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Schäuble in Davos

Andreas Becker, z.Zt. Davos24. Januar 2014

Die Eurokrise ist noch nicht überwunden, aber der Optimismus ist zurück in Europa. So die Botschaft des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Schweiz Deutschland World Economic Forum 2014 Wolfgang Schäuble
Bild: Reuters

Die Reden der meisten Politiker auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos haben ein klares Ziel: Sie werben um Investitionen und wollen ihr jeweiliges Land als attraktiven Standort präsentieren. Verglichen damit hielt sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sehr zurück. Die Botschaft des ranghöchsten Vertreters der Bundesregierung in Davos: Kontinuität.

An der deutschen Finanzpolitik werde sich in absehbarer Zeit nichts ändern. "Wir werden die Finanzpolitik mit Nullverschuldung fortsetzen", sagte Schäuble am Freitag (24.01.2014) im Gespräch mit Peter Limbourg, dem Intendanten der Deutschen Welle.

"Ohne uns wäre die Krise viel stärker"

29:43

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"In diesem Rahmen, und nur in diesem Rahmen, setzen wir schrittweise um, was wir im Wahlkampf versprochen haben", so Schäuble. Im Koalitionsvertrag hatte sich die neue Bundesregierung unter anderem auf Mehrausgaben in der Rentenpolitik geeinigt.

Zu erfolgreich?

Schäuble wies die Vorwürfe zurück, die deutschen Exporterfolge würden die internationale Balance gefährden. "Wir haben in der Eurozone keinen Leistungsbilanzüberschuss", so der Minister. Exportüberschüsse gebe es dagegen mit Ländern außerhalb der Europäischen Union.

Davon würden auch die anderen EU-Staaten profitieren, denn in den deutschen Exportprodukten "sind ja dann jede Menge Vorleistungen unserer europäischen Partner drin. Ohne uns wäre der Rückgang in der Eurozone viel stärker gewesen, das ist auch Teil der europäischen Verantwortung."

Bessere Stimmung

Die Stabilität der deutschen Wirtschaft sei daher auch ein Grund, warum sich die angeschlagenen Eurostaaten nun langsam wieder erholten. Als Zeichen der Erholung nannte Schäuble die sinkenden Zinssätze für Staatsanleihen aus Griechenland, Irland, Portugal und Spanien.

Trotzdem gebe es noch viel zu tun. "Wir sind noch nicht ganz über den Berg, aber immerhin schon auf der Höhe von Davos", so Schäuble. Insgesamt aber gebe die wirtschaftliche Lage in Europa nicht mehr so großen Anlass zur Sorge wie noch vor einem Jahr. Dieser Stimmungswandel sei in Davos, aber auch bei Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und G20-Gipfeln "mit Händen zu greifen".

Vor allem in Griechenland habe sich die Lage verbessert. "Das griechische Glas war fast leer vor zwei Jahren, jetzt ist es zur Hälfte gefüllt." Schäuble äußerte großen Respekt vor den griechischen Reformanstrengungen. "Ich wollte das nicht in Deutschland durchsetzen müssen."

Die Fragen an Schäuble stellte DW-Intendant Peter LimbourgBild: DW/M. Kasper-Claridge

Cameron stellt die Energiefrage

Kurz vor Schäuble hatte in Davos der britische Premierminister David Cameron gesprochen und "billige Energie" als wichtige Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft genannt. Cameron sprach sich dabei auch für das in Europa umstrittene Fracking aus, bei dem unter Einsatz von starken Chemikalien bisher unzugängliche Öl- und Gasvoräte gefördert werden können. Diese Methode hat in den USA dazu geführt, dass der Gaspreis drastisch gefallen ist. Umweltschützer warnen allerdings vor großen Schäden für die Natur.

Die deutsche Regierung hält dagegen an der geplanten Energiewende fest, also dem Wechsel von fossilen und atomaren Energieträgern hin zu erneuerbaren Quellen wie Wind- und Solarkraft.

Vor allem Wirtschaftsverbände befürchten dadurch steigende Energiekosten. Schäuble gab sich dagegen optimistisch: "Wir sind auf einem guten Weg, die Energiewende mit allen Schwierigkeiten so voranzubringen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht leidet."

Lob für Frankreich

Die Wettbewerbsfähigkeit ist in Davos ein Dauerthema, auch in diesem Jahr. "Es gibt einige Länder, die die Wettbewerbsfähigkeit im Moment nicht so erreichen", sagte Schäuble. Angesprochen auf die Ankündigung des französischen Präsidenten Francois Hollande, die stockende Wirtschaft durch Steuererleichterungen für Unternehmen wieder zu beleben, sagte Schäube: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass Frankreich so weiter gestärkt wird."

Trotz mancher Anzeichen für eine langsame Erholung in Europa befürchten einige Beobachter, dass bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai extremistische Parteien großen Zulauf erhalten. Politiker müssten den Wählern die Vorzüge Europas angemessen erklären, sagte Schäuble. "Der Wirtschaft in Deutschland ginge es erheblich schlechter, wenn wir die europäische Währung nicht hätten."

Raus aus der EU?

In Großbritannien, dass nicht Teil der Währungsunion, aber Mitglied der EU ist, ist die Stimmung gegenüber Europa zurzeit ablehnend. Laut einer Umfrage könnte die europakritische und rechtsgerichtete Partei United Kingdom Independence Party (UKIP) bei den Wahlen mit rund 30 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei werden, gegenüber weniger als 20 Prozent für die Partei von Premierminister Cameron.

Trotzdem glaubt Cameron, seine Mitbürger vor dem geplanten Referendum über einen Verbleib in der EU überzeugen zu können - vorausgesetzt, es gebe vorher Reformen. "Ich bin zuversichtlich, dass Großbritannien weiterhin Mitglied in einer reformierten Europäischen Union bleibt", so Cameron in Davos.

Schäuble sieht das ähnlich: Das Vereinigte Königreich "wird in Europa bleiben, und eines Tages wird sich auch die Schweiz stärker beteiligen". Eine Reform der europäischen Institutionen sei zwar schwierig, aber dringend nötig. "Wir werden die europäische Integration nicht ohne eine Veränderung des Gefüges erreichen."

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