1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Nur saubere Diesel haben noch eine Chance"

Klaus Ulrich
27. Februar 2017

Vor genau 125 Jahren meldete der Erfinder Rudolf Diesel seinen Motor zum Patent an. Spätestens seit dem VW-Skandal ist der Antrieb als Schmuddelkind im Verruf. Hat der Dieselmotor eine Zukunft?

VW Skandal Dieselmotor
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Der Dieselmotor galt einst als Paradebeispiel deutscher Ingenieurskunst. Gleichzeitig wurde er von Umweltschützern schon immer als "Stinker" kritisiert, der die Feinstaub-Belastung der Atemluft vor allem in den Städten dramatisch in die Höhe treibt. Gerade hat die Landesregierung von Baden-Württemberg ein Fahrverbot für ältere Diesel in den Landeshauptstadt Stuttgart ab 2018 beschlossen. Ist das der nächste Sargnagel für den Dieselmotor, der spätestens seit der VW-Abgasaffäre schwer im Verruf ist? Fragen an Peter Mock, Geschäftsführer Europa des International Council on Clean Transportation (ICCT), jener Umweltlobby, die mehr zufällig den VW-Betrug aufgedeckt hat.

DW: Herr Mock, Dieselmotoren werden auch als Folge Ihrer Arbeit beim ICCT heftig kritisiert. Hat der Diesel auf der Straße überhaupt noch eine Zukunft?

Peter Mock: Ich denke ja. Der Diesel hat auf der Straße eine Zukunft. Er wird allerdings im Pkw-Bereich zurück gehen in den nächsten Jahren - vor allem bei den kleinen PKW, weil der Diesel dort weniger wirtschaftlich ist als er das in der Vergangenheit war. Das hat in erster Linie mit Abgasreinigungstechnologien zu tun, die benötig werden, um den Diesel sauber zu machen. Diese Technologien kosten Geld und brauchen Platz im Fahrzeug. Das macht es immer schwieriger, diese Technologien, vor allem im kleineren Segment, einzusetzen. Und deswegen würde ich erwarten, dass bei den kleineren Fahrzeugen der Dieselanteil in der Zukunft sinkt. Aber gerade in größeren Fahrzeugen und gerade bei den Lkw werden wir den Diesel noch viele Jahre sehen.

Peter Mock, ICCTBild: picture-alliance/dpa/D. Naupold

Wie groß wäre denn der technische und damit auch der finanzielle Aufwand für saubere Diesel-PKW, mit denen auch Umweltschützer leben könnten? Können Sie das ungefähr beziffern?

Es kommt sehr auf das Fahrzeug an. Bei den größeren Fahrzeugen wird heute schon die so genannte SCR-Technologie eingesetzt. Das ist eine Technologie, wo eine flüssige Harnstofflösung eingespritzt wird. Durch diese Harnstofflösung wird das Abgas gereinigt. Diese Technologie, wenn sie im Fahrzeug verbaut ist - und bei den größeren Fahrzeugen ist das heute schon der Fall - funktioniert eigentlich sehr, sehr gut. Außer, man schaltet sie gezielt ab, so wie das bei den Abschalteinrichtungen zum Beispiel bei Volkswagen der Fall war. Wenn man solche Fahrzeuge heute im Markt hat, ist der Aufwand, um sie wirklich sauber zu bekommen, eigentlich relativ gering. Weil die Technologie, die man dafür braucht, schon im Fahrzeug eingebaut ist.

Es scheitert im Moment vor allem daran, dass diese Tanks zu klein ausgelegt sind. Man hat von vorneherein zu wenig Platz dafür vorgesehen und dementsprechend steht dem Fahrzeug zu wenig Harnstoff zur Verfügung. Das ist aber weniger eine Kostenfrage sondern eher eine Konstruktionsfrage. Bei den kleineren Fahrzeugen ist das anders. Die haben diese SCR-Technologie in der Regel nicht verbaut. Da kann der finanzielle Aufwand dann schon erheblich sein. Genaue Zahlen kann ich nicht nennen aber ich würde ich mal schätzen, es ist so im Bereich zwischen 500 bis 1000 Euro.

Das heißt nach Ihrer Meinung, die Konkurrenzfähigkeit des Diesels wäre dann in Gefahr?

Der Dieselmotor wird einfach immer teurer, weil die Abgasreinigung verbessert werden muss. Gleichzeitig muss man von vorneherein beachten, dass er gegenüber einem Benzinmotor schon in der Herstellung teurer ist, weil er zum Beispiel stabiler gebaut werden muss. Also hat er von vorneherein schon einen Kostennachteil und wird gegenüber dem Benzinmotor immer teurer sein.

Während auf der anderen Seite der Benziner immer mehr in Richtung Hybridisierung und Elektrifizierung geht und damit ein höheres Potential hat, den Verbrauch und die CO2-Emissionen zu reduzieren. Und das gleichzeitig bei vergleichsweise sehr niedrigen Schadstoffemissionen. Da kommt man eben irgendwann an einen Punkt, wo der Diesel nicht mehr viel effizienter werden kann, nicht mehr viel weniger verbrauchen kann und wir in eine Sackgasse geraten.

Wir haben bei den Benzinern die Möglichkeit, ihn immer weiter zu verbessern. Ich glaube, diesem Punkt nähern wir uns immer weiter. Von daher wird es einfach nicht mehr wirtschaftlich sein, den Diesel zu betreiben - gerade in kleinen Fahrzeugsegmenten.

Rudolf DieselBild: picture-alliance/Leemage

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Elektroauto?

Was wir beobachten ist, dass sich die Kosten für Batterien in den letzten Jahren deutlich reduziert haben. Viel stärker, als wir das noch vor einiger Zeit erwartet haben. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Diesel. Da die Batteriefahrzeuge oder die elektrifizierten Fahrzeuge insgesamt immer günstiger werden, erlaubt es, diese Fahrzeuge sehr effizient und mit niedrigen Emissionen zu betreiben und zu niedrigeren Kosten als dass das in einigen Jahren beim Diesel der Fall sein wird. Wir sehen in unseren Studien eine Situation, wo etwa im Jahr 2025 Autos mit Verbrennungsmotoren ungefähr so viel kosten werden wie ein Elektrofahrzeug. Das macht dann ökonomisch Sinn, auf Elektrofahrzeuge umzuschwenken.

Wann, glauben Sie, werden die letzten Diesel-Pkw in Deutschland zugelassen?

Ich denke, das wird noch ziemlich lange dauern. Ich sehe den Verbrennungsmotor in einigen Fahrzeugsegmenten noch viele, viele Jahre. Was ich aber auf jeden Fall sehe ist, dass der Marktanteil sinkt. Im Moment hat der Diesel noch um die 50 Prozent Marktanteil in Europa. Es gibt immer mehr Studien die davon ausgehen, dass der Marktanteil in den Jahren zwischen 2020 und 2030 auf zehn, 20 Prozent drastisch sinken wird.

Wir beobachten, dass der Dieselskandal in Deutschland bislang noch nicht so eine gravierende Auswirkung gezeigt hat. Das war in anderen Ländern schon anders. In Frankreich beispielsweise ist der Diesel-Marktanteil deutlich stärker gesunken als in Deutschland. Das hat damit zu tun, dass in Frankreich die Mineralölsteuer für Diesel schon angepasst wurde. Der Diesel hat dort nicht mehr den großen Steuervorteil, den er hierzulande noch hat. Die Stadt Paris zum Beispiel hat schon angekündigt, dass Dieselfahrzeuge absehbar nicht mehr in die Stadt einfahren dürfen.

Was ich persönlich sehe ist, dass immer mehr Kunden verunsichert sind und sich fragen, ob sie mit dem Diesel in Zukunft immer noch problemlos in die Innenstädte fahren können. Und wenn diese Quasi-Garantie irgendwann nicht mehr gegeben ist und man sich nicht mehr sicher sein kann, wird auch der Wiederverkaufswert von Dieselfahrzeugen leiden und dann könnte der Marktanteil für Dieselfahrzeuge rapide sinken.

Und deswegen finde ich es auch unglaublich wichtig, dass man nicht nur die Technologie in das Fahrzeug einbaut, um den Diesel nicht nur sauberer zu machen. Sondern dass man auch entsprechend guter Testmethoden und starker Behörden die Garantie erbringt, dass ein Dieselskandal, wie wir ihn jetzt beobachtet haben, nicht noch mal passieren kann.

Peter Mock leitet seit 2010 die Aktivitäten des  International Council on Clean Transportation (ICCT) in Europa. Er ist promovierter Chemiker und war vor seiner Tätigkeit beim ICCT mehrere Jahre in der Umwelt-Abteilung des Daimler-Konzerns beschäftigt.

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen