1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nord Stream 2: Wird jetzt weitergebaut?

7. Dezember 2020

Der US-Kongress will die Sanktionsregeln gegen das europäisch-russische Pipelineprojekt teilweise verschärfen. Ob Nord Stream 2 dennoch wie angekündigt seit dem Wochenende weitergebaut wird, ist nicht klar.

Deutschland Lubmin Nord Stream 2 Anlage
Bild: Tobias Schwarz/AFP

Im Streit um die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 will der US-Kongress mit Sanktionen den Druck auf Firmen erhöhen, aber betroffenen Regierungen auch die Möglichkeit zur Konsultation geben. Das geht aus dem Entwurf für das Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt hervor, auf den sich Demokraten und Republikaner in beiden Kammern im US-Kongress geeinigt haben.

Sanktionen gegen Regierungen und Behörden europäischer Partnerstaaten wie Deutschland sollen laut Entwurf ausgeschlossen sein. Gegen Unternehmen, die an dem Projekt beteiligt sind, sollen die angedrohten Strafmaßnahmen allerdings ausgeweitet werden. Sanktionen könnten dann nicht nur gegen Firmen verhängt werden, die unmittelbar mit dem Bau der Pipeline zu tun haben.

Betroffen sein könnten dann auch Unternehmen, die etwa Schiffe für andere Aktivitäten im Zusammenhang mit Verlegearbeiten stellen. Auch Firmen, die betroffene Schiffe versichern oder ihnen ihre Hafenanlagen zur Verfügung stellen, drohen Sanktionen. Das gleiche gilt für Unternehmen, die Zertifizierungen für die Pipeline vornehmen, damit diese in Betrieb gehen kann.

Sanktionen gegen Unternehmen sollen aber erst verhängt werden dürfen, nachdem potenziell betroffene Regierungen von EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz, Norwegen und Großbritannien konsultiert wurden. Eine solche Möglichkeit war in früheren Entwürfen nicht vorgesehen. Nach einer Verabschiedung durch beide Kammern muss US-Präsident Donald Trump das Gesetz unterzeichnen, damit es in Kraft tritt.

Showdown in Sassnitz

04:58

This browser does not support the video element.

Nord Stream: "Wir spekulieren nicht"

Ein Sprecher des Pipeline-Betreibers Nord Stream 2 AG wollte sich auf Anfrage der DW nicht zu dem Gesetzesentwurf äußern. "Wir spekulieren nicht über laufende Gesetzgebungsprozesse in den USA und verweisen auf Erklärungen der Europäischen Kommission und der EU-Regierungen, in denen diese US-Sanktionen als Verstoß gegen das Völkerrecht bezeichnet werden”, so der Firmensprecher.

EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hatte die Sanktionspläne der USA noch Anfang November als "inakzeptabel” bezeichnet.

Vor knapp einem Jahr waren die Bauarbeiten an Nord Stream 2 gestoppt worden, nachdem die USA ein erstes Sanktionsgesetz (Peesa) gegen die Spezialschiffe in Kraft gesetzt hatten, die die Rohre verlegen. Die beiden Schweizer Verlegeschiffe wurden daraufhin abgezogen, seit dem ruhen die Bauarbeiten.

Das russische Verlegeschiff "Akademik Tscherski" im September 2020 im Hafen Sassnitz-Mukran auf der Insel RügenBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Russische Rohrverleger kommen

Hinweise, bereits am vergangenen Samstag würden die Verlegearbeiten wieder aufgenommen, bestätigten sich zunächst nicht. In einer offiziellen "Bekanntmachung für Seefahrer” hatte es geheißen, "ab voraussichtlich 05.12.2020 bis 31.12.2020” finde "eine Unterwasserrohrverlegung von zwei parallel verlaufenden Unterwasserrohrleitungen statt.” Die Meldung hatte die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Ende November veröffentlicht. Gefragt, ob an der Wiederaufnahme der Bauarbeiten festgehalten werde, verwies der Sprecher der Nord Stream 2 AG nur auf diese Bekanntmachung.

Am Samstag sollte auch das russische Verlegeschiff "Akademik Tscherski” am deutschen Fährhafen Sassnitz ankommen, berichtete die Deutsche Presseagentur unter Berufung der Webseite vesselfinder.com. Bereits geankert hat dort auch das russische Verlegeschiff "Fortuna”.

Tatsächlich wurden Agenturmeldungen zufolge laut Radaren am Sonntag nahe der deutsch-dänischen Seegrenze russische Schiffe gesichtet. Demnach handelte es sich um die "Akademik Tscherski" sowie die Schiffe "Iwan Sidorenko" und "Finwal". Ob die Verlegearbeiten am Wochenende aber tatsächlich wieder angelaufen sind, blieb zunächst unklar. Das Unternehmen selbst wollte sich auch am Sonntag nicht dazu äußern.

Die US-Botschaft in Berlin hatte das umstrittene Pipeline-Projekt am Wochenende erneut kritisiert. Die Geschäftsträgerin der US-Botschaft, Robin Quinville beeichnete es als politisches "Werkzeug des Kreml", das zum Ziel habe, "die Ukraine zu umgehen und Europa zu spalten". Quinville forderte die Bundesregierung und die EU im "Handelsblatt" dazu auf, ein Moratorium für den Bau der Ostsee-Pipeline zu verhängen. Ein vorübergehender Stopp der Bauarbeiten würde ein deutliches Zeichen setzen, dass Europa das "anhaltende bösartige Verhalten Russlands nicht länger hinnimmt", sagte Quinville der Zeitung.

Moskau will weitermachen

Nach dem Baustopp vor rund einem Jahr hatte Russlands Präsident Wladimir Putin betont, die Pipeline notfalls aus eigener Kraft fertig zu stellen. Am Freitag bekräftigte Moskau erneut, dass es an der Fertigstellung des Milliardenprojekts festhält. "Natürlich werden wir unsere Interessen schützen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Freitag.

Die etwa 9,5 Milliarden Euro teure Pipeline ist zu 94 Prozent fertig. Durch die zwei jeweils rund 1200 Kilometer langen Leitungen von Nord Stream 2 sollen künftig jedes Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland gepumpt werden.

Die USA sind gegen das Projekt und begründen dies auch mit zu großer Abhängigkeit ihrer europäischen Partner von russischem Gas. Unterstützt werden sie von osteuropäischen Staaten wie Polen und den baltischen Ländern, die gegen eine direkte Leitung zwischen Russland und Deutschland sind. Kritiker werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.

bea/ar/hb (DW, dpa, reuters, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen