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Nordkorea: Prestigegewinn durch Allianz mit Russland

Julian Ryall aus Tokio
2. Juli 2025

Nordkorea will weitere 6000 Soldaten nach Russland schicken. Beide Länder wollen profitieren. Moskau kann Kriegsverluste ausgleichen. Diktator Kim sieht einen Prestigegewinn, weil er an der Seite einer Großmacht steht.

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Machthaber Kim bei Rückführung tödlicher Überreste von Soldaten aus RusslandBild: Korean Central Television (KCTV)/AFP

Eine Delegation hochrangiger nordkoreanischer Militärs ist am Montag (30.6.25) nach Moskau gereist. Wie Analysten vermuten, ist ein Zielpunkt der Reise, dass Pjöngjang im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine den Kreml wieder mit Soldaten unterstützen will.

Sergei Schoigu, Ex-Verteidigungsminister und Vorsitzender des Sicherheitsrats Russlands, gab schon im Mai bekannt, dass der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un zugestimmt habe, weitere 6000 Militäringenieure und Arbeiter in die westrussische Region Kursk zu schicken, die an der Grenze zur Ukraine liegt. Das unterstreiche die wachsenden militärischen Beziehungen zwischen Moskau und Pjöngjang, so Schoigu.

Die Ankündigung wurde vom südkoreanischen Geheimdienst NIS bestätigt. Außerdem habe Nordkorea nach NIS-Informationen inzwischen mehr als 10 Millionen Artilleriegeschosse und Raketen an Russland geliefert und im Gegenzug Hilfsgüter und Militärtechnologie erhalten.

Russische Kulturministerin Olga Ljubimowa (l.) mit Nordkoreas Staatsschef Kim Jong Un in PjöngjangBild: KCNA/REUTERS

Vorteile für beide

Analysten gehen davon aus, dass Nordkorea angesichts der Vorteile, die sein Bündnis mit Russland mit sich bringt, langfristig mehr Truppen entsenden werde, um an der Seite der russischen Streitkräfte zu kämpfen.

"Sowohl Moskau als auch Pjöngjang bekommen durch dieses Abkommen, was sie wollen", sagte Jakow Zinberg, Professor für Internationale Beziehungen an der Kokushikan-Universität in Tokio.

Geheimdienstberichte deuten darauf hin, dass Russland Nordkorea mit Treibstoff, Lebensmitteln und Zugang zu moderner Militärtechnik unterstützt habe, die für Pjöngjang aufgrund der UN-Sanktionen nur schwer zu beschaffen waren. Auch das Prestige des Machthabers, ein wichtiger Verbündeter einer Weltmacht zu sein, sei gestiegen.

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Auch die Regierung in Moskau profitiert ganz konkret: "Wir wissen, dass Russland Hunderttausende Tote und Verwundete zu beklagen hat und dass die Regierung die Mobilisierung nicht auf die Großstädte wie Moskau und Sankt Petersburg ausweiten will, weil dies für den Machterhalt von Präsident Putin gefährlich sein könnte."

Nordkorea schließt diese Lücke und nimmt für den Prestigegewinn sowie die Lieferungen aus Moskau offenbar hohe eigenen Verluste in Kauf. Nordkoreanische Staatsmedien veröffentlichten diese Woche Aufnahmen, die offenbar inszeniert wurden. Darin legte Kim bei einer Zeremonie zur Rückführung der Überreste von im Auslandseinsatz getöteten Soldaten eine Nationalflagge über die Särge.

Während das Video nur sechs Särge zeigte, gehen westliche Geheimdienste davon aus, dass von den rund 11.000 nordkoreanischen Soldaten, die bisher eingesetzt wurden, etwa 6.000 getötet, verwundet oder gefangen genommen wurden.

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Hilfe für "Putins Regime"

In der russischen Öffentlichkeit herrsche allgemein eine positive Meinung über den Einsatz von nordkoreanischen Soldaten, sagt Experte Zinberg im DW-Interview, der selbst aus Sankt Petersburg stammt. "Die meisten der bisher eingezogenen Soldaten kommen aus abgelegenen Regionen in Russland. Und es gab kaum Widerstand. Aber wenn ich mit Russen spreche, sagen sie immer, dass sie eine weitere Mobilmachung befürchten. Wenn die Regierung in Moskau ankündigt, weitere 6.000 nordkoreanische Soldaten an die Front zu schicken, sagen sie dann, dass sie sich entspannen können, weil sie wissen, dass sie sicher sind. Die Entsendung von Nordkoreanern hilft also tatsächlich Putins Regime."

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Nordkorea schicke deswegen mehr Soldaten, weil Russland große Verluste an der Front erlitten habe, sagt Ra Jong-yil, ein ehemaliger Diplomat und hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter Südkoreas. Das sei der hauptsächliche Grund. "Es scheint, dass ein Teil dieser Truppen auch als Arbeitskräfte für den Wiederaufbau der Infrastruktur in den besetzten ostukrainischen Gebieten eingesetzt werden soll." Auch nach dem Ende des Kriegs würden weitere Arbeitskräfte benötigt. Auch diese könnten von Nordkorea entsandt werden.

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan