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Politik

Nordkorea will Machtvakuum ausnutzen

Fabian Kretschmer
13. Dezember 2016

Mit dem neuen US-Präsident Donald Trump und der Amtsenthebung gegen Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye werden die Karten für Nordkorea neu gemischt. Pjöngjang will aber weiter provozieren. Fabian Kretschmer aus Seoul.

Nordkorea Simulationsmanöver
Bild: Getty Images/AFP/KNS

Es waren geradezu martialische Bilder, die die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Wochenende verbreitete: Artilleriegeschütze feuern von Berghängen, dutzende Spezialkräfte springen von Fallschirmen ab. Sie stürmen ein Gebäudekomplex, das bis in kleinste Details dem Präsidentensitz in Seoul ähnelt. Später setzen es nordkoreanische Soldaten in Brand. Auf einem weiteren Foto ist Diktator Kim Jong Un mit Ferngläsern und höhnischem Lachen zu sehen. Der 32-Jährige hatte die Militärübung von einem Wachposten aus beaufsichtigt. Das war ein simulierter Angriffskrieg auf den südlichen Nachbarn, der den Seouler Präsidentensitz in "ein Meer aus Feuer" verwandelte, berichtete KCNA.

Die Reaktion aus Südkorea folgte prompt. Noch am Montag forderte das Seouler Verteidigungsministerium von seinem Alliierten in Washington auf, mehr Überwachungs- und Aufklärungsanlagen nach Südkorea zu senden. Zudem vermeldeten lokale Medien, dass 40 "bunkerbrechende Raketen" in Südkorea stationiert wurden. Die KEPD-350 des oberbayerischen Waffenherstellers Taurus haben eine Reichweite von rund 500 Kilometern und seien laut einem Waffenexperten des Koreanischen Forums für Verteidigung und Sicherheit "akkurat genug, um Kim Jong Uns Arbeitszimmer zu treffen".

Kim Jung Un beim Manöver am WochenendeBild: Getty Images/AFP/STR

US-Strategie gegenüber Nordkorea unklar

Das politische Gewicht auf der koreanischen Halbinsel hat sich dramatisch verändert. Die UN-Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang ließen wenig Spielraum für gegenseitige Annäherungen beider koreanischen Staaten. Die Regierungen in Washington, Peking und Seoul wollen den Status quo auch nicht ändern. Nur Nordkorea will die atomare Aufrüstung weiter vorantreiben. 

Anfang November wurde Donald Trump als US-Präsident gewählt. Der Überraschungssieger sorgte im US-Wahlkampf mit kontroversen Äußerungen für Unmut. So drohte Trump etwa, die knapp 30.000 in Südkorea stationierten US-Soldaten abzuziehen, sollten die Bündnispartner nicht einen größeren Teil der Kosten dafür übernehmen. Gleichzeitig kündigte er an, jederzeit für direkte Gespräche mit Diktator Kim Jong Un bereit zu sein, um ihn wenig später ganz undiplomatisch als "Spinner" zu diffamieren. "Trump scheint das ganze Spektrum zu erwägen - von ernsthaften Gesprächen bis hin zu einem Militärschlag", sagte der renommierte Korea-Experte John Delury im Interview mit der US-Presse.

Dann folgte die politische Krise in Südkorea. Am Freitag beschloss das Parlament in Seoul, das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Park Geun-hye einzuleiten. Das vorübergehende Staatsoberhaupt Hwang Kyo-ahn gilt als konservativer Hardliner. Während seiner Zeit als Verfassungsrichter hatte Hwang Gewerkschaftsaktivisten und Oppositionelle regelmäßig bezichtigt, "pro-nordkoreanisch" zu sein. Bereits eine Stunde nach seiner Machtübernahme hatte er sein Kabinett auf die drohende Gefahr von Pjöngjang eingeschworen, das das temporäre Machtvakuum in Seoul ausnutzen könne. 2016 hatte das nordkoreanische Regime schon zwei Atomtests durchgeführt sowie einen Satelliten ins All geschossen.

Trump machte kontroverse Aussagen über Nordkorea im WahlkampfBild: picture-alliance/abaca/S. Corum

Provokationen Nordkoreas unwahrscheinlich

Laut den Analysen der meisten Nordkorea-Experten deutet jedoch wenig darauf hin, dass Kim Jong Un in den nächsten Wochen weiter provozieren wird. Einerseits ist dem nordkoreanische Regime bewusst, dass die konservative Regierungspartei in Seoul einen weiteren Atomtest dazu nützen könnte, vom ihrem eigenen innenpolitischen Skandal abzulenken. Zudem wäre es "äußerst unklug von Pjöngjang, ausgerechnet im Monat vor dem Amtsantritt der neuen US-Regierung von Donald Trump politisches Kapital aufzubrauchen", schreibt Christopher Greene, Nordkorea-Forscher von der Universität Leiden.

In Südkorea wird weitgehend angenommen, dass 2017 der neue Präsident von der linksgerichteten Oppositionspartei gestellt wird. Sämtliche Kandidaten stehen jetzt für eine radikale Kehrtwende in der bisherigen Nordkoreapolitik. Einer von ihnen ist Park Won Soon, derzeit Oberbürgermeister von Seoul. Er stellte kürzlich seine neue Vision von der neuen koreanisch-koreanischen Beziehung vor. Er forderte wirtschaftliche und kulturelle Annäherung und bezeichnete Nordkorea als "Brücke nach Eurasien". Ebenso fordert die Opposition, das geplante US-Raketenabwehrsystem THAAD zu annulieren. Nach repräsentativer Umfrage lehnt ein Großteil der südkoreanischen Bevölkerung das Raketensystem ab. Auch China sieht in THAAD einen Angriff auf seine Souveränität. 

"Die Ungewissheit, was auf Nordkorea in den nächsten Monaten zukommt, könnte den Weg für einen bitter benötigten Neustart ebnen“, sagt James Pearson, Korea-Korrespondent der Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit könne man jedoch bisher noch kaum abschätzen, in welche Richtung sich die Beziehungen bewegen werden: "Die Situation hält eben soviel Potenzial bereit, besser zu werden, wie auch schlechter."

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