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Politik

Nordkorea provoziert mit neuem Raketentest

29. August 2017

Von Entspannung keine Spur, im Gegenteil: Der Konflikt um Nordkorea eskaliert weiter. Unbeeindruckt von allen Strafmaßnahmen schießt die Führung in Pjöngjang wieder eine Rakete ab. Diesmal flog sie über Japan.

Nordkorea Kim Jon-un besucht U-Boot
Nordkoreas Machthaber Kim ist bislang nicht zur Einsicht zu bringenBild: picture-alliance/dpa/R. Sinmun

Nordkorea hat nach Angaben Südkoreas eine Rakete über das benachbarte Japan hinweg geschossen. Die ballistische Rakete sei in einem Gebiet nahe der Hauptstadt Pjöngjang abgefeuert worden und etwa 2700 Kilometer weit geflogen, teilte der Generalstab der südkoreanischen Armee mit. Der japanische Verteidigungsminister Itsunori Onodera sagte, das Geschoss sei in drei Teile gebrochen und dann in den Pazifik gestürzt, 1180 Kilometer östlich der japanischen Insel Hokkaido.

Der japanische Fernsehsender NHK meldete unter Berufung auf das Militär, es sei keine Abwehrrakete gestartet worden. Japan hatte in der Vergangenheit angekündigt, nordkoreanische Raketen abzuschießen, die eine Bedrohung japanischen Territoriums darstellten. Bei dem rund zweiminütigen Überflug der Rakete sei das Militär jedoch zu der Einschätzung gekommen, dass keine Gefahr für japanisches Gebiet bestehe, betonte Onodera.

Abe: "Beispiellose und ernsthafte Bedrohung"

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sprach von einer beispiellosen und ernsthaften Bedrohung. Japan werde "alle Schritte" unternehmen, um seine Bevölkerung zu schützen Sein Land werde zudem die Vereinten Nationen ersuchen, den Druck auf Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu erhöhen. Abe fügte hinzu, er habe 40 Minuten mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Dieser habe ihm zugesichert, die USA stünden zu "100 Prozent" hinter Japan. Trump hatte den jüngsten Raketentest scharf verurteilt und hält sich weiterhin nach eigenen Angaben alle politischen und militärischen Antworten offen. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", erklärte er in Washington. Nordkorea habe "seine Verachtung für seine Nachbarn, für alle Mitglieder der Vereinten Nationen und für die Mindeststandards für annehmbares Verhalten" auf internationaler Ebene signalisiert. "Die Welt hat Nordkoreas jüngste Botschaft laut und deutlich empfangen." In einer weiteren Erklärung des Weißen Hauses hieß es: "Bedrohliche und destabilisierende Aktionen erhöhen nur die Isolation des nordkoreanischen Regimes in der Region und unter allen Nationen der Welt." 

In Südkorea hatte Präsident Moon Jae In nach dem Raketenabschuss die Streitkräfte angewiesen, ihre Kampfkraft zu demonstrieren. Vier F15K-Kampfjets ließen nach Angaben eines Sprechers auf einen Schießplatz in der Nähe der innerkoreanischen Grenze Bomben fallen. Bei der Übung sei die nordkoreanische Führung als simuliertes Ziel ausgegeben worden, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap.

Washington und Seoul würden außerdem darüber nachdenken, "strategische" Verteidigungswaffen nach Südkorea zu verlegen. Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt. Nach Angaben von Diplomaten soll der UN-Sicherheitsrat noch an diesem Dienstag auf Antrag Japans und der USA zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

China wettert gegen Sanktionen

Nordkoreas wichtigster Verbündeter China vermied es, die Regierung in Pjöngjang einseitig zu kritisieren. Eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums sagte lediglich, in dem Konflikt auf der koreanischen Halbinsel sei ein "kritischer Punkt" erreicht. Sie rief alle Parteien dazu auf, nichts zu unternehmen, wodurch "die Spannungen in der Region verschärft" würden. "Druck, Sanktionen und Drohen" hätten nicht geholfen, die Probleme zu lösen. Die Sprecherin kritisierte erneut die gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas, die beide Staaten regelmäßig in der Region abhalten.

Der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow sagte: "Wir sind extrem besorgt über die allgemeine Entwicklung." Die Lage habe die "Tendenz zur Eskalation", betonte er nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Riabkow machte auch die jüngsten umfangreichen Militärübungen Südkoreas und der USA auf der koreanischen Halbinsel für die Lage verantwortlich. Die Manöver hätten "eine Rolle dabei gespielt, Pjöngjang zu einem neuen Abschuss" einer Rakete zu veranlassen.

An den Börsen verkauften Investoren ihre Aktien, während Anlagen wie Gold oder Schweizer Franken, die als sicher gelten, stärker gefragt waren. 

Ohne Vorwarnung

Es war das erste Mal seit 2009, dass eine Rakete Nordkoreas über Japan hinwegflog. Erstmals erfolgte dies aber unangekündigt, wie japanische Medien berichten. Damit erreicht der Konflikt um Nordkorea eine neue Eskalationsstufe.

Das US-Verteidigungsministerium bestätigte, dass die von Nordkorea abgefeuerte Rakete über japanisches Festland hinweg geflogen sei. Die Flugdaten würden noch ausgewertet, teilte Pentagon-Sprecher Robert Manning in Washington mit. Man sei aber zu der Einschätzung gekommen, dass die Rakete keine Bedrohung für die USA dargestellt habe.

Nordkorea hatte erst am Wochenende während laufender Militärmanöver der USA mit Südkorea drei Kurzstreckenraketen abgefeuert. Zwei Raketen flogen bei den Tests am Samstag nach Angaben des US-Pazifikkommandos etwa 250 Kilometer weit. Angesichts der jüngsten Drohungen Pjöngjangs hatte das Kommando betont, die Raketen hätten keine Gefahr für das Festland der USA oder ihre Pazifikinsel Guam bedeutet.

Mehrere Resolutionen der Vereinten Nationen verbieten Nordkorea Tests mit solchen Raketen. Ballistische Raketen sind in der Regel militärische Boden-Boden-Raketen, sie können je nach Bauart konventionelle, biologische, chemische oder auch atomare Sprengköpfe befördern. Nordkorea arbeitet an Raketen, die einen Atomsprengkopf bis in die USA tragen können. Pjöngjang hatte im Juli mit zwei Tests von Interkontinentalraketen (ICBM) weltweit Empörung ausgelöst.

Als Reaktion verhängte der Weltsicherheitsrat die bislang schärfsten Wirtschaftssanktionen gegen das diplomatisch isolierte Land. Nordkorea scheint das jedoch nicht zu beeindrucken. Man arbeite an Raketen, die einen Atomsprengkopf bis in die USA tragen können, erklärte Machthaber Kim Jong Un mehrfach. Gleichzeitig warf er Südkorea und den USA eine Agressionspolitik vor. Beide Länder führten ein gemeinsames Militärmanöver durch, um sein Land angreifen zu können, so der nordkoreanische Machthaber.

haz/rk/kle (afp, rtr, dpa)

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