurogruppe musste abgesagt werden. "Es wird mehr Zeit gebraucht", ließ der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, mitteilen. "Wir sind fast da. Es kann geschafft werden, und zwar in relativ kurzer Zeit", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im Namen der EU-Kommission. In Athen hatten es die Unterhändler der drei Institutionen, Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds, nicht geschafft, sich mit der griechischen Regierung auf die Umsetzung der Reform- und Sparmaßnahmen zu verständigen. Dieser Schritt wäre eigentlich schon im Oktober 2015 fällig gewesen, wurde aber immer und immer wieder verschoben.

Dicke Luft über der Athener Akropolis: Geldgeber und Griechen können sich nicht einigenBild: picture-alliance/dpa/A. Konstantinidis

Streit um theoretische Vorratsbeschlüsse

Noch am Wochenende beim Finanzministertreffen der Eurogruppe in Amsterdam war der niederländische Finanzminister Dijsselbloem optimistisch gewesen, an diesem Donnerstag endlich zu einem Abschluss zu kommen. In Amsterdam hatten die Finanzminister vereinbart, dass Griechenland eine Art "Notfallplan" von vorbeugenden Reformen und Sparmaßnahmen im Umfang von 3,6 Milliarden Euro vorlegen sollte. Dieser Plan sollte nur dann greifen, wenn Griechenland die im Rettungsprogramm vorgegebenen Haushaltsziele in den nächsten Jahren nicht erreichen sollte.

Von dieser Vereinbarung wollte der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos bereits Stunden nach dem Treffen schon nichts mehr wissen. Die Gespräche über den "Notfallplan" scheiterten. Aus Athen wird den drei Institutionen, und besonders dem Internationalen Währungsfonds, jetzt "Erpressung" vorgeworfen. Besonders der linke Flügel der Syriza-Bewegung setzt den griechischen Ministerpräsidenten unter Druck, keinen Vorratsbeschlüssen über Sparmaßnahmen zuzustimmen. Alexis Tsipras verfügt nur über eine relativ kleine Mehrheit von drei Stimmen im griechischen Parlament.

Vorerst keine Sondergipfel für Griechenland

Wie schon im vergangenen Jahr wollte Alexis Tsipras versuchen, das Problem von der Ebene der Finanzministern auf die Ebene der Chefs zu verlagern. Er soll in einem Telefongespräch mit dem EU-Ratspräsidenten Donald Tusk versucht haben, einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurogruppe zu erreichen. Doch Donald Tusk winkte wohl zunächst ab. Der Ratspräsident sagte in Brüssel lediglich, er erwarte eine Sitzung der Eurogruppen-Finanzminister in einer nicht allzu fernen Zukunft. "In Tagen, nicht Wochen", so Tusk zu Reportern. "Wir müssen eine Situation von neuerlicher Unsicherheit in Griechenland vermeiden."

Tusk: Finanzminister müssen weitersuchenBild: Alain Jocard/AFP/Getty Images

"Griechenland hat noch Geld"

Der Griechenland-Experte der Brüsseler Denkfabrik "Bruegel" sieht das Hin-und Her noch gelassen. "Man kann das nicht mit dem Drama des letzten Sommers vergleichen. Damals hat eine neu gewählte Regierung keinen Stein auf dem anderen gelassen, aber dennoch am Ende nachgegeben. Ich bin sicher, dass es einen Kompromiss geben wird", sagte Zsolt Darvas der Deutschen Welle. Außerdem sei Griechenland durchaus in der Lage, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds über den Sommer nachzukommen. "Auf kurze Sicht haben sie das Geld", glaubt Finanzexperte Zsolt Darvas. Vorhersagen seien schwer, weil es keine verlässlichen Statistiken zum griechischen Haushalt gebe. Allerdings brauche die griechische Regierung auf lange Sicht schon frisches Geld aus dem dritten Hilfspaket, um irgendwann an die freien Finanzmärkte zurückkehren zu können.

Noch aber gibt es offenbar ausreichend Spielraum für Verhandlungen und taktische Spielchen. "Seit fünf Jahren ist es immer dasgleiche. Vor jeder Auszahlung verlangen die Gläubiger ein bisschen mehr, die Griechen wollen aber nur etwas weniger erfüllen. Am Ende hat man sich dann jedes Mal geeinigt", meint Zsolt Darvas. Die reale Wirtschaft in Griechenland schrecke das auch nicht mehr. "Investoren und Geschäftsleute haben sich an dieses Szenario gewöhnt."

IWF muss bleiben

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras beschwerte sich bei EU-Ratspräsident Donald Tusk telefonisch über die Haltung des Internationalen Währungsfonds (IWF), der auf dem Notfallplan besteht, bevor er den weiteren Abläufen im dritten Rettungspaket zustimmen will. Der Syriza-Europaabgeordnete Dimitris Papadimoulis fordert, dass der IWF aus dem Rettungsprogramm ganz aussteigt. "Ich träume davon, dass sich die EU dafür entscheidet, ihre Probleme ohne Hilfe von außen zu lösen." Allerdings bestehen Deutschland und andere Eurogruppen-Staaten darauf, dass der IWF an Bord bleibt. "Das steht bei uns im Gesetz zur Griechenland-Rettung", hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble erneut am vergangenen Wochenende in Amsterdam betont. Er könne also gar nicht anders. Das deutsche Parlament habe die Teilnahme des IWF zu einer Bedingung für das dritte Hilfspaket gemacht.

Griechenland - neuer Chef der Steuerbehörde

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Die Sozialisten im Europäischen Parlament haben mehr Sympathien für die griechische Haltung. Deren Vorsitzender Gianni Pitella sagte in Brüssel, man könne den Griechen nicht noch mehr Sparmaßnahmen abverlangen. "Falls nötig, sollte es in der kommenden Woche einen Sondergipfel der Regierungschefs der Euro-Gruppe geben."

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