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Zankapfel Nord Stream 2

Nicolas Martin
1. Februar 2022

Der Ukraine-Konflikt hat die Gaspipeline Nord Stream 2 einmal mehr ins Zentrum der Diskussionen gerückt. Um das gigantische russische Projekt gibt es schon lange Streit. Ein Überblick.

Deutschland Lubmin Nord Stream 2 Anlage
Bild: Odd Andersen/AFP

Die Geschichte von Nord Stream 2 beginnt eigentlich schon mit dem Bau der Pipeline Nord Stream 1 im Jahr 2005. Mehrmals steht auch dieses Bauprojekt vor dem Aus. Es gibt Streit zwischen Russland und Deutschland, innerhalb der EU und im transatlantischen Verhältnis mit den USA. Seit 2011 fließt nun Gas, doch der wahre Aufreger sollte erst folgen: Eine parallel verlaufende Doppelröhre: Nord Stream 2. 

Was ist Nord Stream 2? 

Die Arbeiten am Nachfolgeprojekt Nord Stream 2 starten im Mai 2018. Die zwei geplanten Röhren beginnen im russischen Ust-Luga in der Narwa-Bucht. Sie verlaufen dann weitestgehend parallel zu Nord Stream 1 und landen ebenfalls in Lubmin bei Greifswald (Bundesland Mecklenburg-Vorpommern) an. Im Juni 2021 sind die Verlegearbeiten des ersten Stranges abgeschlossen. Die des zweiten Stranges im September 2021. 

Die Rohrleitung ist insgesamt rund 1230 Kilometer lang. Beide Pipelines (Nord Stream 1 und 2) haben eine Transportkapazität von jeweils 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr. Deutschland ist bereits jetzt mit Abstand der größte Abnehmer von russischem Erdgas (siehe Grafik).

Wer ist an Nord Stream 2 beteiligt? 

Die Pipeline gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom. Von Beginn an waren an der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG aber auch fünf europäische Energiekonzerne mit ihm Boot. Dazu zählen OMV aus Österreich, die britisch-niederländische Shell, der französische Konzern Engie und Uniper und Wintershall aus Deutschland. Die fünf beteiligten Firmen finanzieren 50 Prozent der anfänglich veranschlagten Investitionen. Diese lagen bei acht Milliarden Euro. Rendite für ihre Investitionen sehen die Investoren allerdings erst, wenn tatsächlich auch Gas durch die Pipeline fließt.
 
Doch seit die Amerikaner unter Ex-Präsident Donald Trump sich gegen das Projekt gestellt haben, sind einige Firmen wieder zurückgerudert. Sie befürchten, durch die Beteiligung am Projekt auf einer amerikanischen Sanktionsliste zu landen. Mindestens 18 europäische Unternehmen haben ihre Aktivitäten am Projekt eingestellt. Dazu zählt auch die von Anfang an beteiligte BASF-Tochter Wintershall.

Durch solche Röhren soll das Gas schon bald von Russland nach Deutschland fließenBild: Maxim Shemetov/REUTERS

Was ist der Stand von Nord Stream 2?

Die US-Regierung unter Joe Biden verzichtete im Mai 2021 über eine Ausnahmeregelung auf Sanktionen gegen die Nord Stream 2, um das Verhältnis zu Deutschland nicht zu belasten. Am 10. September des vergangenen Jahres meldeten die Russen die Fertigstellung der Pipeline. Die Röhren sind bereits mit sogenanntem technischem Gas befüllt, doch in die EU fließen darf es nicht. Erst müssen noch die notwendigen technischen Prüfsiegel erteilt werden und alle rechtlichen Genehmigungen vorliegen. Dafür hat die Nord Stream 2 AG vor kurzem eine deutsche Tochtergesellschaft namens Gas for Europe GmbH mit Sitz in Schwerin gegründet, so sieht es die EU-Gasrichtlinie vor. Dennoch geht die Bundesnetzagentur - sie muss das Genehmigungszertifikat erteilen -  davon aus, dass ein Abschluss des Zertifizierungsverfahrens im ersten Halbjahr kaum mehr möglich sein wird. Erst danach könnte Gas fließen. 

6. September 2021: Arbeiter auf dem Verlegeschiff Fortuna feiern das letzte Rohr für Nord Stream 2. Bild: Axel Schmidt/Nord Stream 2

Warum gibt es Streit um Nord Stream 2?

Die Gegner der Pipeline, vor allem die osteuropäischen Länder, lehnen Nord Stream 1 und 2 als außenpolitisches Machtinstrument ab. Ihrer Meinung nach verfolgt Russland damit das Ziel, Polen und die Ukraine - durch die bisher viel russisches Erdgas fließt - zu umgehen. 

Auch die USA deuteten unter Trump die Pipeline als strategisches Instrument Russlands. Biden hat sich in dieser Position stärker Deutschland zugewandt, doch auch der aktuelle US-Präsident bekommt mit dieser Haltung zunehmend Gegenwind von Republikanern und aus den eigenen Reihen. 

Deutschland hat Nord Stream 2 lange als rein wirtschaftliches Projekt behandelt. Dennoch gab es auch immer Stimmen, die auf die Gefahr der zunehmenden Abhängigkeit von Russland hinwiesen. Hinzu kamen Argumente, die Nord Stream 2 als ökologisch unnötig und wirtschaftlich nicht rentabel bezeichnen. 

Warum eskaliert der Streit jetzt? 

Seit der Truppenaufstockung Russlands an der Grenze zur Ukraine ist Nord Stream 2 ins Zentrum der Debatten über mögliche Sanktionen gegen Moskau gerückt. 

Deutschland, die EU und die USA sehen Nord Stream 2 zunehmend als Druckmittel des Westens gegen Russland. Die Bundesregierung ist damit von ihrer Position abgerückt, die Pipeline als rein ökonomisches Projekt zu betrachten. Es hat sich weitestgehend die Haltung durchgesetzt, dass ein Einrücken Russlands in der Ukraine das Ende von Nord Stream 2 besiegeln könnte. In der politischen Debatte wird allerdings immer wieder erwähnt, dass Russland diese Schritte bereits eingepreist haben könnte.  

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