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PolitikNordkorea

Nordkoreas Führer Kim auf dem Höhepunkt seiner Macht

Martin Fritz aus Tokio
9. Oktober 2025

Mit einer Militärparade wird Staatschef Kim Jong Un den 80. Geburtstag der "Partei der Arbeit Koreas" feiern. Seine Überlebensstrategien haben sich ausgezahlt.

Nordkorea Seoul 2025 | Kim Jong-un führt Telefongespräch mit Wladimir Putin
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (41) beim Telefongespräch mit russischem Präsident Putin am 12. August 2025Bild: Yonhap/YONHAPNEWS AGENCY/picture alliance

Am Freitagabend (10. Oktober) Ortszeit werden wieder einmal Zehntausende Soldaten durch Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang marschieren und das umfangreiche Waffenarsenal der Streitkräfte vorführen. Die Parade zelebriert den 80. Jahrestag der Gründung von Nordkoreas Arbeiterpartei, deren Generalsekretär Kim Jong Un ist. Auf der Tribüne neben Kim werden der chinesische Ministerpräsident Li Qiang und der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew stehen. "Die Freunde sind zusammen, die Feinde werden nervös", schrieb Medwedew auf der neuen russischen Plattform Max.

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Die Parade unterstreicht Kims stark gewachsene Macht. Noch nie saß der 41-Jährige so fest im Sattel, noch nie war seine internationale Bedeutung so groß, seit er vor fast 14 Jahren seinen Vater Kim Jong Il als Alleinherrscher des abgeschotteten Landes ablöste. Im September zeigte sich Kim bei einer Militärparade in Peking erstmals Seite an Seite mit Chinas Staatschef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin. "Kim auf gleicher Höhe mit den mächtigsten Autokraten der Welt - so eine Inszenierung strategischer Verbundenheit hat es noch nie gegeben", schrieb die deutsche überregionale "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

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Russlands Krieg als Katalysator

Der Machtzuwachs von Kim beruht auf dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem wirtschaftlichen Machtkampf zwischen den USA und China. Dadurch stieg Nordkorea zu einem wichtigen Partner insbesondere von Russland auf. Darauf rückte China wieder näher an Nordkorea heran, um seinen Einfluss nicht zu verlieren. "Der Status von Nordkorea ist deutlich gewachsen", meint der nordkoreanische Ex-Diplomat und Überläufer Lee Il Kyu. "So gesehen war die Entscheidung, den russischen Krieg zu unterstützen, richtig."

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Infolge der geänderten Umstände konnte Kim die Fesseln der Wirtschaftssanktionen gegen sein Land lockern, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgrund von Atombomben- und Raketentests verhängte. Russland beliefert Nordkorea unter anderem mit Brennstoff und Nahrungsmitteln, während Nordkorea massenhaft Munition und Tausende Soldaten schickte. Auch China setzt die Sanktionen offenbar nicht mehr so durch wie in der Vergangenheit.

Anerkennung als Atommacht

Seine langfristige Strategie, das Überleben der Familienherrschaft durch eine massive Atom- und Raketenaufrüstung abzusichern, zahlte sich für Kim inzwischen aus. Der US-Militärgeheimdienst DIA schätzte im Mai, Nordkorea befinde sich in der "stärksten strategischen Position seit Jahrzehnten" und sei eine potenzielle Gefahr für die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten in Ostasien. Nordkorea habe auch seine Fähigkeit verbessert, das US-Staatsgebiet zu bedrohen. Der Bericht schließt, Kim sei "zunehmend zuversichtlich hinsichtlich seiner internationalen politischen Legitimität und der Sicherheit seines Regimes".

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Der wichtigste Hebel, um die internationale Bedeutung von Nordkorea zu steigern, ist der angestrebte Aufstieg zu einer De-Facto-Atommacht neben Pakistan, Indien und Israel. Kim lässt seit Jahren nicht nur atomwaffenfähige Systeme wie Langstreckenraketen testen oder in Dienst stellen. Ein Gesetz vom September 2022 legalisierte den präventiven Einsatz von Atomwaffen und erklärte den Atomstatus für "unumkehrbar". Ein Jahr später schrieb die Oberste Volksversammlung die Nukleardoktrin in die Verfassung. Ein Einfrieren oder gar ein Rückbau der nuklearen Angriffsfähigkeit scheinen nur noch schwer möglich zu sein.

Neues Treffen mit Präsident Trump?

Das Regime erntet nun die Früchte. Im Juli erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Besuch in Nordkorea, Moskau respektiere und verstehe, warum Pjöngjang sein Atomprogramm weiterentwickle. China lehnt nordkoreanische Atomwaffen eigentlich ab, aber es fordert schon länger keine Denuklearisierung mehr. Nun hofft Kim darauf, dass US-Präsident Donald Trump den Bann endgültig bricht. Neue Gespräche mit Washington knüpfte Kim kürzlich an die Bedingung, die USA müssten "ihre absurde Besessenheit von der Denuklearisierung aufgeben". Es wird spekuliert, Trump könnte Kim - wie zuvor schon im Juni 2019 - an der Demarkationslinie am 38. Breitengrad treffen. Der US-Präsident besucht Südkorea Ende Oktober und nimmt am APEC-Gipfel teil.

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Mit der Militärparade zum Geburtstag feiert die Arbeiterpartei aber auch ihren obersten Genossen. Kim belebte die Partei als Machtinstrument wieder und formte sie nach seinem Willen. Während sein Vater Kim Jong Il keinen einzigen Parteitag abhielt, drückte der junge Staatschef der Staatspartei seinen persönlichen Stempel auf. Der siebte Kongress 2016 bekräftigte den "Kimilsungismus-Kimjongilismus", eine Synthese der Ideen von Kim Il Sung und Kim Jong Il, als Leitidee und legte fest, dass die Partei "unter der monolithischen Führung" des Zentralkomitees handelt. Kim ließ sich vom Ersten Sekretär zum Vorsitzenden befördern. Kim Il Sung und Kim Jong Il waren Großvater und Vater des neuen Vorsitzenden.

Beim achten Kongress 2021 warf die Arbeiterpartei die "Militär-Zuerst-Doktrin" (Songun) von Kim Jong Il über Bord und legte die "Volk-Zuerst-Doktrin" als neue grundlegende Art des Sozialismus fest. Kim erhielt den Posten des Generalsekretärs des Zentralkomitees, was seine absolute Herrschaft ausbaute. Im September dieses Jahres kündigte Kim schließlich an, der neunte Kongress werde eine Doktrin des gleichzeitigen Ausbaus von nuklearen und konventionellen Streitkräften vorstellen. Das heißt, die Vorbereitungen für die nächste Parteiversammlung mutmaßlich im nächsten Jahr laufen schon. Als Termin bietet sich 2026 auch deswegen an, weil der Vorläufer der Arbeiterpartei, die "Down-With-Imperialism-Union" ("Nieder mit dem Imperialismus-Union"), angeblich von Kim Il Sung vor 100 Jahren im Oktober 1926 gegründet wurde, nachdem er mit seinen Eltern ins chinesische Exil gegangen war. Und Kim war lediglich 14 Jahre alt.