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Politik

Nur gegen die EU herrscht Eintracht

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
3. Oktober 2018

Beim Parteitag der Konservativen hat sich die britische Premierministerin gut geschlagen. Sie tanzte, sah und siegte über interne Widersacher. Beim Brexit hilft das noch nicht weiter, meint Bernd Riegert in Birmingham.

Bild: Reuters/E. Vidal

In einem waren sich die verschiedenen Flügel der konservativen, die weichen und harten Brexit-Ritter beim Parteitag in Birmingham einig: Die EU ist an allem Schuld, falls etwas schiefgeht. Für die einen versucht die EU, den Briten Fesseln anzulegen, ihnen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, sie abzustrafen. Für die anderen versucht die EU, die britische Regierung von oben herab abzukanzeln, jeden vernünftigen Vorschlag zum Brexit zurückzuweisen und sogar die Einheit des Vereinigten Königreiches mit Nordirland zu untergraben. Sowohl die radikalen Brexit-Vorkämpfer um den politischen Clown Boris Johnson als auch die eher gemäßigten Nationalisten um die Premierministerin May fühlen sich von den "europäischen Freunden" schlecht behandelt.

Auf mehr als auf Europa-Bashing können sich die Konservativen nicht einigen. Wie der Ausstieg aus der EU erreicht und gestaltet werden soll, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Daran hat auch die sicherlich für die Seele der Partei wichtige Rede der Premierministerin nichts geändert. Ihr Appell, sich hinter konservativen Idealen wie Unabhängigkeit, Freiheit und freier Marktwirtschaft zu versammeln, kam gut an. Ihre Vision von der herrlichen Zukunft, die ein befreites Großbritannien erwartet, auch. In der praktischen Politik ist aber nicht zu erkennen, wie sie die Befürworter eines harten Brexits, eines Freihandelsabkommens oder einer Mitgliedschaft im Binnenmarkt miteinander versöhnen will. Schon gar nicht war zu erkennen, wie sie die EU von ihren Forderungen nach einem speziellen britischen Weg überzeugen will.

Der gemeinsame Nenner ist noch zu klein

DW-Europakorrespondent Bernd Riegert

Nerven behalten und abwarten ist die erklärte Taktik von Theresa May. Angebote machte sie nicht. Einen Ausweg aus der derzeitigen Verhandlungssackgasse zu erkennen, fällt schwer. Die Drohung, man werde die EU eben ganz ohne Regelung, ohne Übergangsphase und auch noch mit einer harten Grenze zu Irland verlassen, ist leer. Die Nachteile hätte vor allem Großbritannien zu erleiden. Die Briten haben keine Angst vorm Brexit ohne Deal, behauptet die wieder erstarkte Premierministerin. Die EU aber auch nicht, tönt es aus Brüssel zurück.

Wahrscheinlich werden sich die EU und Großbritannien bei den noch ausstehenden Gipfeltreffen im Oktober und November auf einen Kompromiss einigen, um Chaos zu vermeiden. Wenigstens einen rhetorischen Hinweis konnte man bei Theresa May erkennen. Den Namen "Chequers" nannte sie für ihren Plan nicht mehr. Sie münzte ihn zu einem "Freihandelsabkommen" um, was nicht den Tatsachen entspricht. Ihre Forderungen an die EU gehen weit darüber hinaus. Jetzt ist auf beiden Seiten des Ärmelkanals Kreativität gefragt, um die erforderliche Einigung auf ein Austrittsabkommen noch hinzubiegen. Ob diese dann vom britischen Parlament und allen übrigen 27 EU-Staaten sowie dem Europaparlament auch ratifiziert wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Theresa May hat in Birmingham eine weitere Etappe geschafft, das Ziel aber noch nicht erreicht. Ihre innerparteilichen Gegner lauern weiter auf eine Chance. Die EU bleibt skeptisch. Wird aus der lockeren "Dancing Queen" am Ende noch eine triumphierende "Brexit-Queen?" Niemand sollte heute darauf wetten, dass Theresa May auch im nächsten Jahr noch als Chefin ans Rednerpult tänzeln wird.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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