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NSA-Affäre: Datenschutz à la BND

Marcel Fürstenau9. Oktober 2014

Der deutsche Auslandsgeheimdienst kooperiert eng mit den USA. Dabei hat er möglicherweise gegen Gesetze verstoßen. Der parlamentarische NSA-Untersuchungsausschuss bemüht sich um Aufklärung.

Blick in den Anhörungssaal des NSA-Untersuchungsausschusses - Foto: Hannibal (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Hannibal

Wie erkennt ein Geheimdienst, ob er es bei der Überwachung der Telekommunikation mit Deutschen oder Ausländern zu tun hat? Die Fragestellung mag abwegig klingen oder belanglos. Sie ist aber weder das eine noch das andere. Schließlich geht es um grundsätzliche Fragen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte. Diese und andere stellt sich der NSA-Untersuchungsausschuss, den der Bundestag im Zuge der Enthüllungen des Whistelblowers Edward Snowden eingerichtet hat.

Jüngsten Medienberichten zufolge soll der Bundesnachrichtendienst (BND) unrechtmäßig Daten deutscher Bürger an die National Security Agency (NSA) weitergegeben haben. Erlaubt ist die Weitergabe legal erhobener Daten nur unter strengen Auflagen. Allgemein und vereinfacht ausgedrückt ist sie zulässig, wenn Gefahr für die demokratische Grundordnung besteht. In diese Kategorie fallen potenziell alle terroristischen Bedrohungen, vor allem islamistisch motivierte.

Ohne Zustimmung der G-10-Kommission läuft theoretisch nichts

Massive Eingriffe in Grundrechte wie das im Grundgesetz-Artikel 10 garantierte Fernmeldegeheimnis sollen trotz aller Risiken und Gefahren die absolute Ausnahme sein. Deshalb wacht die sogenannte G-10-Kommission des Bundestages über die Einhaltung dieses elementaren Grundrechts. Ohne Zustimmung dieses Gremiums darf kein deutscher Geheimdienst Überwachungsmaßnahmen durchführen. Die Kontrollbefugnisse beziehen sich aber auch auf den gesamten Prozess der Erhebung, Nutzung und Verarbeitung von Daten. Mit diesem weiten Feld muss sich der NSA-Untersuchungsausschuss auseinandersetzen.

Presse und Abgeordnete vor dem Anhörungssaal: Grundsätzliche Fragen des Datenschutzes und der PersönlichkeitsrechteBild: picture-alliance/dpa/Tim Brakemeier

Die am Donnerstag geladene Zeugin vom BND war deshalb besonders interessant für die Parlamentarier. Es handelte sich nämlich um die Datenschutzbeauftragte des deutschen Auslandsgeheimdienstes. Seit zweieinhalb Jahren amtiert die Regierungsdirektorin. Schnell stellte sie dabei fest, dass in der Behörde mitunter ein eher legerer Umgang mit dem Datenschutz erfolgt. So seien bei der Einrichtung von zwei Datenbanken mit teilweise personenbezogenen Informationen die vorgeschriebenen "Dateiordnungsverfahren" unterblieben. Mit anderen Worten: Die BND-Datenschutzbeauftragte wurde von den zuständigen BND-Mitarbeitern nicht rechtzeitig informiert, um vor Inbetriebnahme die Programme unter Datenschutzaspekten zu überprüfen.

BND-Chef hat anderes Rechtsverständnis als seine Datenschutzbeauftragte

Da die betreffenden Datenbanken einen engen NSA-Bezug haben, halten es vor allem die oppositionellen Grünen und Linken kaum für einen Zufall, dass es keine Vorabkontrolle gab. Die BND-Datenschutzbeauftragte betonte jedoch, dass trotz dieses Versäumnisses nicht automatisch von einer datenrechtswidrigen Nutzung ausgegangen werden könne. Das Gegenteil ist allerdings ebenso wenig garantiert. "Ich vermute, dass es Unkenntnis war", sagte die Zeugin. Mit von ihr initiierten Schulungen drängt die - nach eigenen Angaben - weisungsfreie BND-Datenschutzbeauftragte inzwischen auf einen sensibleren Umgang mit Informationen aus Überwachungsmaßnahmen.

BND-Präsident Schindler in Bad Aibling: "Auslandsdatenströme nicht im Geltungsbereich des BND-Gesetzes"Bild: picture-alliance/dpa

Hellhörig wurden die Abgeordneten des NSA-Untersuchungsausschusses, als die promovierte Volljuristin über ihr Rechtsverständnis mit Blick auf die umstrittene BND-Abhörstation in Bad Aibling sprach. Alle dort mit Satelliten erfassten Daten fallen nach ihrer festen Überzeugung unter das Gesetz für den Bundesnachrichtendienst. Ob ein abgehörtes Telefonat in Deutschland stattgefunden hat oder in Afghanistan und wer die Gesprächspartner waren, darf aus Sicht der BND-Datenschutzbeauftragten keine Rolle beim Umgang mit den gewonnenen Daten spielen.

Auch Außenminister Steinmeier soll als Zeuge geladen werden

Die Leitung ihres Hauses sehe das aber anders, sagte die Zeugin. Datenströme aus dem Ausland fielen nach Einschätzung von BND-Präsident Gerhard Schindler nicht in den Geltungsbereich des BND-Gesetzes, ergänzte die behördliche Datenschutzbeauftragte. Wie er das begründe, müsse man ihn schon selbst fragen. Bevor aber Schindler als Zeuge geladen wird, muss sich zunächst einer seiner Vorgänger im Amt des BND-Präsidenten den Fragen im NSA-Untersuchungsausschuss stellen. Am 13. November soll August Hanning aussagen. Er amtierte von 1998 bis 2005, als Sozialdemokraten und Grüne regierten.

In diese Zeit fielen die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. Damals sicherte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Amerikanern "uneingeschränkte Solidarität" zu. Teil dieses Versprechens war eine wesentlich engere Zusammenarbeit der Geheimdienste, die in weiten Teilen bis heute fortgeführt wird. Vielen im politischen Berlin - nicht nur in den Reihen der Opposition - geht die Kooperation zu weit. Was Anfang des Jahrtausends zwischen BND und NSA vereinbart wurde, will der Untersuchungsausschuss zu einem späteren Zeitpunkt vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erfahren. Der war damals Geheimdienst-Koordinator im Kanzleramt.